F1 2019 erweist sich im Test als richtig gute Formel-1-Simulation und doch stellt sich die Frage: Wer braucht es?
F1 2019 im Test: Sehr gute Routine
Codemasters ist sehr fleißig. Anfang des Jahres servierten die Briten allen Rallye-Fans DiRT Rally 2.0, im September gibt es endlich wieder ein neues GRID und seit Ende Juni steht F1 2019 in den Händlerregalen. Zuletzt ließ sich die Reihe immer erst im August mit einem neuen Ableger blicken. Die reale Formel 1 war da stets längst in vollem Gange. Zwar hat es Codemasters auch diesmal nicht geschafft, zum Saisonstart die virtuellen Reifen zum Qualmen zu bringen (der erfolgte im März), aber immerhin dürft ihr noch vor Ablauf der ersten Hälfte der aktuellen Weltmeisterschaft selbst in die superschnellen Boliden einsteigen. Ob sich das jedoch lohnt? F1 2018 ist schließlich nach wie vor ein tolles Rennspiel und deutlich günstiger.
Klein anfangen
Die größte Neuerung von F1 2019 ist die Einführung der Formel 2. Ihr dürft also nicht mehr nur in der Champions League des Motorsports Gas geben, sondern auch die etwas weniger bepackten Wagen der darunterliegenden Klasse ausführen – und das Ganze ist sogar in den Karrieremodus integriert. Ihr startet also nicht direkt in der Formel 1 durch, sondern müsst euch erst mal in der zweiten Liga beweisen.
Dabei präsentiert euch F1 2019 sogar Zwischensequenzen aus der Ego-Perspektive, in denen zum einen euer Teamkollege Lukas Weber als auch euer ärgster Rivale Devon Butler zu euch sprechen. Die Dialoge sind zwar so flach, dass sie auch aus einer schlechten Seifenoper stammen könnten und in Sachen Gesichtsanimationen sind wir heutzutage wesentlich Besseres gewohnt, trotzdem müssen wir Codemasters Respekt zollen.
Gerade die Rennspiele, die mehr in Richtung Simulation ausschlagen, tun sich schwer, wenn es um die Präsentation geht. Bei der F1-Reihe gibt sich Codemasters mehr Mühe. Vor jedem Rennen gibt es ein nettes Intro, das in der deutschen Version von Heiko Wasser (bekannt von RTL) und Stefan Römer kommentiert wird. Dass die beiden ihre Sätze nur ablesen, ist in etwa so deutlich zu erkennen wie ein Flamingo vor einer schwarzen Wand. Aber das ist immer noch zehnmal besser, als vom Menü direkt auf die Rennstrecke und damit ins Gameplay zu springen. Außerdem gibt es animierte Siegerehrungen, die ebenso zur guten Atmosphäre beitragen.
Der Weg in die Königsklasse ist…kürzer als gedacht
So nett der Einstieg als Formel-2-Fahrer in der Karriere auch ist, so kurz ist das Vergnügen. Nach drei Events, von denen auch nur eines ein komplettes Rennen ist (das aber kürzer ausfällt als die Wettkämpfe in der Formel 1), erfolgt bereits der Aufstieg. Ab dann ist der Karrieremodus das gewohnte Paket aus den vergangenen Jahren. Ihr sucht euch eines der aktuellen F1-Teams aus und fahrt einen Grand Prix nach dem anderen, mehrere Saisons lang.
Der "Story"-Aspekt, der im F2-Prolog zum Tragen kommt, verfliegt danach mehr oder weniger komplett. Zwar steigen Lukas Weber und Devon Butler auch mit in die Formel 1 auf, solche Zwischensequenzen wie in der ersten Stunde gibt es aber nicht mehr. Hier lässt F1 2019 viel Potenzial liegen und es bleibt nur die Hoffnung, dass Codemasters in den kommenden Jahren darauf aufbaut – und damit wieder ein bisschen zu dem zurückkehrt, was das Studio vor 16 Jahren mit DTM Race Driver gemacht hat.
Aber versteht uns nicht falsch: Nur weil die Entwickler insgesamt eben doch wenig am Gerüst der Karriere verändert haben, heißt das nicht, dass er sich nicht lohnt. Ganz im Gegenteil: Nach wie vor ist F1 die Rennsimulationsreihe mit dem besten Karrieremodus. Das liegt nicht nur an den Rennen, in denen ihr gegen wirklich gute KI-Gegner antretet, mit denen ihr euch spannende Zweikämpfe auf der Strecke liefert und die auch mal Fehler machen. In F1 2019 motiviert es wieder enorm, Ressourcenpunkte zu sammeln und damit Upgrades für den eigenen Wagen im umfangreichen Forschungsbaum freizuschalten. Die Trainingsprogramme, die ihr dafür absolviert, sind ein guter Grund dafür, die Trainingssessions komplett auszunutzen, statt nur so viele Runden zu drehen, bis ihr die jeweilige Strecke beherrscht.
