Laut den Streamern sei Lost Ark nun Pay-to-Win. Die Hersteller geben zu, den Argos-Raid zu früh veröffentlicht zu haben.
UPDATE: Asmongold und Senderfn üben Kritik, Macher reagieren
UPDATE vom 17.03.2022: Meinung von Senderfn und Stellungnahme von Amazon sowie Smilegate
Es gibt derzeit einigen Ärger rund um Lost Ark. Das Spiel erfreut sich zwar nach wie vor großer Beliebtheit, aber weit fortgeschrittene Spieler üben derzeit harsche Kritik. Einer von ihnen ist Asmongold, der vielleicht größte Twitch-Streamer, wenn es um das Thema MMOs geht. In einem Video auf seinem YouTube-Kanal wendet er sich an die Entwickler, fasst die Problematik zusammen, beschreibt seine Sorgen und nennt einen Lösungsvorschlag.
Wenn die Progression ins Stocken gerät
Es geht um das vergangene Woche veröffentlichte erste Inhalts-Update und eine Änderung, die es nicht mitgebracht hat: eine Erhöhung der Erfolgsrate beim Aufwertungen von Ausrüstung in Klasse 3. Zur Info: Das Endgame von Lost Ark ist in Klassen unterteilt, derzeit drei Stück. Der zentrale Wert, der bestimmt, in welcher Klasse ihr euch befindet, ist euer Itemlevel. Durch Upgrades verbessert ihr eure Waffen sowie Rüstungsteile und erhöht so jenen Wert, was euch wiederum die Tore zu mehr Inhalten eröffnet.
Nun ist es so, dass ihr Klasse 3 ab dem Itemlevel 1300 beginnt. Anfangs ist es noch recht einfach, den Level weiter zu erhöhen, aber ab dem Bereich zwischen 1340 und 1350 wird das auf einmal bedeutend schwieriger. Der Grund hierfür ist, dass die Erfolgsrate für Upgrade-Vorgänge deutlich sinkt. Dadurch passiert es viel häufiger als vorher, dass ihr eure wertvollen Ressourcen ausgebt, das Aufwerten aber fehlschlägt und ihr somit die Materialien umsonst geopfert habt. Das ist extrem frustrierend und die Vermutung liegt nahe, dass Amazon Games und Smilegate euch damit dazu bewegen wollen, Geld auszugeben, um diese Progressionshürde zu verkleinern.
Das vergangene Inhalts-Update hat die Situation noch verschärft. Einerseits hat es die Erfolgsrate fürs Upgraden in Klasse 3 nicht erhöht, andererseits mit dem neuen Argos-Abgrund-Raid eine Aktivität eingeführt, die einen Itemlevel von 1370 voraussetzt. Damit sei dieser Raid laut Asmongold nur für zwei Arten von Spielern erreichbar: diejenigen, die zehn bis zwölf Stunden am Tag Lost Ark spielen und sich sehr gut darin auskennen, und die "Wale", die viel Geld ausgeben. Alle anderen frustriere die Situation nun noch mehr, weil die Verantwortlichen Inhalte veröffentlichen, die den meisten Spielern vorenthalten bleiben und ihnen somit indirekt signalisieren: "Tja, wenn du ein bisschen Geld ausgibst, dann kannst du uns vielleicht auch bald spielen." Es entstehe eine Zweiklassengesellschaft, sagt der Streamer, zumal die Erfolgsrate für Ausrüstungsaufwertungen ab dem Itemlevel von 1370 wieder höher ausfällt.
Ein Problem, das schwerwiegende Folgen haben könnte
Asmongold selbst sei von der Problematik nicht betroffen, da ihm seine Zuschauer die nötigen Materialien für Upgrades gespendet haben. Ihm sei es aber trotzdem wichtig, dass Amazon Games und Smilegate die Situation in den Griff kriegen, indem sie einerseits die Erfolgsrate fürs Upgraden erhöhen und andererseits Inhalte einbauen, die es in der koreanischen und russischen Version von Lost Ark längst gibt und den Ressourcen-Grind in dem oben erwähnten Itemlevel-Bereich in Klasse 3 vielfältiger gestalten. Derzeit komme man nicht drum herum, mit mehreren Charakteren die immer gleichen Inhalte zu spielen. Heroische Abgrund-Dungeons und Wächter-Raids könnten hier Abhilfe schaffen.
