Star Wars Jedi: Fallen Order ist das Soloabenteuer, auf das alle Fans so viele Jahre warten mussten - na ja, fast.
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Star Wars Jedi – Fallen Order im Test: Padawan mit viel Potenzial
Neun Jahre. Neun verdammte Jahre mussten wir darauf warten, dass endlich mal wieder jemand ein "Star Wars"-Spiel veröffentlicht, dass den Fokus auf die Story legt und weder ein Online- noch ein Lego-Titel ist. Und noch länger liegt das letzte gute "Star Wars"-Singpleplayer-Spiel zurück, denn The Force Unleashed 2 von 2010 war alles andere als ein Hit. Doch zum Glück gibt es Respawn Entertainment. Die Schöpfer von Titanfall und Apex Legends sind zur Hilfe geeilt, um nicht nur uns Fans endlich wieder ein richtiges Jedi-Abenteuer zu liefern, sondern auch EA einen ersten qualitativen Hit zu bescheren, seitdem der Publisher die "Star Wars"-Lizenz erhalten hat.
Die Vorgeschichte von Star Wars Jedi: Fallen Order verlief jedoch weniger rühmlich. Erst wurde das Spiel 2018 beim EA-Play-Event auf lieblose Art und Weise angekündigt (Respawn-Chef Vince Zampella wurde nicht mal auf die Bühne geholt, sondern im Publikum interviewt), das erste Gameplay lies bis Sommer diesen Jahres auf sich warten und sorgte bei vielen Spielern für Ernüchterung. Ein richtiger Hype blieb Star Wars Jedi: Fallen Order irgendwie verwehrt. Zu Recht? Zu Unrecht? Wir haben es gespielt und verraten euch, ob es der neue Pflichttitel für "Krieg der Sterne"-Fans ist.
Interplanetare Schnitzeljagd
Die Ausgangslage in Star Wars Jedi: Fallen Order ist ziemlich interessant. Das Spiel setzt zeitlich zwischen Episode 3 und 4 an – eine düstere Epoche, vor allem für die Jedi. Nachdem der Imperator die Order 66 ausgerufen hat, wurden die meisten Jedi am Ende der Klonkriege umgebracht. Die wenigen Überlebenden befinden sich auf der Flucht, verstecken sich vor den Inquisitoren des Imperiums. Ihr seid einer von ihnen: Cal Kestis ist ein junger Padawan, der sich auf dem Planeten Bracca versteckt und dort auf einem riesigen Schrottplatz arbeitet. Eines Tages kommt es zu einem Unfall, bei dem ein Freund fast draufgegangen wäre, hätte Cal nicht seine Machkräfte eingesetzt, um ihn zu retten. Blöd nur, dass dadurch das Imperium auf unseren Helden aufmerksam wird.
Es kommt zur Begegnung mit der "Zweiten Schwester", einer starken Inquisitorin, der Cal nicht gewachsen ist. Doch im letzten Moment wird er von Cere Junda, einer ehemaligen Jedi-Ritterin, und ihrem Kapitän Greez Dritus gerettet. Gemeinsam beschließen sie, den Jedi-Orden wiederaufzubauen. Von hier an entspinnt sich eine Geschichte, die über weite Strecken relativ unspektakulär verläuft. Der Großteil des Spiels ist eine Art Schnitzeljagd mit ein wenig "Indiana Jones"- beziehungsweise "Tomb Raider"-Flair. Es gibt eine größere Wendung, die man aber schon von weitem kommen sieht, dafür liefert das Finale tollen Fanservice ab.
Tolle Heldentruppe
Was Star Wars Jedi: Fallen Order erzählerisch rettet, sind die Charaktere. Die Geschichte erweist sich als recht persönlich. Sowohl Cal als auch Cere kämpfen mit ihren eigenen Dämonen, was die Figuren nahbar macht. Greez hingegen funktioniert wunderbar als Comic Relief.
Und dann wäre da noch BD-1. Den kleinen Droiden, der verflucht stark an Pixars WALL·E erinnert, trifft Cal sehr früh im Spiel und die beiden sind von da an (bis auf eine Szene) unzertrennlich. Gut so, denn BD ist herzallerliebst. Er trägt vielleicht nicht ganz so viel zur Geschichte bei wie seine Filmkollegen R2-D2 und BB-8, trotzdem waren wir sehr froh, den Roboter fast das ganze Spiel über an unserer Seite zu haben.
