Eine schöne Idee macht noch kein gutes Spiel. Maneater ist leider der beste Beweis dafür.
Maneater im Test: Kein Hailight
Tripwire Interactive ist für recht blutige Spiele bekannt. Das Studio aus Roswell, Georgia ist hat sich mit den "Killing Floor"-Spielen einen Namen gemacht, in denen mit rotem Lebenssaft und umherfliegenden Körperteilen nicht gegeizt wird. So brutal die Shooter aber auch sind: Da ihr darin gegen dämonische Wesen kämpft und somit die Menschheit verteidigt, wirken sie inhaltlich weniger blutrünstig als Maneater. Denn hier spielt ihr einen Hai, der vor allem eines macht: fressen, am liebsten Menschen. Optisch ist das zwar wesentlich farbenfroher als Killing Floor, die Farbe Rot hat Tripwire Interactive aber ebenso wenig sparsam eingesetzt.
Ja, Maneater ist ganz schön brutal – optisch vielleicht weniger als andere Actionspiele, aber die Entwickler haben es nicht umsonst im Vorfeld als GTA mit einem Hai als Protagonisten bezeichnet. Statt als Gangster einfache Passanten mit einem dicken Arsenal an Schusswaffen über den Haufen zu schießen, schnappt euch ihr nichtsahnende Bootsfahrer oder Schwimmer mit eurem Maul. Die Grundidee klang bei der Ankündigung witzig und daran hat sich nichts geändert. Letzteres galt bis zum Release aber auch für unsere Skepsis, ob das Prinzip über einen längeren Zeitraum hinweg Spielspaß generieren kann. Nun haben wir es gezockt und um es mit den Worten aus "Little Britain" zu sagen: "Computer sagt nein."
Shark King
Doch man soll ja immer mit etwas Positivem anfangen und daran halten wir uns auch. Maneater ist nämlich eigentlich ein enorm sympathisches Spiel. Das liegt vor allem an der Geschichte und deren Inszenierung. Zu Beginn spielt ihr einen weiblichen Bullenhai und fresst euch eifrig durch eine Gruppe Badeurlauber. Das ruft die Haijäger auf den Plan, gegen die ihr euch erst zur Wehr setzt, nur um dann doch noch vom toughesten von allen, Pierre "Scaly Pete" LeBlanc, gefasst zu werden. Er erlegt den Raubfisch und stellt dabei fest, dass in dessen Bauch ein kleines Baby, euer eigentlicher Spielcharakter, steckt. Der Minihai beißt dem Jägersmann den Arm ab und der wirft ihn ins Wasser, nachdem er ihn mit einem Messerstich markiert hat. Von Anfang an ist klar: Beide werden sich wiedersehen und Rache nehmen wollen.
Die Handlung von Maneater ist, zugegeben, sehr dünn, aber was anderes haben wir auch gar nicht erwartet. Wichtig ist, dass sie wunderbar präsentiert ist. Das Spiel inszeniert sich als eine Art Reality-TV-Show. Scaly Pete ist sozusagen so etwas wie der "Tiger King" der Haijäger. Nun spielt ihr aber eben den anfangs kleinen Raubfisch, der im Verlauf des Spiels immer weiter wächst, und nicht seinen Erzfeind. Das Spiel tut jedoch so, als würde ihm die ganze Zeit über ein Kamerateam folgen, denn viele eurer Aktionen werden von einem Off-Sprecher kommentiert. Das sorgt zwar nicht ständig für Knaller-Gags, hat aber einen gewissen Charme.
Technisch gibt es für uns ebenfalls nichts zu meckern. Die PC-Version von Maneater ist zwar kein Grafik-Hit, die detaillierten Umgebungen und die flüssigen Animationen des Hais machen aber trotzdem was her. Gerade die Beleuchtung weiß mit glaubwürdiger Lichtbrechung unter Wasser zu überzeugen. Akustisch macht Maneater eine ähnlich solide Figur. Die deutsche Vertonung ist ordentlich, die Musik stets passend zum Spielgeschehen und wenn ihr ein größeres Tier oder Menschen zerfleischt, geben die Lautsprecher beziehungsweise Kopfhörer richtig saftige Sounds aus. Da bekommt man fast selbst Hunger.
Du bist, was du isst
Fressen ist ein gutes Stichwort, denn ohne regelmäßige Mahlzeiten wird das nichts mit dem Wachstum des Flossenträgers. Wie Mama früher immer gesagt hat: "Iss was, Junge, damit du groß und stark wirst!" Der Hai beherzigt das voll und ganz und futtert auf Knopfdruck alles weg, was sich nicht bei drei unter einem Felsen oder zwischen Anemonen verkrochen hat. Dafür regnet es Erfahrungspunkte, die euch im Level aufsteigen lassen.
Worauf ihr aber eigentlich scharf seid, sind die vier verschiedenen Arten von Nährstoffen: Proteine, Fette, Mineralien und seltene Mutagene. Die sind nötig, um eure Fähigkeiten zu verbessern, die ihr nach und nach freischaltet, indem ihr einzigartige Jäger auffresst. Das Wort "Jäger" meinen wir hierbei doppeldeutig. Es gibt nämlich nicht nur die Menschen, die Jagd auf euch machen, wenn ihr zu viele Schwimmer und Strandbesucher verputzt habt (hier kommt tatsächlich ein GTA-artiges Fahndungssystem zum Einsatz), sondern auch Apex-Jäger in der Unterwassertierwelt, zum Beispiel einen gewaltigen Alligator. Jeder dieser Bossgegner liefert euch ein bestimmtes Upgrade. Verschlingt ihr etwa Bayou Willy, erhaltet ihr bioelektrische Zähne, sodass eure Bisse Opfer kurzzeitig betäuben – sehr praktisch!