Letztendlich gehe es Asmongold nicht um seinen eigenen Fortschritt im Spiel. Er mache sich Sorgen, dass die besagten Mängel im Endgame Lost Ark langfristig schaden könnten und zieht New World (ebenfalls ein Spiel von Amazon) zum Vergleich heran. Das hatte am Anfang so viele Probleme, dass sein Ruf schnell ruiniert war. Sollte sich seine Reputation jemals noch verbessern, könne das lange dauern, ähnlich wie im Fall von No Man's Sky. Asmongold fürchtet, dass Lost Ark das Gleiche passiert, wenn Amazon und Smilegate nicht schnell handeln. Zwar betreffe die Problematik nur einen geringen Prozentanteil der Spieler, aber wenn Leute, die noch nicht so weit fortgeschritten sind, wissen, was da irgendwann auf sie zukommt, könnte ihnen das schon vorab die Motivation zum Weiterspielen rauben.
Diesen Fehler macht Smilegate nicht zum ersten Mal
Asmongold möge Lost Ark sehr und findet es daher bedauerlich, dass die Macher solch ein Missmanagement betreiben. Es kommt noch erschwerend hinzu, dass das Problem in Korea auch einst existierte (dort galt der oben genannte Itemlevel-Bereich als "Todeszone") und dann von den Entwicklern ausgemerzt wurde. Das berichten Spieler aus dem Heimatland von Smilegate auf Reddit. Sie können nicht nachvollziehen, warum man nun europäische und amerikanische Spieler dem gleichen Experiment unterzieht, das zuvor in Korea schon fehlgeschlagen ist. "Es ist entweder schiere Inkompetenz oder Bosheit", schreibt ein Nutzer.
Asmongold sagt, dass Amazon und Smilegate nun so schnell wie möglich reagieren müssen, am besten sofort. Neben einem Update, dass die fehlenden Inhalte nachreicht und den Frustfaktor beim Upgraden reduziert, sei auch eine Entschuldigung angebracht. Eine offizielle Stellungnahme der beiden Unternehmen steht noch aus.
Deutscher Streamer Senderfn kritisiert das März-Update
Gestern hat der deutsche "Lost Ark"-Streamer Senderfn ein Video auf YouTube veröffentlicht, in dem er genau wie Asmongold Kritik am jüngsten Inhalts-Update übt. Er äußert aber nicht die exakt gleichen Kritikpunkte, verliert zum Beispiel kein Wort darüber, dass die Erfolgsrate beim Ausrüstungsaufwerten in Klasse 3 erhöht werden müsste. Ihm geht es vor allem darum, dass Amazon Games und Smilegate mit dem Argos-Raid einen Inhalt veröffentlicht haben, den derzeit nur ein ganz geringer Bruchteil der Spieler brauche, und der Rest nichts bekommen hat.
Dadurch, dass die Hürde, um den Raid spielen zu können, so hoch ist, seien ein paar Spieler dazu verführt, Geld zu investieren, weil sie Argos unbedingt so schnell wie möglich entgegentreten wollen. Das sei laut Senderfn in der Praxis die einzige Möglichkeit derzeit, um Zugang zum neuen Inhalt zu bekommen, weil es Ewigkeiten dauern würde, sich den auf normalem Weg zu erspielen. Deshalb bezeichnet er Lost Ark als Pay-to-Win-Spiel, was er vor dem Release der westlichen Fassung aufgrund seiner Erfahrungen mit der russischen Variante niemals unterschrieben hätte.