Wenige Erkundungsanreize
Star Wars Jedi: Fallen Order ist kein strikt lineares Abenteuer. Im Verlauf der rund 15 bis 20 Stunden langen Kampagne (je nachdem, wie viel ihr abseits der Hauptstory erkundet) besucht ihr fünf Planeten, die zum Großteil stark verzweigte Levels sind. Es gibt viele optionale Areale, die meisten davon könnt ihr anfangs aber noch gar nicht betreten, da euch die entsprechenden Fähigkeiten fehlen. Star Wars Jedi: Fallen Order erinnert in dieser Hinsicht stark an die "Metroid Prime"-Spiele. Das Erkunden macht anfänglich auch Spaß, wird aber nicht immer gebührend belohnt.
Das ist der Knackpunkt. Klar, manchmal findet ihr weitere Stim-Behälter, damit euch BD-1 im Kampf mehr Heilmittel zuwerfen kann, oder Upgrades, die euch mehr Lebensenergie oder Macht bescheren. In den meisten Fällen stoßt ihr aber auf Kisten, die rein kosmetische Items enthalten. Dabei handelt es sich zum einen um Bauteile für Cals Lichtschwert, die bei einem Third-Person-Spiel ziemlich egal sind, weil die Modifikationen eh kaum auffallen. Zum anderen gibt es Skins für Cals Klamotten, das eigene Raumschiff und BD. Alternative Outfits hätten wir gerne gesehen, so sind die optischen Goodies keine Motivation, jeden Winkel der Spielwelt abzusuchen.
Der Metroidvania-Ansatz ist nichts, was Star Wars Jedi: Fallen Order besser macht. Im Gegenteil: Hätte Respawn sich darauf konzentriert, ein lineares, spektakulär inszeniertes Action-Adventure à la Uncharted zu entwickeln, wäre vermutlich ein besseres Gesamtwerk entstanden. Damit hätte man auch ein anderes großes Manko umgangen: Backtracking wird in Jedi: Fallen Order großgeschrieben. Klar, das ist man aus Metroidvanias gewohnt, aber hier fällt es besonders negativ auf, weil es keinerlei Schnellreise gibt. Ihr müsst deshalb teilweise minutenlang durch euch bekanntes Terrain laufen, um an einen Ort zu gelangen, an dem ihr vorher noch nicht wart. Das ist Spielzeitstreckung der übelsten Sorte.
"Noch viel zu lernen du hast"
Star Wars Jedi: Fallen Order ist kein Rollenspiel und Cal steigt auch nicht im Level auf. Aber besiegte Gegner und entdeckte Geheimnisse füllen euren Erfahrungsbalken. Sobald der voll ist, erhaltet ihr einen Fähigkeitspunkt, den ihr an den Speicherpunkten in den Levels, die wie die Leuchtfeuer in Dark Souls funktionieren (hier rastet ihr, füllt eure Energie und den Stim-Vorrat auf, dafür respawnen alle normalen Feinde) in den Talentbaum investiert. Der fällt ziemlich groß aus, allerdings ist eine Spezialisierung nicht nötig.
Wer fleißig erkundet, sammelt im Verlauf des Spiel so viele Punkte, dass sie für alle Upgrades reichen. Wir hatten am Ende noch ein paar Skills nicht freigeschaltet, haben uns aber irgendwann auch nur noch auf die Hauptgeschichte konzentriert. Am reizvollsten sind natürlich besondere Angriffe, das Aufwerten eurer Machtfähigkeiten und die Steuerung von Lebensenergie sowie Macht sind aber genauso nützlich.
Abseits des Talentbaums gibt es noch Upgrades, die ihr an festen Punkten in den Levels beziehungsweise dem Story-Verlauf freischaltet. Dazu gehören zum einen weitere Machtfähigkeiten wie ein Doppelsprung oder der Machtstoß (am Anfang beherrscht Cal nur das Verlangsamen von Gegnern und Objekten), zum anderen neue Funktionen für BD-1. So setzt ihr euren Begleiter später zum Beispiel dazu ein, um Terminals zu hacken oder Anlagen zu überladen. Jede neue Fähigkeit ist ein Antrieb, Star Wars Jedi: Fallen Order weiterzuspielen. Das gilt insbesondere für die freischaltbaren Kampfmanöver.
Wie schwer darf's sein?
Respawn Entertainment wollte, dass die Kämpfe mit dem Lichtschwert kein simples Schnetzeln sind. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die From-Software-Titel eine große Inspirationsquelle gewesen sind. Oftmals ist bedachtes Vorgehen die beste Methode, um siegreich zu sein. Es gilt, die Angriffsmuster der Gegner zu studieren, zu blocken oder auszuweichen, gegebenenfalls sogar zu parieren und im richtigen Moment zuzuschlagen.
