Immer wieder landen Spiele in der Entwicklungshölle. Nicht alle überleben das, manche verschwinden sogar einfach so.
Spiele in der Entwicklungshölle: Manche schaffen's raus, andere nicht
Es gibt Spiele, die werden irgendwann angekündigt und zwei bis drei Jahre später kommen sie auf den Markt. Mittlerweile ist es bei Publishern sogar beliebt geworden, Spiele erst ein oder gar ein halbes Jahr vor Release anzukündigen. Man denke nur an Borderlands 3, dessen Entwicklung zwar lange Zeit ein offenes Geheimnis war, die offizielle Enthüllung fand aber nur sechs Monate vor dem Release am 13. September 2019 statt. Und dann gibt es Spiele, die werden angekündigt und wir warten und warten und warten und plötzlich sind sechs, sieben, acht oder gar zehn Jahre vergangen und der herbeigesehnte Titel ist immer noch nicht in Sichtweite.
Wenn ein Spiel so lange in Entwicklung ist, spricht man auch gerne von der sogenannten Entwicklungshölle. Denn in der Regel haben solche langen Produktionsphasen nichts damit zu tun, dass die betroffenen Spiele einfach so gigantisch und komplex sind, dass sie in überschaubarer Zeit gar nicht umsetzbar sind (hallo, Star Citizen). In den meisten Fällen läuft irgendwas schief oder es kommt zu Konzeptänderungen, die einen Entwicklungsprozess immer zurückwerfen. In der Vergangenheit gab es schon viele prominente Beispiele. Bei manchen erfolgte der Release dann doch noch, bei anderen wie gesagt nicht.
Ein Duke kommt selten pünktlich
Das Paradebeispiel für einen Titel, der extremst lange in Entwicklung war, ist Duke Nukem Forever. Lange Zeit war der Ego-Shooter ein Running Gag der Videospielindustrie. Erstmals angekündigt wurde er auf der E3 1997, der Release erfolgte satte 14 Jahre später, am 10. Juni 2011. Wie konnte es dazu kommen? Nun, der ursprüngliche Entwickler 3D Realms, der in den Neunzigern eine ziemlich große Nummer innerhalb der Branche war, wechselte mehrfach die Engine. Zuerst setzte man auf die Technik von Quake und Quake 2, dann wechselte man zur ersten Unreal Engine und in späteren Jahren zu deren Nachfolgeversionen. Ab 2001 nannte das Studio gar keine Release-Termine mehr, sondern sagte schlicht, dass Duke Nukem Forever dann erscheinen sollte, wenn es fertig gewesen wäre. Nur kam es zu diesem Status unter 3D Realms nie.
2009 sah es schon so aus, als würde das Spiel niemals erscheinen. Das Studio wurde stark verkleinert, ein richtiges Team, das sich um die Fertigstellung hätte kümmern können, gab es nicht mehr. Die Rettung für Duke Nukem Forever war am Ende Gearbox (Borderlands). 2010 wurde offiziell bestätigt, dass die Texaner den Shooter finalisieren und im Folgejahr erschien er dann auch wirklich für PC, PS3 und Xbox 360. Hatte sich das lange Warten gelohnt? Nein! Duke Nukem Forever war ganz schön lahm. Die Durchschnittswertungen auf Metacritic (PC: 54, PS3: 51, Xbox 360: 49) sprechen wohl für sich.
Japanische Gemächlichkeit
Duke Nukem Forever ist sicher ein sehr extremer Fall. Ein Spiel, das in Sachen Entwicklungszeit aber recht nah an den 3D-Realms- beziehungsweise Gearbox-Titel herankommt, ist The Last Guardian. Das Adventure des japanischen Studios Team Ico wurde 2009 angekündigt, war da aber schon seit zwei Jahren in Arbeit. Bis zum Release für die PlayStation 4 sollte es noch acht Jahre dauern, was damals niemand gedacht hätte. Moment, für die PS4? Von der war 2009 doch noch gar nicht die Rede. Nun, eigentlich sollte The Last Guardian ja auch für die PlayStation 3 erscheinen. Doch immer wieder kam es zu Verschiebungen.