Das Problem sehe Senderfn jedoch weniger darin, dass der Argos-Raid veröffentlicht wurde, sondern im Fehlen von neuen Inhalten für Spieler, die noch weit davon entfernt sind, das nötige Itemlevel von 1370 für jene Aktivität zu erreichen. "Wieso zum Teufel sollte man jemals Content bringen, der von niemandem gespielt werden kann, obwohl man Content bringen könnte, der von jedem gespielt werden kann? Die Antwort ist sehr leicht: Die Antwort findet sich unter 'F4'", so Senderfn in seinem Video. Zur Info: Mit "F4" öffnet ihr in Lost Ark den In-Game-Shop.
Der Streamer wirft Amazon und Smilegate vor, den Argos-Raid (und sonst keine weiteren PvE-Endgame-Inhalte) veröffentlicht zu haben, um "ein paar beeinflussbare Menschen" dazu zu bringen, viel Geld auszugeben. Und deshalb sei Lost Ark eben derzeit ein Pay-to-Win-Titel. Obendrein kritisiert Senderfn noch den Umgang mit der Bot-Problematik, der "lächerlich" sei. Dass Amazon und Smilegate Accounts händisch bannen müssen, weil es kein automatisiertes System zur Erkennung von Bots und zur Sperrung der jeweiligen Konten gibt, sei einfach nur "schlecht gemacht" - und das, obwohl die Unternehmen doch vorab hätten wissen müssen, dass in einem Free-to-Play-MMO wie Lost Ark Bots ein Problem darstellen werden.
Amazon und Smilegate kündigen erste Maßnahmen an
Mittlerweile haben sich Amazon und Smilegate zu der Situation geäußert. In einem umfangreichen Beitrag auf der offiziellen Webseite von Lost Ark, der auch einige andere Themen behandelt, gestehen sie sich ein, dass es ein Fehler gewesen sei, das Update mit dem Argos-Raid so früh zu veröffentlichen. "Wir wollten niemals, dass Spieler sich in ihrer Quest, Itemlevel 1370 zu erreichen, gehetzt fühlen", heißt es. Man habe nicht bedacht, dass die Spieler mehr Zeit mit Inhalten verbringen, die auf einer Ebene der Progression sind, anstatt möglichst flott den Itemlevel zu erhöhen und so auf höhere Ebenen zu gelangen. Auch habe man nicht mit einbezogen, dass die Preise für Upgrade-Materialien durch Bots und Echtgeldtransaktionen in die Höhe schnellen könnten.
Man werde nun Daten zu den Spielweisen der westlichen Spieler sammeln und analysieren, um basierend darauf die Roadmap für neue Inhalte passender gestalten zu können. Immerhin versprechen die Unternehmen schon mal, dass die nächsten Updates den Spielern bei ihrer Progression helfen sollen und nicht weitere Endgame-Inhalte à la Argos liefern werden, die kaum jemand spielen kann. Die werden nun weiter nach hinten geschoben. Als Beispiel nennen Amazon und Smilegate die Legion-Raids, die "definitiven 'Lost Ark'-Raiding-Erfahrungen", die nun erst dann veröffentlicht werden sollten, wenn die Spieler genug Materialien gesammelt und ihre Ausrüstung aufgewertet haben, sodass sie für diese Herausforderungen bereit sind. Die nächsten Inhalts-Updates werden sich also eher darauf konzentrieren, neue Klassen und Inseln sowie den Kontinent Süd-Vern einzuführen, wofür ihr eben keine neuen Itemlevel-Höhen erreichen müsst.
Amazon Games und Smilegate erwähnen in dem Text jedoch nichts davon, dass sie die Erfolgsrate für Upgrade-Vorgänge in Klasse 3 erhöhen werden. Stattdessen heißt es, man werde dem "Grand Prix"-Event neue Belohnungen in Form von Upgrade-Materialien hinzufügen. Die sollt ihr euch außerdem auch über ein neues Wächter-Raids-Event erspielen können, in dessen Zuge die Raids einfacher sind, damit ihr ohne große Probleme die Ressourcen bekommt. Das Ganze soll circa einen Monat dauern und richtet sich an alle Spieler ab einem Itemlevel von 250. So weit, so gut, doch wird das ja wohl kaum etwas den Leuten bringen, die in Klasse 3 zwischen Itemlevel 1350 und 1370 festhängen.