Doom Eternal ist ein Meisterwerk, aber deshalb muss es nicht gleich jedem Fan gefallen.
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Doom Eternal im Test: Ein Shooter für die Ewigkeit
Bethesda hat einen Hit gebracht – ganz dringend! Der Publisher hat in den vergangenen drei Jahren kein sonderlich glückliches Händchen bewiesen, wenn es um finanziellen Erfolg und hohe Qualität geht. Zumindest konnte man nie beides einhalten. Prey, The Evil Within 2 und Wolfenstein 2: The New Colossus sind gute bis sehr gute Spiele, richtig gut verkauft haben sie sich aber alle nicht. Und darauf folgten mit Fallout 76, Rage 2 und Wolfenstein: Youngblood drei große Enttäuschungen, die vermutlich auch keine gigantisch großen finanziellen Erfolge gewesen sind. Man könnte fast sagen, Bethesda war bis zuletzt in einer Krise, zumindest was das Ansehen bei den Spielern betrifft. Das dreiste "Fallout 1st"-Abo-Modell für Fallout 76 hat ebenfalls seinen Teil dazu beigetragen. Aber vergangenen Freitag ist er erschienen, der Heilsbringer: Doom Eternal.
"Euch schickt der Himmel", sagt Bethesda in unserer Vorstellung zu den Leuten von id Software – was irgendwie witzig ist, wenn wir bedenken, dass ihr in Doom Eternal gegen die Mächte der Hölle in die Schlacht zieht. Mit ihrem neuen Spiel haben die Texaner einen richtigen Knaller gelandet. Warum das neue Doom einer der besten Singleplayer-Shooter aller Zeiten ist, aber nicht jedem Fan des Vorgängers gefallen wird, verraten wir euch in unserem Test.
Das ballert!
Wofür steht Doom? Für a) hochintelligente Gesellschaftskritik oder b) philosophische Gedankengänge über das Sein des Menschen? Antwort: beides falsch. Doom steht natürlich für kompromisslose, blutige und brutal schnelle Action. Im Verlauf der Kampagne von Doom Eternal schickt ihr so viele Dämonen ins Grab, wie ihr gar nicht zählen könnt. Die Höllenbewohner haben nämlich scheinbar nicht mitbekommen, dass gerade Coronakrise ist, Ausgangsbeschränkungen oder gar -sperren gelten und können einfach nicht daheim bleiben. Also müsst ihr es ihnen eben auf die harte Tour beibringen, dass sie auf der Erde nichts verloren haben.
Das Wichtigste für ein Doom ist ein gutes Gunplay. Der Serien-Reboot von 2016 hat diesbezüglich schon total abgeliefert und mit Eternal legt id Software nochmal eine Schippe drauf. Es gibt nur wenige Shooter, die ein so befriedigendes Trefferfeedback und flüssiges Gameplay bieten wie das neue Werk des Studios aus Richardson, einem Vorort von Dallas. Jede der an die zehn Waffen fühlt sich fantastisch an, sei es nun die allseits beliebte Super-Shotgun, das schwere Gewehr oder die gute alte BFG. Sie alle geben euch ein Gefühl von Macht. Ihr seid der Doom Slayer, der sich von keiner noch so großen Imp-Horde, keinem noch so dicken Mancubus einschüchtern lässt, und die Wucht, mit der jeder Schuss abgefeuert wird, bringt das wunderbar zur Geltung.
Wenn ihr eure höllischen Gegenspieler trefft, dann spritzt nicht bloß ein bisschen rote Wandfarbe. Doom Eternal hat sich seinen USK-18-Aufkleber regelrecht verdient, mehr noch als der Vorgänger. Denn nicht nur, dass ihr den Feinden Körperteile abtrennen könnt, jeder einzelne Treffer reißt ihnen Fleisch von den Knochen. Das macht die Ballereien unfassbar befriedigend. Dazu tragen auch die aus den Lautsprechern (oder Kopfhörern) krachenden Soundeffekte bei. Jeder Schießprügel klingt so fantastisch, dass man die Lautstärke am liebsten voll aufdrehen möchte. Wohl dem, der irgendwo auf dem Land wohnt und keine direkten Nachbarn hat.
Hirn nicht ausschalten!
Bei all der Action und dem im Vergleich zu Doom (2016) nochmals erhöhten Spieltempo sei aber gesagt, dass Doom Eternal kein hirnloser, stumpfer Shooter ist. Tatsächlich müsst ihr hier sehr viel mehr Hirnschmalz beweisen und aufmerksamer sein als in so gut wie jedem Call of Duty. Denn id Software hat diesmal etwas Neues ausprobiert, anstatt die Spielmechaniken des Vorgängers einfach eins zu eins zu übernehmen, worüber auch niemand gejammert hätte. Die Entwickler sind nicht auf Nummer sicher gegangen, sondern haben sich was getraut: Sie haben aus Doom Eternal einen Puzzle-Shooter gemacht.