Ganz so knallhart wie Dark Souls und Sekiro: Shadows Die Twice ist Star Wars Jedi: Fallen Order aber nicht. Das liegt vor allem an den vier Schwierigkeitsgraden, zwischen denen ihr jederzeit wechseln könnt. Wir haben die meiste Zeit über auf der zweithöchsten Schwierigkeitsstufe gespielt und mussten des Öfteren schlucken. Einige Kämpfe waren ganz schön knackig. Glücklicherweise sind die Speicherpunkte aber sehr großzügig in den Levels verteilt. Im Fall des Ablebens müsst ihr daher niemals längere Passagen erneut spielen.
Wenn man schon abguckt, dann bitte auch alles
Nun kommt das große Aber: Es gelingt dem Spiel, einfacher zu sein als die Vorbilder und trotzdem stellenweise mehr zu frustrieren. Es gibt ein paar Momente im Spiel, an denen ihr es mit echt fiesen Gegnerkombinationen zu tun bekommt. Als wir gegen einen Vernichtungstruppler kämpften, der uns ein durchaus nervenaufreibendes Duell lieferte, und uns zusätzlich Weltraumratten in den Rücken fielen, hätten wir das Gamepad das eine oder andere Mal fliegen lassen können. Das Hauptproblem ist aber vor allem die Menge an Feinden, die euch Respawn oft entgegenwirft.
Das "Dark Souls"-Kampfsystem ist auf Auseinandersetzungen mit einzelnen, starken Kontrahenten ausgelegt. In den From-Software-Titeln ist es selten, dass ihr mal gegen mehr als drei, vielleicht vier Gegner zeitgleich kämpft. Jedi: Fallen Order hingegen lässt euch auch gerne gegen fünf, sechs oder gar noch mehr Feinde antreten. Darunter findet sich dann nicht nur simples Kanonen-, Verzeihung, Lichtschwertfutter, sondern eben auch mal ein gut ausgebildeter Vernichtungstruppler. Wir geben es zu: Im dritten Akt haben wir den Schwierigkeitsgrad um eine Stufe reduziert und das war eine gute Entscheidung. Das finale Kapitel hätte uns sonst vermutlich in den Wahnsinn getrieben, zumal nicht nur die Gegnerkombinationen und -mengen ein Problem darstellen.
Die kleinen Stolpersteine
Das Kampfsystem ist einfach nicht so gut austariert wie in den Spielen von From Software. Es macht zwar enorm viel Spaß, sich mit dem Lichtschwert durch Gegnergruppen zu schlagen, weil das Trefferfeedback hervorragend und die Vielfalt an Widersachern groß genug ist, aber immer wieder haben wir die Präzision vermisst, die wir aus ähnlichen Spielen gewohnt sind. Angriffe lassen sich etwa nicht abbrechen. Bevor ihr erkennt, dass euer Gegenüber zuschlägt, habt ihr schon die Angriffstaste gedrückt, hängt in der Animation fest und könnt somit weder rechtzeitig blocken noch ausweichen. Außerdem wurden wir manchmal in die Ecke gedrängt und konnten gar nicht mehr ausweichen, weil uns die Feinde den Weg versperrten. Das ist ärgerlich, da jeder Gegnertyp mindestens eine Attacke beherrscht, die sich nicht blocken lässt.
Unsere Empfehlung: Spielt Star Wars Jedi: Fallen Order auf dem zweiten Schwierigkeitsgrad! Dann habt ihr gerade zum Ende hin immer noch ein forderndes Spiel, dürft euch aber viel mehr wie ein mächtiger Jedi fühlen und eben diese Fantasie ausleben. Genau das kriegt das Spiel zu großen Teilen sehr gut hin, auch stellenweise auf der nächsthöheren Schwierigkeitsstufe. Sturmtruppler etwa sind nach einem Schlag mit der Laserklinge Geschichte, zudem lassen sich die Machtfähigkeiten auf spektakuläre Art und Weise einsetzen. Was in der Gameplay-Demo zum vergangenen EA Play im Sommer gezeigt wurde (einen Laserstrahl verlangsamen, dann einen Gegner zu sich heranziehen und ihn in den Strahl werfen) ist wirklich so im Spiel machbar und verdammt cool!
Nathan und Lara sind die besseren Kletterer
In Star Wars Jedi: Fallen Order wird aber nicht nur viel gekämpft, sondern auch immer wieder geklettert und ab und zu auch mal Rätsel gelöst. Letztere haben uns richtig gut gefallen. Sie sind zwar nie sonderlich anspruchsvoll, aber stets clever designt und eine gute Auflockerung. Davon hätten wir gerne mehr gesehen. Den Geschicklichkeitspassagen hingegen mangelt es an Präzision. Da denkt man, man müsste beim Absprung von Punkt A eigentlich ganz sicher Punkt B erreichen, aber nein: Manchmal will Cal dann doch nicht so, wie wir es wollen, und fällt in die Tiefe. Glücklicherweise endet das nicht direkt im Game Over. Ihr spawnt an der gleichen Stelle neu und verliert bloß einen geringen Teil eurer Lebensenergie.
