Nach der schwachen BlizzCon im vergangenen Jahr hat Blizzard diesmal richtig Gas gegeben - gut so!
BlizzCon 2019 war ganz geil dank Diablo 4 und Overwatch 2
Die vergangenen Wochen waren für Blizzard nicht unbedingt die angenehmsten. Nach der Kontroverse rund um die Suspendierung des professionellen Hearthstone-Spielers Ng "Blitzchung" Wai Chung, weil der in einem Livestream der Asia Pacific Grandmasters seine Solidarität mit der Protestbewegung in Hongkong kundtat, entfesselte sich ein Shitstorm im Netz gegen den Entwickler – und das so kurz vor der BlizzCon, der hauseigenen Messe. Einen noch ungünstigeren Zeitpunkt hätte es dafür wohl kaum geben können. Das erste Thema, das bei der Eröffnungszeremonie am vergangenen Freitag angesprochen wurde, war daher nicht Diablo 4 oder Overwatch 2. Firmenchef J. Allen Brack kam auf die Bühne und entschuldigte sich dafür, falsch mit der Situation umgegangen zu sein.
So richtig zufriedenstellend war das jedoch nicht. Denn die Strafen für Blitzchung und die beiden Caster, die während des besagten Livestreams ihre Zustimmung zu den Worten des e-Sportlers dadurch äußerten, dass sie sich unter dem Tisch versteckten, wurden nicht zurückgenommen. Alle drei sind nach wie vor für insgesamt sechs Monate von allen offiziellen Blizzard-Turnieren gesperrt – und das sind schon abgemilderte Varianten der Strafen, denn ursprünglich sollten die Kommentatoren gefeuert und Blitzchung für ein ganzes Jahr gesperrt werden. Zusätzlich wurde ihm anfangs sein Preisgeld aberkannt.
Wenige Überraschungen, aber das ist ja nichts Schlechtes
Es war alles in allem ein schlechter Start für die BlizzCon 2019. Sollte die Messe ein ähnliches Desaster werden wie die Vorjahresausgabe? Nun, einige Tage später, können wir mit voller Überzeugung schreiben: Nein, die BlizzCon war zumindest in Bezug auf Spiele ein voller Erfolg – und das musste sie auch werden. Ein weiteres Jahr ohne dicke Neuankündigungen, vor allem ohne ein Diablo 4, konnte sich Blizzard schlichtweg nicht leisten, um nicht erneut zum Gespött des Internets zu werden.
Zugegeben, große Überraschungen gab es nicht. Das liegt daran, dass im Vorfeld wahnsinnig viel im Netz geleakt wurde, vor allem zu den zwei komplett neuen Spielen, die Blizzard angekündigt hat. Wir selbst haben vor der BlizzCon darüber berichtet, dass die Werbung für ein Buch von Panini mit Artworks aus allen Diablo-Spielen den vierten Teil geleakt hat und auch Infos zu Overwatch 2 ans Tageslicht kamen – die sich allesamt bestätigt haben.
Weg mit der Farbenpracht in Sanktuario!
Aber fangen wir dem wichtigsten Thema an: Diablo Immo… Oh, ähem, Verzeihung, natürlich meinen wir Diablo 4. Endlich ist es offiziell, dass Blizzard seit Jahren an dem Nachfolger zum umstrittenen dritten Teil der Reihe arbeitet. Die Ankündigung begann mit einem sehr schicken Render-Trailer, der die Rückkehr von Lilith, Tochter von Mephisto und Erschafferin der Menschheit, offenbart. Das Video liefert aber nicht nur diesen wichtigen Hinweis darauf, worum sich die Geschichte von Diablo 4 dreht, sondern macht auch eine Sache deutlich: Es wird wieder düster – richtig düster.
Blizzard beließ es nicht bei dem einen Trailer, sondern zeigte noch während der Eröffnungszeremonie der BlizzCon erste Gameplay-Szenen, bevor später am selben Abend ein Panel zu Diablo 4 stattfand, das weitaus mehr Bildmaterial und Infos zum Action-Rollenspiel lieferte. Und was wir da gesehen haben, hat uns durchaus begeistert (wenn auch nicht zu 100 Prozent). Nicht nur, dass Sanktuario endlich wieder richtig schön finster und bedrohlich wirkt, zum ersten Mal in der Geschichte der Reihe werdet ihr die Welt frei erkunden können.