2013 landete de PS4 auf dem Markt, von The Last Guardian fehlte jede Spur. Zwischenzeitlich dachte man schon, der Titel werde niemals erscheinen, bis er dann 2015 für die PlayStation 4 angekündigt wurde. Und beim Release wurde dann auch deutlich, warum er nicht für die PS3 erschienen ist: Auf der stärkeren Nachfolgerkonsole lief The Last Guardian nicht durchgehend flüssig, obwohl die Grafik nicht mal ein richtiges Highlight war. Wie die Performance auf der PS3 ausgesehen hätte, wollen wir uns gar nicht vorstellen.
Andere Spiele, die sehr lange in Entwicklung waren, sind zum Beispiel Diablo 3 und zwei Titel aus dem Hause Square Enix: Kingdom Hearts 3 und Final Fantasy 15. Letzteres ist ein besonders interessanter Fall: Ursprünglich wurde es als Final Fantasy Versus 13 für die PS3 angekündigt und sollte Teil der Fabula Nova Crystallis sein, zu der etwa Final Fantasy 13 gehört. Die Idee seitens Square Enix war es, Spiele zu erschaffen, deren Welten sich alle die gleiche Schöpfungsgeschichte teilen. Doch Final Fantasy Versus 13 verzögerte sich immens und irgendwann wurde es ganz still um das Rollenspiel. 2013 erfolgte dann die Neuankündigung als Final Fantasy 15 für PS4 und Xbox One und 2015 erschien das Spiel nach einer Dekade Entwicklungszeit.
Jahrelange Entwicklung für nichts?
Nicht jedes Spiel, dass sich in der Entwicklungshölle verfängt, erblickt auch tatsächlich das Licht der Welt. Dabei gilt es zwischen den Titeln zu unterscheiden, deren Produktion offiziell eingestellt wurden, und denen, die einfach verschwunden sind. In erstere Kategorie fällt beispielsweise Blizzards zweites großes MMO-Projekt nach World of Warcraft: Titan, so der Arbeitstitel, sollte eine Art Superheldenspiel werden. 2010 tauchte der Name erstmals im Netz auf, von da an gab es immer wieder Meldungen über den Status der Entwicklung, jedoch nie eine offizielle Ankündigung. 2013 hieß es dann, Blizzard habe das Projekt neugestartet, und 2014 erfolgte die offizielle Bestätigung, dass die Entwicklung von Titan eingestellt wurde. Ganz umsonst war die Mühe aber nicht, denn aus den vorhandenen Assets bastelte Blizzard einen seiner heute erfolgreichsten Titel: den Multiplayer-Shooter Overwatch.
Auch andere Projekte namhafter Entwickler wurden nach mehreren Jahren der Entwicklung einfach abgebrochen. Da wäre etwa Star Wars 1313 von LucasArts, das im Zuge der Übernahme durch Disney einen verfrühten Tod erleiden musste. Oder Scalebound von PlatinumGames, das 2013 als Exklusivspiel für die Xbox One angekündigt und vier Jahre später eingestellt wurde, weil es wohl Probleme mit der Engine gegeben habe und Platinum Deadlines nicht eingehalten hätte.
Wenn Spiele einfach verschwinden
Aber was ist mit den Spielen, deren Entwicklung nie offiziell abgebrochen wurde? Die einfach untergetaucht sind? Was ist zum Beispiel mit Deep Down? Der eine oder andere erinnert sich vielleicht noch, als 2013 die PlayStation 4 erstmals präsentiert wurde. Im Zuge dessen stellte Yoshinori Ono von Capcom, bekannt als Produzent der "Street Fighter"-Spiele, nicht nur die neue Engine Panta Rhei vor, sondern auch jenes Deep Down. Und das beeindruckte vor allem mit seiner für damalige Verhältnisse phänomenalen Grafik.