Was wir nicht ganz verstehen: Um irgendwo entlang zu klettern, müsst ihr stets einmal die linke Trigger-Taste drücken, sonst fällt Cal. Da das Zeitfenster hierfür aber sehr großzügig ist, wirkt diese Funktion vollkommen überflüssig. Sie macht die Geschicklichkeitseinlagen nicht spannender, sondern nervt einfach nur. Das hätte sich Respawn sparen können.
Star Wars durch und durch
In einem Aspekt sind wir froh, dass Respawn an nichts gespart hat: der "Star Wars"-Atmosphäre. Jedi: Fallen Order bietet alles, was wir von einem Jedi-Spiel erwarten: die altbekannten Sounds, etwa das Surren von Lichtschwertern oder die Blaster-Schusslaute, der große optische Erkennungswert, seien es nun die Rüstungen der Sturmtruppen, die Architektur und technischen Geräte innerhalb feindlicher Basen, oder die Musik. Star Wars Jedi: Fallen Order bietet keine Stücke aus den Filmen, der Soundtrack besteht komplett aus eigens für das Spiel geschriebenen Werken. Die klingen jedoch exakt so, als hätte John Williams sie für das Erlebnis im Kino kreiert – fantastisch!
Allgemein macht das Spiel eine gute Figur, wenn es um die Präsentation geht. Die Zwischensequenzen sind großartig dank gutem Schnitt und überzeugendem Performance Capture. Dadurch wirken die Bewegungen und vor allem Gesichtsanimationen der Charaktere sehr natürlich. Das gilt jedoch nicht für die Dialoge abseits der Cutscenes. Da stehen euch eure Gesprächspartner einfach nur starr gegenüber und bewegen lediglich ihre Lippen. Dafür ist die deutsche Sprachausgabe richtig klasse. Einzige Ausnahme: die Sprecherin der "Zweiten Schwester". Die ist ein klarer Fall von Overacting.
Grafisch überzeugt Star Wars Jedi: Fallen Order nicht auf ganzer Linie. Das Spiel sieht gut aus, vor allem die Kämpfe sind schön choreographiert und wenn Lichtschwerter aufeinandertreffen, fliegen reichlich Funken. Doch nicht alle Animationen sind gelungen (geht mit Cal mal langsam bergauf!), hier und da wirkt die Umgebung etwas matschig und das Wasser sieht einfach nicht wie Wasser, sondern eine dickflüssigere Substanz aus. Zudem nervten uns immer wieder Nachladeruckler.
Fazit
Star Wars Jedi: Fallen Order hat es uns nicht leichtgemacht. So viel Freude wir mit dem Spiel hatten, so oft hat es uns auch geärgert. Wo wir vorab aufgrund der rühmlichen Vergangenheit von Respawn Entertainment mit einem richtigen Highlight gerechnet hatten, haben wir letztendlich zwar ein gutes, aber kein überragendes Action-Adventure serviert bekommen. Die Designgenialität, die ein Titanfall 2 und Apex Legends vorweisen, fehlt Jedi: Fallen Order. Die Ansätze für ein ausgezeichnetes "Star Wars"-Spiel sind da, aber Respawn hat sich selbst zu viele Beine gestellt.
Trotz all der Mankos ist es aber eine Empfehlung für "Krieg der Sterne"-Fans wert. Denn besser als ein The Force Unleashed 2 ist Jedi: Fallen Order allemal und damit endlich mal wieder ein spaßiges Singleplayer-Abenteuer im "Star Wars"-Universum ohne Online-Zwang und Mikrotransaktionen. Bleibt nur zu hoffen, dass es so erfolgreich ist, dass EA erkennt, was mit solchen Titeln in der heutigen Zeit noch zu holen ist. Wir würden schließlich gerne eine Fortsetzung sehen, die auf den Stärken von Fall Order aufbaut und dessen Schwächen umgeht.
- Man fühlt sich wirklich wie ein Jedi
- Fantastische "Star Wars"-Atmosphäre
- Sympathische Figuren
- Tolle Zwischensequenzen
- Cleveres Rätseldesign
- Abwechslungsreiche Planeten
- Gute deutsche Sprecher
- BD-1! BD-1!
- Mangelnde Präzision beim Kämpfen...
- ...und Klettern
- Teilweise zu viele Gegner
- Fehlende Schnellreise
- Erkundung selten lohnenswert
- Sehr gewöhnlicher Plot