Große Welt, geteilte Welt
Diablo 4 bietet eine Open World. Die gesamte Oberwelt ist eine zusammenhängende Karte ohne Ladezeiten, bestehend aus fünf unterschiedlichen Regionen. Ihr erkundet unter anderem eine Graslandschaft, eine Wüste und schneebedeckte Berge. Es gibt Haupt- und Nebenquests und allerlei Events am Wegesrand. Unserer Meinung nach ist das eine große Verbesserung gegenüber den Vorgängern, sofern Blizzard die Welt denn auch vernünftig füllt. Es sollte eben auch coole Dinge zum Entdecken geben, damit sich die offenen Areale wirklich bezahlt machen.
Ganz wichtig: Diablo 4 setzt auf eine Shared World. Es ist also ein reines Online-Spiel, bei dem ihr nicht nur in Städten, sondern auch in der Wildnis auf andere Spieler treffen könnt. Wer will, wird sich auch im PvP mit denen messen können. Ja, wir können uns denken, was für Sorgen sich manch einer von euch nun macht, uns geht es da nicht anders.
"Always on" ist immer so eine Sache, sofern es sich nicht um ein richtiges MMO handelt. Es gibt bestimmt viele Leute, die Diablo 4 komplett solo erleben beziehungsweise nur hin und wieder mal mit Freunden im Koop-Modus spielen wollen. Auch die werden dazu gezwungen, stets online zu sein, was nicht direkt von Vorteil ist (solange die Server und die eigene Internetleitung einwandfrei laufen, ist es aber auch nicht unbedingt von Nachteil).
Zerstört es nicht ein wenig die Atmosphäre der trostlosen Welt, wenn ihr ständig anderen Spielern über den Weg lauft? Das wird sich zeigen müssen. Blizzard behauptet aber, dass sich nicht allzu viele Spieler eine Instanz der Welt teilen werden, weshalb ihr eher selten auf jemand anderen treffen sollt.
Kann euch jeder Spieler einfach so jederzeit angreifen? Das könnten sich Trolle zunutze machen. Bislang ist unbekannt, ob ihr euch für das PvP extra bereiterklären müsst und dementsprechend vor feindlichen Spielern geschützt seid, wenn ihr das nicht macht. Fest steht nur, dass der Spieler-gegen-Spieler-Kampf auf bestimmte Gebiete beschränkt sein wird.
Unterwelt dem Zufall überlassen
Ihr werdet in Diablo 4 glücklicherweise nicht immer und überall anderen Spielern begegnen. So sagen die Entwickler zum einen, dass ihr während Story-Quests ungestört seid, zum anderen bezieht sich das Shared-World-Prinzip nur auf die Oberwelt. Das führt uns zu den Dungeons, die in einem Diablo nicht fehlen dürfen. "Hunderte" soll es geben und sie sind genau wie in den Vorgängern zufallsgeneriert, während Blizzard die Oberwelt von Hand baut. In den Höhlen, Kellern, Verließen, alten Tempeln und wo sich sonst noch Monster, Dämonen und andere Schergen des Bösen herumtreiben, seid ihr ebenfalls nur solo oder mit euren Gruppenmitgliedern unterwegs.
Die Struktur der Kampagne fällt in Diablo 4 also ganz anders aus als noch in Teil 3, das Spiel wirkt deutlich düsterer und weniger farbenfroh als der Vorgänger, wird also alles anders? Nein, nicht ganz! Zum einen behält Teil 4 die größte Stärke von Diablo 3 bei: Die Kämpfe wirken einfach sehr wuchtig. In keinem anderen Hack and Slay macht es so viel Spaß, Gegner zu schnetzeln wie in Diablo 3, weil die Animationen und Soundeffekte ein tolles Trefferfeedback erzeugen. Und ausgehend von dem, was Blizzard bislang aus dem Nachfolger gezeigt hat, macht die Serie hierbei nochmal einen weiteren Schritt nach vorne. Die Kämpfe sehen wieder nach großem Spaß aus, der schicken Effekte sei Dank. Es spritzt ordentlich Blut, Körperteile fliegen durch die Gegend – genau so muss das!
Knackpunkt Skill-System?