Aber auch die Prämisse weckte Interesse: Die Geschichte sollte im New York des Jahres 2094 angesiedelt sein. Die gezeigten Szenen präsentierten allerdings eine mittelalterliche Welt mitsamt Drachen. Der Clou: Der eigene Spielcharakter sollte Mitglied einer Gruppe von Leuten sein, die per Berührung alter Artefakte in historische Erinnerungen eintauchen (müsst ihr auch gerade an Assassin's Creed denken?). Spielerisch war Deep Down als Dungeon-Crawler angelegt, den ihr allein oder im Koop gezockt hättet.
Auf der Tokyo Game Show 2013 gab Capcom bekannt, dass Deep Down ein Free-to-Play-Spiel sein sollte, der Release war für 2014 geplant. Daraus wurde nichts, wie wir heute wissen. Seit Jahren ist es nun still um Deep Down, vergangenes Jahr verlängerte Capcom jedoch das Markenzeichen.
Ein Ausflug in die Wildnis, der warten muss
Ähnlich geheimnisvoll ist WiLD von Michael Ancel, dem Schöpfer von Rayman. 2014 kündigte dessen Entwicklerstudio Wild Sheep den Open-World-Titel an, der mit einer Spielwelt vom Ausmaß eines ganzen Kontinents, einem dynamischen Wetter samt Jahreszeitenwechsel und der Möglichkeit, als jedes Tier, das in der Welt lebt, spielen zu können, sehr ambitioniert wirkte. Doch WiLD verschwand sehr schnell in der Versenkung. 2015 gab es nochmal einen Trailer, seitdem ist der Titel von der Bildfläche verschwunden, ohne jemals offiziell eingestellt worden zu sein.
2017 bestätigte Ancel sogar noch, dass WiLD nach wie vor in Arbeit sei, indem er ein Bild von dem Spiel veröffentlichte. Dieses Jahr beantragte Publisher Sony ein neues Markenzeichen in den USA. Allerdings dürfte mittlerweile auch feststehen, dass Michael Ancel nicht mehr viel mit dem Spiel zu tun haben kann. Schließlich ist er voll in die Entwicklung von Beyond Good and Evil 2 involviert, dessen Release auch noch in weiter Ferne zu sein scheint (darauf kommen wir auch noch zu sprechen). Was genau mit WiLD passiert, ob es jemals erscheinen wird, wissen derzeit nur die Verantwortlichen. Vielleicht wird es ein Wiedersehen als PS5-Exklusivtitel geben?
Zombiespiel will nicht sterben
Deutlich brutaler als bei WiLD geht es bei Dead Island zu. Mittlerweile sind der erste Teil und das Spin-off Riptide in Deutschland nicht mehr indiziert, sodass sie sich jeder ganz normal im Laden oder in den digitalen Shops kaufen kann, um die Wartezeit auf Teil 2 zu verkürzen. Da gibt es nur ein Problem: Die Warterei auf Dead Island 2 dauert schon fünf Jahre lang an und ein Release ist noch längst nicht in Sicht.
Ursprünglich sollte Dead Island 2 wie der Vorgänger von Techland entwickelt werden. Doch scheinbar kam es zu Differenzen zwischen den Polen und Publisher Deep Silver. Techland widmete sich daraufhin einem anderen Zombiespiel, das hierzulande immer noch indiziert ist, sehr viele Gemeinsamkeiten mit Dead Island hat und im Prinzip dessen geistiger Nachfolger ist. Deep Silver entschied sich dann dafür, die Entwicklung von Dead Island 2 dem Berliner Studio Yager Development zu überlassen. Auf der E3 2014 erfolgte die Ankündigung mit einem sehr coolen Render-Trailer, der Release war für 2015 geplant.