Was bedeutet das? Nun, in den Gefechten geht es nicht einfach nur darum, zielsicher zu sein und eine hohe Reaktionsgeschwindigkeit zu beweisen. Denn ihr müsst stets mit vier Ressourcen haushalten: eurer Lebensenergie, Munition, Rüstung und dem Benzin für die Kettensäge. Letztere ist keine normale Waffe mehr, sondern eher eine Art Fähigkeit wie die Glory Kills, die ihr auf Knopfdruck auslöst. Das müsst ihr auch häufig, denn in zwei Hälften zersägte Gegner sind eure Hauptquelle für blaue Bohnen. Und glaubt ja nicht, dass Munition in Doom Eternal in Massen vorhanden ist. Wer nicht stets die entsprechende Anzeige im Blick hat und regelmäßig seine Kettensäge zückt, steht ganz schnell ohne gute Argumente gegen die Dämonenschar da. Denn die Pistole mit unendlich vielen Schüssen gibt es nicht mehr. Sind alle Kanonen leer geballert, bleibt euch nur noch der Nahkampf und davon lassen sich eure Widersacher nicht beeindrucken.
Doch einfach jedem Gegner mit der Säge den letzten Rest zu geben, wäre selbst dann nicht klug, wenn ihr unendlich viel Treibstoff zur Verfügung hättet. Denn genauso wichtig ist es, eure Gesundheitsleiste regelmäßig aufzufrischen. Und ja, in den Levels sind hier und da Medipacks und Heiltränke zu finden (genauso wie Munition, Rüstung und Benzin), aber die sind im Prinzip als letztes Hilfsmittel in besonders engen Situationen gedacht. Viel wichtiger ist es, Gegner so lange unter Beschuss zu nehmen, bis sie aufleuchten und ihr ihnen mit einem Glory Kill den finalen Todesstoß verpassen könnt, um so Lebensenergie zurückzugewinnen.
Da ihr euch bei jedem Feind entscheiden müsst, ob ihr euch von ihm nun Gesundheitspunkte besorgen wollt oder wie bei einer Piñata Munitionsbündel aus ihm springen sollen, gilt es stets abzuwägen, was ihr gerade dringender benötigt. Dazu kommt noch, häufig den auf eurem Anzug montierten Flammenwerfer einzusetzen und Feinde damit ein wenig zu flambieren. Dann spucken sie für jeden eurer Treffer Rüstung aus.
Die Fangemeinde wird gespalten
Wenn das alles für euch nach zu viel Anstrengung fürs Hirn in Relation zu dem, was ihr euch eigentlich von einem Doom erwartet, erscheint, dann werdet ihr womöglich euer ganz persönliches Problem mit Doom Eternal haben. So unkompliziert wie der 2016er-Reboot ist das Spiel nicht mehr und das gefällt garantiert nicht jedem Fan. Dabei sei aber auch gesagt, dass wir id Software keinerlei Vorwurf machen können. Handwerklich hat das Studio ganze Arbeit geleistet. Die Änderungen fügen sich gut ein, jeder Kampf ist fordernd (selbst auf den niedrigeren Schwierigkeitsgraden) und spielt sich fantastisch.
Die erweiterten Bewegungsoptionen tragen ihren Teil dazu bei. Die Doppelsprungfähigkeit erhaltet ihr in Doom Eternal schon ganz zu Beginn und ihr dürft diesmal dashen – in jede Richtung wohlgemerkt. Beides ist enorm wichtig in den Auseinandersetzungen mit den Dämonen, um gegnerischem Beschuss auszuweichen. Die Arenen unterstützen die hohe Mobilität mit Sprung-Pads und Haltestangen, die euch dabei helfen, länger in der Luft zu bleiben. Zudem sind sie teilweise ziemlich weitläufig. In engen Korridoren kämpft ihr in Doom Eternal eher selten – was uns zum Leveldesign führt.
Leveldesign par excellence
Das fantastische Gameplay ist nicht der einzige Star von Doom Eternal. Bei der Gestaltung der Kampagne haben sich die Entwickler genauso viel Mühe gegeben. Die präsentiert sich nochmal deutlich abwechslungsreicher als im Vorgänger, was unter anderem an den im Vorfeld skeptisch beäugten Sprung- und Kletterpassagen liegt. Ihr müsst nicht sporadisch mal von A nach B hüpfen, und euch an Kletterwänden entlanghangeln, solche Parcours sind fester Bestandteil jedes Levels. Auch das schmeckt sicherlich nicht jedem Doom-Fan, es ändert aber nichts daran, dass die Geschicklichkeitseinlagen sehr gut funktionieren. Die Entwickler haben es geschafft, die Steuerung so gut umzusetzen, dass wir eine Third-Person-Ansicht gar nicht vermissen – außer vielleicht in den Momenten, wo wir an einer Wand hängen und nicht auf den ersten Blick erkennen, wo es weitergeht. Aber das ist Jammern auf sehr hohem Niveau.
