Autor: Michael Sonntag
Passend zum neuen Update für Die Sims 4 haben wir uns einen der ungewöhnlichsten Titel der Reihe nochmal näher angesehen.
Autor: Michael Sonntag
Passend zum neuen Update für Die Sims 4 haben wir uns einen der ungewöhnlichsten Titel der Reihe nochmal näher angesehen.
Sympathische Charaktere, niedliche Häuschen und das ganze Spiel des Lebens drum herum: Die Sims ist an “Feel Good” eigentlich nicht mehr zu übertreffen. Wer allerdings weit in die Vergangenheit zurückreist, kann dabei auf einen Teil treffen, der die Simulation in einen kuriosen und bockschweren Albtraum verwandelt.
Die Sims hatte mal eine Kampagne? Oh ja! Die Sims auf der PlayStation 2 überraschte nicht nur mit einem Couch-Koop-Modus, den der PC bis heute vermissen lässt – Entwickler Maxis hatte hier ebenfalls die kuriose Idee, den Spieler eine Story mit Quests und Leveln durchspielen zu lassen. Ganz nach dem Motto: Vom Tellerwäscher bis zum Millionär! Und was sollen wir sagen? Diese Kampagne reicht von absoluter Trash bis “Dark Souls”-Bockschwer. Aber lasst uns beim Anfang beginnen, um genau zu sagen, bei Hotel Mama.
Gerade träumt unser selbsterstellter Charakter noch von Reichtum, Pools und Flipperautomaten in seiner eigenen Villa, da reißt ihn ein Schreck aus seinen schönen Fantasien und zurück aufs Sofa – Mamas Fernseher ist kaputt, eine absolute Tragödie! Beim Geschrei der Mutter und Büffeln in den Büchern, wie so ein Endgerät denn zu reparieren ist, merkt unser Millionär in spe, dass er etwas aus seinem Leben machen muss. Fürs Erste heißt das: So schnell wie möglich ausziehen und einen Job suchen!
Bedürfnisse erfüllen, Fähigkeiten erlernen, arbeiten, Geld verdienen und Wohnung verschönern – all das verwebt Die Sims in ein Story-Spiel, das uns mit jeder Station eine neue gemeine Herausforderung vor die Füße wirft. Sobald wir unser Zuhause einmal hinter uns gelassen haben, dürfen wir gratis bei unserem Kumpel Dagobert wohnen. Das heißt nicht, bei ihm direkt, sondern in seinem Partyhaus. Das nebenbei vollkommen vermüllt ist und wir gerne aufräumen dürfen.
Zwischen Müll und Einsamkeit überlebt zu haben, hat uns nur für viel größere Hürden ausgebildet: Nämlich mit Dagobert in seiner Angeberbude zusammen zu wohnen, der ein Faulpelz erster Güte ist und am liebsten jeden Tag feiert. Spätestens hier merken wir: Das Bedürfnis-Haushalten ist kein Zuckerschlecken, vor allem wenn Dagoberts Gäste andauernd das Klo zerstören, die Rechnungen sich stapeln und die Putzhilfe nicht mehr hinterherkommt. Nachdem wir vor Erschöpfung in einer Pfütze zusammengebrochen sind, beißen wir die Zähne zusammen und schleimen uns solange bei einem Partygast ein, bis wir bei ihm einziehen können.
Der erste Berg ist bezwungen, allerdings deutet sich in der Ferne bereits der dunkle Mount Everest unseres simulierten Lebens an. Aber hier, im nobleren Viertel, sollten wir Energie tanken, weitere Karrierestufen erklimmen und die Familienplanung angehen. Der Tag ist gut durchstrukturiert: Sport machen, Reden üben, arbeiten, essen, wichtige Kontakte knüpfen und wenn es die Energie am Abend noch zulässt, mit dem Schwarm in der Küche flirten, während der Rest der Clique fernsieht oder im Pool chillt. Oder Strippoker spielt. Die Sims halt.
Wenn die Chemie passt, kann geheiratet werden. Die Sims verschwendet seine Zeit nicht mit Dates oder dergleichen kitschigem Zeugs: Gelingt der Antrag, wird auch sofort dort geheiratet – neben dem Gartenhaus, während die Gäste noch schnell herbeikommen, um zumindest noch das “In guten wie in schlechten Zeiten” mitzubekommen. Das Glück ist allerdings trügerisch, spätestens beim Betreten des ersten gemeinsamen Hauses nehmen wir einen merkwürdigen Geruch des Unheils wahr. Aber dann ist es schon zu spät: Eine Babywiege spawnt mitten im Wohnzimmer. Und danach noch eine...
Das Haus ist ein einziges Chaos, das Essen verbrennt auf dem Herd, tiefe Augenringe zeichnen das Gesicht unseres Charakters. Das Babygeschrei ist die schlimmste Sounddatei, die jemals entwickelt worden ist. Ja, am liebsten würde er den Tag blau machen, aber dann würde er seinen Job verlieren und das Spiel wäre sofort vorbei. Es gibt kein Zurück und jeder Schritt vorwärts ist quälend und langsam. Am Ende dieses Tunnels, gefüllt von Tellern und Kinderspielzeug, ist ein kleines Licht zu erkennen. Durchhalten, einfach nur durchhalten.
Eines Abends ist er dann überrascht, als er aus dem Auto aussteigt. Wenn ihm der Arbeitgeber mitteilt, dass er befördert worden ist und somit das letzte Ziel dieses Albtraums erfüllt hat. Der Bildschirm wird schwarz und sobald er wieder hell wird, steht der Champion in der Villa aus seinem Traum. Nur dieses Mal ist sie echt. Der Pool, der Flipper-Automat, die Schwebedusche. Dass Die Sims damals noch echt makaber war, zeigt sich anhand der folgenden Belohnung: Die Kinder werden prompt aufs Internat geschickt, damit die allerletzte Prüfung ohne Ablenkungen erfüllt werden kann. Die oberste Karrierestufe erklimmen!
Neben dem Genuss des Luxus' bleibt auf dem Olymp etwas Zeit, um in sich zu gehen. Was haben wir aus unserem simulierten Leben gelernt? Mal abgesehen davon, dass dieses 2000er-Spiel unglaublich viele Bugs hat und an manchen Stellen etwas sexistisch ist? Wenn, dann dass die typische Monotonie von Die Sims mit einer Geschichte sehr gut aufgebrochen werden kann. Dass wir mehr Hürden und Herausforderungen brauchen. Damit diese Simulation den Kicks ihres wahren Vorbilds mitnehmen kann. Und dass Abspänne, in denen uns Affen mit Helikoptern abholen, 20 Jahre später immer noch unglaublich cool sind.