Vergangene Woche fand ein Anspiel-Termin für das im August erscheinende Spiel The Dark Pictures: Man of Medan statt.
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Man of Medan Vorschau: Stimmiges Horrorszenario zum gemeinsamen Gruseln
Mir wurde bereits die Ehre zuteil, auf der gamescom 2018 einen ersten Blick auf den Titel von Supermassive Games zu werfen. Damals hatte ich jedoch das Gefühl, es würde sich einfach nur um einen Nachfolger zu Until Dawn mit einem anderem Look and Feel handeln. Sowohl das Gameplay als auch der Ablauf waren sehr ähnlich. Nach dem erneuten Anspielen muss ich jedoch zugeben, dass Man of Medan doch einige Dinge anders macht und zusätzlich einen sehr interessanten Onlinemodus beinhaltet.
Die Demo, die mir letztes Jahr in Köln präsentiert wurde, vermittelte einen vollkommen anderen Eindruck als das Stück Software, das mir nun vorgesetzt wurde. Statt nämlich einen erneuten Abschnitt mit gruseligen Elementen zu durchleben, gab es dieses Mal für alle anwesenden Redakteure, Journalisten und Influencer den gesamten Anfang des Spiels. Doch viel schlauer bin ich jetzt auch nicht, denn noch immer weiß ich nicht, worum sich die Geschichte im Endeffekt dreht.
Trailer zu The Dark Pictures: Man of Medan:
US-Soldaten auf geheimer Mission
Alles beginnt mit einem Rückblick in den 40er oder 50er Jahren. Irgendwo in Südostasien wird ein amerikanischer Frachter mit drei mysteriösen Kisten sowie vier Soldatenleichen beladen. Warum oder was gar der Inhalt der Kisten ist, erfährt man nicht. Stattdessen liefern diese ersten Szenen gleich einmal das Grundgerüst für das Tutorial. Wer Until Dawn bereits kennt, könnte diesen Abschnitt eigentlich überspringen. Mir wird jedoch wieder ins Gedächtnis gerufen, dass es sich eher um einen spielbaren Film handelt, in dem ich mit dem Charakter und diversen Sachen interagieren kann, verschiedene Gesprächsoptionen habe und Quick-Time-Events absolvieren muss. Das ist alles nicht sonderlich kompliziert, so dass ich mich voll und ganz auf die Geschichte konzentrieren kann. Es kommt, wie es kommen muss: An Bord passiert ein Unglück nach dem anderem und ehe ich mich versehen kann, bricht der Wahnsinn aus. Mein bis eben noch spielbarer Charakter liegt zuckend auf dem Schiffsboden und ein gelblicher Nebel wabert über den Kahn.
Eine Gruppe Jugendlicher auf großer Reise
Schnitt! Jetzt beginnt das Abenteuer erst richtig. Der Erzähler, genannt Kurator, schildert die Ereignisse von Man of Medan und ist so etwas wie die einzige Konstante, die einen durch das Game führt: Eine Gruppe von vier jungen Erwachsenen plant einen aufregenden Tauchausflug zu einem alten Wrack aus den Zeiten des Zweiten Weltkriegs, in der Hoffnung, dort interessante Schätze zu finden. Dazu gehören Alex, seine Freundin Julia, sein Bruder Brad und Julias reicher Bruder Conrad. Die letzte im Bunde ist Kapitänin Fliss, die alle vier Wagemutigen zum Schiffswrack bringen soll. So weit, so gut, nur weiß bislang keiner der Beteiligten, was ihnen bevorsteht. Doch statt nach irgendwelchen Schätze zu suchen, überschlagen sich die Ereignisse und die Gruppe landet auf dem alten Kahn aus dem Prolog. Die klassischen Zutaten für ein interaktives Horror-Erlebnis sind gegeben.
Jetzt mit Onlinemodus
Wie schon eingangs erwähnt: Wer in der Vergangenheit Until Dawn gespielt hat, der weiß, wie der Spielablauf funktioniert. Je nach Situation und gefällter Entscheidung wechsle ich munter zwischen den fünf Spielfiguren. Allerdings hatte Entwickler Supermassive Games eine Überraschung im Gepäck. Statt nämlich allein zu spielen, wurden die anwesenden Medienvertreter in zwei Gruppen aufgeteilt, damit weltexklusiv der Onlinemodus für zwei Spieler ausprobiert werden durfte. Ich wusste zu Beginn nicht, mit wem ich diesen Bootstrip erleben würde und das ist auch Teil des Konzepts dahinter. Man spielt zwar mit jemandem zusammen, aber ohne jegliche Kommunikation. Zudem trennen sich ab und an die Wege der Hauptcharaktere und unterscheiden sich dadurch fundamental.
Man of Medan - Don't Play Alone Trailer:
Wer macht was und mit wem?
Entscheidungen fällt jeder selbst und ohne Absprache mit seinem Spielpartner. Ich weiß weder, für welche Gesprächsoptionen er sich entscheidet, noch welche Quick-Time-Events durchgeführt werden oder welche anderen Entscheidungen er trifft. Eine Möglichkeit, den Charakter zu bestimmen, gibt es ebenfalls nicht wirklich. Daraus ergibt sich jedoch eine ganz besondere Dynamik: „Was macht mein Gegenüber? Warum entscheidet er sich denn so? Ich hatte gedacht, dass wir uns erst einmal ruhig verhalten und nicht wie eine Stampede durch die Gänge des Frachtschiffs trampeln?!“
Je nachdem, wie man mit wem zusammenspielt, werden früher oder später mehr oder weniger Gruppenmitglieder auf der Heimreise fehlen. Allerdings birgt diese Art von Mehrspielermodus auch einigen Gefahren. Ist nämlich der Mitspieler zu schnell, kann es sein, dass bei einem selbst einige Auswahlmöglichkeiten übersprungen werden. Ich hatte mehrfach das Gefühl, dass mein Mitspieler viel zu schnell war und ich nur noch hinterher gehetzt bin. Hier wären rudimentäre Befehle wie „Warte“, „Folge mir“, „Ja“ oder „Nein“ ganz hilfreich. Derzeit gibt es diese Möglichkeit nicht. Dafür waren die Gespräche hinterher umso interessanter.