Selbst wenn wir den Jump-and-Run-Aspekt ausklammern würden, bliebe immer noch ein vielfältiges Leveldesign übrig. Kämpfe stellen euch immer wieder vor neue Herausforderungen und auch die Aufgabenstellungen sowie das optische Design der Umgebungen ist variantenreich. Dazu kommt, dass die Erkundung wie im Vorgänger eine wichtige Rolle spielt. Die Levels in Doom Eternal sind keine engen Schläuche, sondern verzweigte Netze mit Alternativrouten, optionalen Bereichen und vielen versteckten Geheimnissen. Die werden zwar auf der Karte markiert, der Spaß liegt aber darin, herauszufinden, wie man zu ihnen hingelangt. Daher unser Tipp: Immer die Augen offenhalten und auch gerne mal nach oben oder unten schauen! Die Vertikale spielt in Doom Eternal eine genauso wichtige Rolle wie die Horizontale.
Progression, so weit das Auge reicht
Die Kampagne unterhält exzellent und lange: Doom Eternal ist für einen Ego-Shooter ohne Open World kein kurzes Spiel. Wer bloß dem Hauptpfad folgt, braucht schon mal mindestens zwölf Stunden. Aber wollt ihr die Levels bis in den hintersten Winkel erkunden, jeden Sammelgegenstand und alle Upgrades haben, seid ihr locker um die 20 Stunden beschäftigt – und da sind die knüppelharten Master Levels, also noch schwierigere Versionen der bekannten Kampagnenkapitel, gar nicht einberechnet. Die Motivation, alles zu erforschen, ist hoch, denn id Software lässt euch immens viele Dinge freischalten: Für jede Schusswaffe gibt es zwei alternative Feuermodi. Dann sammelt ihr Waffenpunkte, mit denen ihr Verbesserungen für sie freischaltet. Außerdem gibt es Prätorenanzugspunkte, um die Klamotte des Doom Slayers zu verbessern.
Obendrein findet ihr Wächterkristalle für mehr Lebensenergie, Rüstung und Munitionskapazität sowie zusätzliche Boni, Runen für noch mehr Vorteile wie schnellere Glory Kills oder mehr Bewegungskontrolle in der Luft (von denen ihr aber nur drei zeitgleich ausrüsten könnt) und Wächterbatterien. Mit letzteren schaltet ihr in der Fortress of Doom, dem neuen Hub-Level, noch weitere Waffen-Mods, Prätorenanzugspunkte und besondere Skins für den Slayer frei. Und als ob das alles noch nicht genug wäre, gibt es auch einen Battle Pass mit kosmetischen Belohnungen. Der ist übrigens völlig kostenlos, Mikrotransaktionen gibt es nicht in Doom Eternal. Aber ein modernes Actionspiel ohne Battle Pass, das geht ja heutzutage nicht mehr.
Alles in allem finden wir es gut, dass es so viel zum Freischalten und Entdecken gibt, jedoch hätten wir es uns gewünscht, wenn das alles etwas komprimierter wäre. Die Boni, die man mit Prätorenanzugspunkten, Runen und Wächterkristallen freischaltet, hätte man sicherlich auch in ein einziges System packen können, eine Art Skill-Baum zum Beispiel. Den Spielspaß hat uns dieses Überangebot an Freischaltmechaniken nicht genommen, aber weniger wäre hier definitiv mehr gewesen.
Das Multiplayer-Dessert
Weniger ist mehr, das muss sich id Software auch bei der Konzeption des Multiplayers von Doom Eternal gedacht haben. Statt wie im Vorgänger auf klassische Arena-Shooter-Action mit mehreren Modi und noch einem Level-Editor zu setzen, gibt es diesmal nur eine Variante: den Battle-Modus. Hier treten gerade mal drei Spieler pro Partie an: Zwei Leute schlüpfen in die Haut von Dämonen, der Dritte ist der Doom Slayer. Beide Parteien müssen die jeweils andere ausschalten. Steuert ihr einen der bekannten Höllenbewohner wie den Mancubus, Revenant oder Marauder (insgesamt sind es sechs spielbare Kreaturen), könnt ihr im Match noch andere der zahlreichen Gegnertypen aus der Kampagne heraufbeschwören, um den Slayer in die Mangel zu nehmen. Zudem verfügen die Dämonen über Spezialfähigkeiten, während der Doom Slayer sich einfach genauso spielt wie im Singleplayer.