Nun haben sich viele Fans bei Diablo 3 nicht nur an der bunten Optik, sondern auch an der stark zurückgefahrenen Komplexität, was das Charakter- und Skill-System betrifft, gestört. Die gute Nachricht ist: In Diablo 4 gibt es wieder Talentbäume für jede Klasse. Die schlechte: Die enthalten nur passive Boni. Aktive Fähigkeiten schaltet ihr allesamt durch Levelaufstiege frei, hier entgeht euch nichts. Uns wäre eine komplette Rückkehr zum System aus Diablo 2 lieber gewesen. Nichtsdestotrotz dürfte Teil 4 mehr Individualität bei der Charaktergestaltung bieten als der direkte Vorgänger. Und wer weiß: Laut Blizzard dauere die Entwicklung ja noch ziemlich lange. Vielleicht ändert sich hier ja noch einiges zum Guten, wenn die Fans deutlich machen, dass sie mehr Komplexität wollen – und die Entwickler auf dieses Feedback auch tatsächlich hören.
Am Ende des Tages wird der Fokus aber eh wieder auf den Items liegen, an denen es in Diablo 4 nicht mangeln dürfte. Es soll hunderte legendäre Gegenstände mit einzigartigen Effekten geben. Zudem kehren die Runenwörter aus Diablo 2 zurück, die euch noch mehr Anpassungsmöglichkeiten gewähren. Darüber hinaus gibt es passend zur großen Spielwelt erstmals Reittiere, mit denen ihr nicht nur schneller von A nach B gelangt. Sie spielen auch in den Kämpfen eine Rolle.
Zu guter Letzt wollen wir natürlich nicht die drei Klassen, die Blizzard bereits angekündigt hat, außenvorlassen: Barbar, Zauberin und Druide geben sich in Diablo 4 die Ehre. Gerade die Rückkehr von letzterem hat die Fans auf der BlizzCon sehr gefreut. Der Naturmagier ist ja auch verdammt cool, kann er sich doch selbst in einen Werwolf und -bären verwandeln. Insgesamt wird es in Diablo 4 fünf Klassen geben, zwei sind also derzeit noch unbekannt. Drücken wir mal die Daumen, dass der Nekromant einer von ihnen ist.
Overwatch 2 - Ein Nachfolger, aber kein Ersatz
Diablo 4 ist ohne jeden Zweifel das größte Thema der BlizzCon 2019 gewesen. Aber es gab ja noch wesentlich mehr, zum Beispiel Overwatch 2. Tatsächlich werkelt Blizzard an einem vollwertigen Nachfolger zu dem erfolgreichen Ego-Shooter. Aber der Konzern ist clever und gibt den e-Sports-Hit, der ihm dank Lootboxen dauerhaft Geld in die Kassen spült, nicht auf. Tatsächlich enthält Teil 2 alle Multiplayer-Karten und Helden aus Teil 1 und umgekehrt kriegen Spieler von Overwatch Zugriff auf sämtliche neuen Maps sowie Charaktere aus der Fortsetzung. Beide Spiele werden also parallel existieren und im PvP inhaltlich identisch sowie komplett kompatibel zueinander sein. Es ist also egal, welchen Teil ihr besitzt und welchen eure Freunde, ihr könnt definitiv zusammenspielen.
"Warum soll ich mir denn dann Overwatch 2 kaufen?" Berechtigte Frage, die wir sogleich beantworten: Overwatch 2 bietet zum einen eine bessere Grafik und neue Looks für die altbekannten Helden. Viel wichtiger sind aber die neuen PvE-Inhalte. Blizzard hat einerseits eine komplette Story-Kampagne angekündigt, die sich um die Rückkehr von Overwatch, der namensgebenden Heldenvereinigung, dreht. Winston, Tracer und Co müssen sich wieder vereinen, um einer großen Bedrohung Herr zu werden.
Wiederspielbarkeit großgeschrieben
Zusätzlich zu den Story-Aufträgen erwarten euch die sogenannten Heldenmissionen, die auf große Wiederspielbarkeit ausgerichtet sind. Hier könnt ihr jeden Charakter spielen, aufleveln und so Modifikationen für dessen Fähigkeiten freischalten, die natürlich nur im PvE zum Tragen kommen. Sowohl die Story- als auch Heldenmissionen sind im Koop spielbar.
Im Vorfeld, als die ersten Gerüchte zu Overwatch 2 aufkamen, waren wir sehr skeptisch. Da dachten wir uns auch, wozu es denn nun einen zweiten Teil geben muss, wo doch der erste immer noch so beliebt und vor allem spielerisch wie technisch ziemlich zeitlos ist. Aber jetzt, wo wir das Konzept dahinter kennen und wissen, dass Overwatch 1 weiterhin ein wichtiger Titel für Blizzard bleibt und mit neuen Inhalten versorgt wird, blicken wir mit großer Vorfreude auf den Nachfolger.