Es gibt Redebedarf
Wie sich im Nachhinein nämlich herausgestellt hat, habe ich mit dem Content-Creator Bruugar zusammengespielt. Hinterher haben wir uns darüber ausgetauscht, warum er und ich gewisse Entscheidungen getroffen haben und was wir beide dabei erlebt haben. So hat Bruugar beispielsweise kurz nach dem Ablegen des Bootes mit zwei Charakteren einen Tauchgang durchgeführt und dabei ein abgestürztes Flugzeug erkundet, während ich versucht habe, als Conrad mit der Kapitänin Fliss zu flirten. Ich war im Gegensatz zu ihm weniger erfolgreich und bin gnadenlos abgeblitzt.
Dafür konnte ich jedoch drei aufdringliche Fischer vorerst vertreiben, die offensichtlich ein mentales Problem hatten. Wie das alles mit dem Geisterfrachtschiff zusammenhängt, hat sich mir noch nicht erschlossen, denn allzu viel wollten die Macher natürlich nicht verraten. Zudem werden verschiedene Gemälde eine wichtige Rolle spielen, denn die lösen bei näherer Betrachtung Vorahnungen bei den Figuren aus.
Stimmungsschwankungen Ahoi!
Dafür konnte ich einen detaillierteren Eindruck der verschiedenen Persönlichkeiten der Charaktere gewinnen. Man of Medan ist zwar mit Sicherheit kein oscarreifes Vergnügen, aber man stellt schnell fest, dass Supermassive Games sich dem immer mehr annähert. Etwas verwunderlich ist jedoch, wie schnell die Protagonisten in ihren Emotionen und Charakterzügen springen. Während es einigen Anwesenden während des Events gelungen ist, eine Beziehung zwischen Fliss und Conrad aufzubauen, sprang bei mir ihr Benehmen zwischen „selbstbewusst abweisend“ und „überraschend einfühlsam“ sowie „freundlich“. Eine konsequente Linie konnte ich nicht ausmachen, aber unter Umständen klärt sich das in der finalen Version.
Fast wie im Film
Was die Entwickler seit dem Erscheinen von Until Dawn alles gelernt haben, ist erstaunlich. Sowohl die Umgebungen als auch die Charaktere wirken extrem authentisch. Dank der Gesichtsscans gelingt es Supermassive Games sogar, Emotionen zu vermitteln und das ist selbst heutzutage selten. Zwar wirken manche Situationen immer noch etwas befremdlich, doch Man of Medan ist ein großer Schritt in die richtige Richtung. Ich durfte sogar mit einem Ohr der deutschen Synchronisation lauschen. Fertig ist die Tonspur allerdings noch nicht. Hier und da muss an der Lippensynchronität gearbeitet werden, aber bis zum 30. August ist noch ausreichend Zeit. Dafür ist das Sounddesign auf dem Schiff unglaublich gut gelungen. Es knarzt, es knackt und schaurige Geräusche aus den entlegensten Winkeln des schwimmenden Geisterhorts haben mir den einen oder anderen Schauer über den Rücken laufen lassen.
Einschätzung:
The Dark Pictures: Man of Medan ist eine konsequente Weiterentwicklung des Genres. Der neue Onlinemodus für bis zu zwei Spieler bietet eine frische und interessante Art, sich gemeinsam zu gruseln. Ich hätte mir allerdings noch ein oder zwei Optionen der Kommunikation gewünscht (gerade wenn man zu zweit Gänge erkundet), denn so bin ich darauf angewiesen, dass mein Mitspieler nicht trollt oder anderweitig Blödsinn veranstaltet. Es gibt sogar die Möglichkeit, lokal mit bis zu fünf Personen Man of Medan zu spielen, dann wird der Controller einfach weitergereicht, wenn sich die spielbare Figur ändert. Dieser Modus besitzt jedoch mehr den Charakter eines cineastischen Abends mit Freunden.
War ich nach der gamescom 2018 noch etwas enttäuscht von dem Spiel, hat sich meine Meinung komplett ins Gegenteil gedreht. Man of Medan macht Spaß, besitzt einen überaus interessanten, wenn auch nicht optimalen Onlinemodus und kann mit einer erstklassigen Präsentation aufwarten. Mir stellt sich nur eine Frage: Wie hoch ist die Motivation nach dem erstmaligen Durchspielen, was nach derzeitigem Stand etwa fünf Stunden dauern wird, nochmals in die Geschichte einzutauchen? Denn fast jeder kennt das Phänomen: Nach dem ersten Mal verliert ein Horrorfilm seine Überraschungsmomente und ob Man of Medan ausreichend alternative Routen, Szenen und Enden bietet, wird erst die finale Version zeigen.
Update 12.07.2019:
Wie Bandai Namco Entertainment uns gegenüber mitgeteilt hat, wird es im finalen Spiel eine Voice-Chat-Unterstützung geben. Diese Funktion war lediglich für das Anspiel-Event deaktiviert. Etwaige Kritik unsererseits in diesem Bereich ist daher obsolet.