Tatsächlich erweist sich der Battle-Modus als launige Action für zwischendurch. Die Partien sind sehr kurz (wer zuerst drei Runden gewinnt, siegt), das Konzept hat man dank gutem Tutorial schnell verstanden und das Gameplay selbst ähnelt – zumindest aus der Perspektive des Slayer-Spielers – sehr den Arenagefechten der Kampagne. Allerdings lässt der Umfang hier zu wünschen übrig. Es gibt gerade mal sechs Maps und eben nur eine Spielvariante. Da geht dem Multiplayer leider nach wenigen Stunden die Luft aus. Als Zusatz zur XXL-Ladung an Einzelspielerinhalten, die ganz klar das Herzstück von Doom Eternal sind, ist der Battle-Modus aber begrüßenswert.
Schick, schnell und laut
Doom Eternal ist in vielerlei Hinsicht eine Meisterleistung und das gilt auch für die Technik. Auf unserem Rechner (i7 7700K, 16 Gigabyte Arbeitsspeicher, GeForce RTX 2070 Super) läuft das Spiel bei 1080p-Auflösung in maximalen Details nicht einfach nur flüssig, sondern ultra-flüssig. Wir konnten durchgehend FPS im dreistelligen Bereich (200+) verzeichnen. Es ist absolut bemerkenswert, wie performant das Spiel ist und wie gut es dabei aussieht. Knackscharfe Texturen, detaillierte Charaktermodelle, sehr flüssig animierte Dämonen, tolle Licht- und Partikeleffekte – all das macht Doom Eternal zu einem wahren Hingucker.
Die Akustik ist auf ähnlich hohem Niveau. Über die sehr guten Waffensounds haben wir uns weiter oben schon positiv ausgelassen, aber die sind ja nur die halbe Miete. Doom Eternal hat wie sein Vorgänger einen grandiosen Soundtrack, der mit seinen harten Gitarrenklängen perfekt zur brutalen Action auf dem Bildschirm passt. Beides in Verbindung kreiert eine Symphonie des Martialischen. Obendrein ist die deutsche Sprachausgabe gut gelungen – nicht brillant, aber solide ohne große Ausreißer nach unten.
"Story? Doom hat eine Story?"
Gut, kommen wir dann mal zum Fazi...äh, Moment! Wir haben das Gefühl, irgendwas vergessen zu haben. Ach ja, die Geschichte! Ob ihr es glaubt oder nicht, aber Doom Eternal will euch auch eine Story erzählen. Dabei stellt sich im Prinzip nur die Frage, ob ihr der lauschen wollt oder nicht. Falls ja, solltet ihr euch darauf einstellen, viele Kodexeinträge zu lesen. Ansonsten bleibt die Handlung sehr oberflächlich. Die Mächte der Hölle sind auf der Erde eingefallen und wollen die Menschheit auslöschen und ihr als Doom Slayer müsst das verhindern.
Man sollte allerdings nicht unterschätzen, wie viel die Lore von Doom zu bieten hat. Jedoch sollten Spieler, denen die Handlung wichtig ist, unbedingt Doom (2016) durchgespielt haben, sonst raffen sie nicht viel. Doom Eternal gibt sich keine Mühe, Neueinsteiger abzuholen. Doch die Frage ist, ob es das braucht? Denn eigentlich ist die Geschichte komplett irrelevant dafür, Spaß mit dem Spiel zu haben. Wer will, überspringt einfach jede Zwischensequenz und hat trotzdem kein schlechteres Spielerlebnis. Denn was hier wirklich zählt, ist am Ende nur, wie sich Doom Eternal spielt.
Fazit
Machen wir es an dieser Stelle kurz: Doom Eternal ist ein grandioser Ego-Shooter. Was id Software hier abliefert, übertrifft den sehr guten Vorgänger nochmal deutlich. Technische Perfektion, handwerkliche Meisterklasse, vielfältiges Leveldesign und großer Umfang – hier kommt alles Gute zusammen. Doom Eternal ist ein Genremeilenstein und wird trotzdem die Fangemeinde spalten. Nicht jeder wird die Geschicklichkeitspassagen und das Puzzle-Element in den Kämpfen begrüßen. Aber wenn ihr euch auf beides einlasst, erlebt ihr eine der besten Singleplayer-Erfahrungen im Shooter-Genre.
- Brillantes Gameplay
- Abwechslungsreiches Leveldesign
- Tolle Optik, sehr performant
- Spitzen-Soundtrack
- Wuchtige Waffensounds
- Fordernd, aber stets fair
- Umfangreiche Kampagne
- Viel zum Freischalten,...
- ...Progression könnte aber kompakter sein
- Multiplayer geht schnell die Puste aus