Blizzard krempelt WoW um
Die BlizzCon hatte auch einiges für die Fans des Warcraft-Universums zu bieten. Warcraft 3: Reforged, das Remaster des dritten Teils der Strategiespielreihe, spielte zwar keine große Rolle auf der Messe (die Beta läuft seit vergangener Woche), dafür kündigte Blizzard die nächste WoW-Erweiterung an. World of Warcraft: Shadowlands öffnet die namensgebenden Schattenlande, das Reich der Toten, für euch. Sylvanas Windläufer hat den Schleier zwischen ihnen und Azeroth durchstoßen. Nun ist das kosmische Gleichgewicht in Gefahr und Horde sowie Allianz müssen etwas dagegen unternehmen.
Neben fünf neuen Zonen voller Quests bietet World of Warcraft: Shadowlands diverse neue Features. So entscheidet ihr euch zu Beginn für einen von vier Pakten. Die Wahl bestimmt, was für Quests ihr auf euren Reisen erfüllt, denn jede Fraktion bietet ihre eigene Kampagne. Zudem beeinflusst sie, welche Fähigkeiten ihr bei Stufenaufstiegen freischaltet.
Des Weiteren hält mit dem Turm der Verdammten ein Rogue-like-artiges Spielerlebnis in WoW Einzug und es gibt eine einschneidende Veränderung: Statt die Maximalstufe von 120 auf 125 oder 130 zu erhöhen, gibt es einen Reset. Wie in WoW Classic levelt ihr demnächst wieder bis Stufe 60. In die Schattenlande dürft ihr dann mit Level 50. Es wird ein neues Startgebiet für frisch erstellte Charaktere geben und ihr könnt frei entscheiden, in welchen Gebieten der riesigen Welt ihr die nötigen Erfahrungspunkte sammeln wollt, um Level 50 zu erreichen. Alles in allem klingt World of Warcraft: Shadowlands sehr interessant und könnte dem MMO, das derzeit im Schatten seiner eigenen Classic-Variante zu stehen scheint, neues Leben einhauchen.
Viele Drachen und ein bisschen Auto Chess
Definitiv das unspektakulärste Thema der diesjährigen BlizzCon ist Hearthstone gewesen. Aber wir wissen ja, wie beliebt das Sammelkartenspiel ist, weswegen wir es an dieser Stelle auf keinen Fall auslassen wollen. Immerhin hat Blizzard mit "Erbe der Drachen" eine neue Erweiterung mit 135 Karten angekündigt. Das zentrale Thema: Drachen (wer hätte das gedacht?). Fast noch spannender ist der neue "Schlachtfeld"-Modus, der von den Auto-Battlern inspiriert ist. Acht Spieler treten gegeneinander an, positionieren Helden und Diener strategisch klug auf dem Schlachtfeld und sehen dann dabei zu, wie der Kampf automatisch abläuft.
Ab dem 12. November ist der neue Modus für alle Hearthstone-Spieler im Rahmen einer Open Beta kostenlos spielbar. Die finale Veröffentlichung erfolgt zeitgleich mit "Erben der Drachen" am 10. Dezember. Tatsächlich sind das die einzigen Release-Termine, die Blizzard auf der BlizzCon bekannt gegeben hat. Diablo 4 und Overwatch 2 scheinen noch in weiter Ferne zu sein und auch im Fall von Warcraft 3: Reforged, WoW: Shadowlands und Diablo Immortal wissen wir nicht konkret, wann sie erscheinen sollen. Es ist aber davon auszugehen, dass alle drei spätestens nächstes Jahr auf den Markt kommen.
Alles in allem war das eine wirklich gute BlizzCon mit spannenden Neuankündigungen. Blizzard hat viel zu Diablo 4 und Overwatch 2 gezeigt – sogar mehr, als wir vorab gedacht hätten. Was wir gesehen haben, gefällt uns sehr. Man hat einfach gemerkt, dass das Unternehmen nach der müden Vorstellung im vergangenen Jahr diesmal unbedingt besser abschneiden wollte. Das ist ihm voll und ganz gelungen. Nur die halbherzige Entschuldigung zu Beginn bildet einen dunklen Fleck auf dem Gesamtbild der Messe.