Der Hai verändert sich im Spielverlauf sehr stark. Er wird nicht nur größer, sondern macht eben auch noch mehr solcher körperlicher Veränderungen durch. Mit Realismus hat das alles nichts zu tun, aber das ist auch gut so. Maneater übertreibt maßlos und das trägt zu seinem Charme bei. Außerdem sind die Upgrades ein motivierender Faktor – zumindest wären sie es in einem anderen Spiel, dass ein besseres Gameplay bietet.
Kampf gegen's Futter und die Kamera
Das große Aber ist letztendlich die Spielmechanik. Maneater leistet sich in diesem Bereich so riesige Patzer, dass die nette Prämisse und Präsentation diese Mängel nicht aufwiegen können. Da wäre zum einen das, was ihr eben in jeder Minute des Spiels macht: Ihr fresst. Unter Wasser gibt es etliche Tiere, die sich nicht wehren. Ihr schwimmt auf sie zu, drückt die Angriffstaste je nach Größe des Opfers ein- oder mehrmals und schon wächst euer Erfahrungspunktebalken an. Die spielerische Herausforderung hierbei ist gleich null.
Immerhin, und das hatten wir vorab nicht erwartet, gibt es auch mehr als genug Lebewesen, die an euch genauso gerne knabbern wollen wie ihr an ihnen. Barrakudas und Alligatoren greifen euch bei Sichtkontakt sofort an. Wir finden es gut, dass wir auch jenseits der Welt der Menschen häufig in Kämpfe verwickelt werden. Spaß machen die aber nicht wirklich, dafür mangelt es ihnen an Tiefgang und Übersicht. Ihr erlernt zwar im Verlauf des Spiels aktive Fähigkeiten wie etwa den Schwanzflossenschlag, letztendlich arten die Duelle aber immer in wildes Tastenhämmern aus.
Und dann wäre da noch das Problem, dass es keine Lock-on-Funktion gibt. Das führt dazu, dass ihr ständig die Kamera nachjustieren müsst, damit euer Ziel wieder im Bild ist. Richtig nervig wird es aber erst, wenn ein Kampf nahe der Wasseroberfläche stattfindet. Erreicht ihr die, schaltet Maneater automatisch in einen Modus, in dem eure Rückenflosse aus dem kühlen Nass schaut und ihr nur per Knopfdruck wieder komplett untertaucht. Mitten in Kämpfen ist das extrem unpraktisch.
Auseinandersetzungen mit Haijägern sind übrigens nicht viel besser. Hier kommt zwar hinzu, dass ihr im richtigen Moment Harpunen ausweichen müsst und sowohl im Sprung aus dem Wasser Feinde schnappen als auch mit Rammattacken deren Boote zerstören könnt, aber zu einem spielerischen Hochgenuss wird die Action dadurch auch nicht.
Mehr Arbeit als Vergnügen
Weitere Gründe für Kritik liefern die Open World und das Missionsdesign. Ja, die acht Gebiete sind optisch sehr abwechslungsreich und auch nett gestaltet. Euer Abenteuer beginnt in einem dreckigen Sumpf, später geht es in ein Feriengebiet und am Ende dürft ihr auch in den Küstenbereich des offenen Meers. Spielerisch haben wir es hier aber mit einer Open World nach Schema F zu tun. Es gibt nichts Spannendes zu entdecken außer ein paar Landmarken, Nährstoffspeichern und Nummernschildern, die als Sammelgegenstände dienen.
Obendrein könnte das Missionsdesign nicht einfallsloser sein. Im Prinzip heißt es immer nur: "Friss zehn hiervon, friss zehn davon, besiege einen bestimmten Gegner". Und nicht einmal dieses simple Design hat Tripwire Interactive fehlerfrei hinbekommen. Wenn es etwa heißt, ihr sollt Zackenbarsche töten, dann sollt ihr auch gefälligst die richtigen Zackenbarsche zerfleischen – die, die euch das Spiel markiert. Fresst ihr Exemplare der gleichen Rasse, die nur ein paar Meter daneben schwimmen und nicht mit einem Marker versehen sind, macht ihr keinen Missionsfortschritt. Was zum Hai?!
Fazit
Wir würden Maneater echt gerne mögen. Die Grundidee, einen Hai in einer offenen Welt zu spielen, der alles frisst und sich immer weiterentwickelt, ist fantastisch, die Präsentation enorm sympathisch. Aber spielerisch hat der Titel nichts zu bieten, was uns auch nur irgendwie freudig erregt. Wenn ein Spiel nach einer Stunde schon langweilig wird, dann ist das kein gutes Zeichen. Bei Maneater ist genau das geschehen. Für den kurzen Haihappen (uhaha!) zwischendurch mag es lustig sein, aber mal ehrlich: Wir reden hier von zehn, zwanzig Minuten. Danach ist der Witz erzählt und wird nur noch unnötig in die Länge gezogen. Und dafür sind fast 40 Euro einfach zu viel Geld.
- Coole Idee
- Sympathische Aufmachung
- Abwechslungsreiche Spielwelt
- Hai ist gut animiert
- Verrückte Mutationen
- Enorm repetitives, flaches Gameplay
- Mieses Missionsdesign
- Kameraprobleme in Kämpfen
- Open World mit generischem Inhalt