Reichhaltiges Angebot
Neben der Karriere bietet F1 2019 ein abwechslungsreiches Angebot an weiteren Modi. Ihr könnt etwa einzelne Meisterschaften oder auch nur Rennwochenenden absolvieren. Hier ist es dann auch möglich, eine komplette Formel-2-Saison zu fahren, wenn auch derzeit nur mit den Daten der Saison 2018. Die 2019er-Meisterschaft will Codemasters aber alsbald per kostenlosem Update nachreichen.
Fahrspaß für jeden Spielertyp
F1 2019 ist nicht nur umfangreich, sondern spielt sich auch super. Die Fahrphysik schafft wieder mal die perfekte Balance aus Zugänglichkeit und Realismus. Einsteiger beziehungsweise Gelegenheitsfahrer aktivieren die diversen Fahrhilfen und haben genau so ihren Spaß wie die Enthusiasten, die mit Lenkrad und ohne virtuelle Stützräder über die Pisten heizen wollen.
Das Wagenverhalten bleibt stets nachvollziehbar. Ihr merkt es schon rechtzeitig, wenn eure Karre übersteuert und ihr gegenlenken müsst – auch mit dem Gamepad. Das ist übrigens auch auf dem PC Grundvoraussetzung, um F1 2019 genießen zu können. Ihr könnt zwar auch mit der Tastatur spielen, aber Rennspieler wissen: Sobald der Grad an Realismus den von Need for Speed und Mario Kart übersteigt, ist das klassische PC-Eingabegerät nicht mehr zu empfehlen.
Hübsche Reise um die Welt
Grafisch ist F1 2019 wieder mal ein sehr schöner Titel. Die 21 Rennstrecken der Formel 1 sind sehr detailgetreu umgesetzt und erstrahlen dank optimierter Beleuchtungseffekte in einem noch besseren Licht als im Vorgänger. Gerade die Nachtrennen machen im Jahr 2019 einiges mehr her. Das Highlight sind aber wieder mal die Regenrennen. Das dynamische Wetter in F1 2019 ist fantastisch umgesetzt. Wenn es aus allen Rohren gießt, sieht das richtig klasse aus und sorgt nicht nur aufgrund der nassen Strecke für eine größere Herausforderung. Die eingeschränkte Sicht trägt ebenso dazu bei, dass Schlechtwetterrennen Nervenkitzel pur sind.
Zu den Kommentatoren haben wir uns bereits geäußert, der Rest der Soundkulisse in F1 2019 ist aber umso mehr eine Erwähnung wert. Denn hier hat Codemasters wieder mal alles richtig gemacht. Die Motorengeräusche klingen so, als ob ihr einer echten Formel-1-Übertragung lauschen würdet. Das Jubeln der Zuschauer, wenn ihr beispielswiese die Zielgerade entlangfahrt, darf natürlich auch nicht fehlen.
Außerdem habt ihr wieder die Möglichkeit, per Sprachsteuerung euren Kollegen Jeff aus der Boxenmannschaft nach Infos zu fragen, etwa zum Zustand eures Wagens, dem Fahrer vor beziehungsweise hinter euch oder dem Wetter. Das klappt wie in den Vorgängern sehr gut und erspart euch das Herumdrücken auf dem Steuerkreuz, während ihr den linken Daumen doch eigentlich stets auf dem Analog-Stick behalten solltet, um Fahrfehler zu vermeiden.
Fazit
F1 2019 ist ein fantastisches Rennspiel und der bislang beste Teil der Reihe. So, damit könnten wir diesen Text eigentlich beenden, aber ganz so einfach können wir es dem jüngsten Spross der Rennspielschmiede Codemasters nicht machen. Denn obwohl mit der Formel 2 und den frischen Multiplayer-Features durchaus coole Neuerungen geboten werden, darf schon die Frage erlaubt sein, ob das ausreicht, um F1 2019 seinem auch schon exzellenten Vorgänger vorzuziehen.
Wenn ihr immer noch viel Spaß mit F1 2018 habt und kein Hardcore-Fan seid, der eh jeden neuen Teil kauft, solltet ihr euch wirklich fragen, ob euch die paar Neuerungen den Vollpreis wert sind. Vielleicht seid ihr gar kein Multiplayer-Fan und enttäuscht, dass die Formel 2 im Karrieremodus nur eine Randrolle spielt? Dann solltet ihr besser beim Vorgänger bleiben. Wer ganz frisch in die Reihe einsteigt oder schon lange kein F1 mehr angerührt hat, sollte sich die gleiche Frage stellen, denn F1 2018 kostet weniger als die 2019er-Ausgabe. Das alles ändert aber eben doch nichts daran, dass letztere ein tolles Gesamtpaket ist, das an sich mehr als genug Spielspaß fürs Geld bietet.
- Tolles Fahrgefühl
- Sehr guter Karrieremodus
- Alle Originalstrecken, -autos und -fahrer
- Hübsche Grafik
- Ordentlich präsentiert
- Sehr guter Multiplayer
- Formel 2 in der Karriere nur als Prolog
- Keine Zwischensequenzen mehr ab Formel 1
- Wenig Fortschritt im Vergleich zum Vorgänger