Tja, und nun sitzen wir hier und es gibt immer noch kein Dead Island 2. Warum? 2015 trennten sich die Wege von Deep Silver und Yager, weil man sich wohl nicht einig geworden sei bezüglich der Vision für das Spiel. 2016 gab der Publisher bekannt, dass die Briten von Sumo Digital Dead Island 2 übernommen haben. Zu sehen gab es davon aber nichts mehr. 2017 und 2018 folgte nur noch jeweils eine Meldung seitens Deep Silver, dass der Titel nach wie vor in Arbeit sei. Jüngst vermeldete THQ Nordic, seit 2018 Mutterfirma von Koch Media, wozu wiederum Deep Silver gehört, dass Dambuster Studios die Entwicklung von Dead Island 2 übernommen hat. Das ist das Team, das aus den ehemaligen Mitarbeitern von Crytek UK, ehemals Free Radical Design (die Macher von TimeSplitters), besteht und Homefront: The Revolution entwickelt hat. Letztgenannter Shooter war leider nicht sonderlich gut, hoffen wir also mal das Beste für Dead Island 2. Allerdings gibt es 2020 guten Ersatz, denn dann erscheint Techlands Dying Light 2.
Vom totgeglaubten Spiel zum Ambitionsmonster
Zum Abschluss widmen wir uns noch einem Spiel, das seit Jahren in Entwicklung ist und eventuell noch Jahre bis zur Fertigstellung benötigt. Und nein, wir meinen nicht Star Citizen, bei dem man darüber streiten kann, ob es in der Entwicklungshölle steckt oder es einfach nur natürlich ist, dass bei so großen Ambitionen die Entwicklung so lange dauert. Es geht um Beyond Good and Evil 2. Den ersten Teaser-Trailer dazu gab es schon 2008. Damals schien es, als würde der Titel eine klassische Fortsetzung werden, in der ihr wieder in die Haut von Heldin Jade schlüpft. Ein Jahr später folgte dann ein geleaktes Video, in dem die Dame durch eine Stadt rennt, die Kamera schaut ihr dabei über die Schulter.
Danach herrschte jahrelang Funkstille, kaum jemand glaube irgendwann noch daran, dass Beyond Good and Evil 2 jemals erscheinen würde. Schließlich war der erste Teil ein kommerzieller Misserfolg und Michel Ancel zwischendurch mit den Arbeiten an Rayman Origins und Legends beschäfigt. Als WiLD 2014 angekündigt wurden, schwanden die Hoffnungen der Fans umso mehr.
2016 folgte dann endlich die Erlösung: Auf der E3-Pressekonferenz von Ubisoft wurde das neue Beyond Good and Evil 2 enthüllt. Das wirkt extremst ambitioniert, soll es doch ein komplettes Sonnensystem mit Planeten simulieren, die realistische Größen haben sollen. Ihr sollt dabei nicht nur die Oberflächen der Himmelskörper erkunden, sondern auch wie in No Man's Sky oder Star Citizen nahtlos mit einem Raumschiff ins All fliegen und auf anderen Planeten landen können.
Beyond Good and Evil 2 ist zudem als Online-Spiel ausgelegt. Ihr könnt zwar solo spielen, die Spielwelt ist aber eine der sogenannten "Shared Worlds", ihr teilt sie euch also mit anderen und könnt auch mit denen Koop-Missionen absolvieren. Die Handlung spielt dabei vor den Ereignissen des ersten Teils. Wann der Titel erscheinen soll, ist völlig unklar, es dürfte aber gesichert sein, dass er uns erst in der nächsten Konsolengeneration beehren wird.
Wir hätten noch so viele andere Beispiele aufzählen können. Es gibt etliche Spiele, die eine schwierige und lange Entwicklung durchgemacht haben oder niemals erschienen sind. Welche fallen euch ein?