Die Opening Night Live der gamescom 2022 reiht sich gut in den bisherigen Gaming-Event-Sommer ein: Sie war eher mittelmäßig, aber ein paar Highlights gab es.
Die High- und Lowlights der gamescom Opening Night Live 2022
Alle Jahre wieder lädt Geoff Keighley dazu ein, sich neue Spiele anzuschauen – mittlerweile gleich dreimal im Jahr. Zwischen dem Summer Game Fest im Juni und den Game Awards im Dezember platziert sich die Opening Night Live der gamescom. In diesem Jahr konnte sie endlich mal wieder in Köln und vor Live-Publikum stattfinden. Aber viel wichtiger ist, ob es viele tolle Spiele zu sehen gab. Nun ja, sagen wir es so: Die Show hätte schlechter sein können, … aber auch wesentlich besser.
Eigentlich waren alle Gaming-Events diesen Sommer (mit Ausnahme vom Microsoft & Bethesda Games Showcase) ziemlich mittelmäßig. Die Opening Night Live passt also gut dazu. Das bedeutet nicht, dass keine schönen Spiele beziehungsweise Trailer gezeigt wurden. Es gab sogar ein paar waschechte Überraschungen, von denen allerdings nicht jede mit einem guten Trailer punkten konnte. Denn leider bleibt es dabei, dass manche Hersteller einfach nur vorgerenderte Videos und nichts von ihren eigentlichen Spielen zeigen. Was uns konkret am meisten begeistert oder enttäuscht hat, verraten wir euch in den folgenden Zeilen.
Die Highlights
Dead Island 2
Genre: Actionspiel
Entwickler: Deep Silver Dambuster Studios
Publisher: Deep Silver
Release: 3. Februar 2023
Plattformen: PC, PS5, PS4, Xbox Series X/S, Xbox One, Stadia
Die Untoten leben! Und Dead Island 2 ist kein Zombie mehr! Das Spiel hat eine interessante Historie: 2014 angekündigt, sollte es von Yager Development entwickelt werden. Nur ein Jahr später entzog Deep Silver den Berlinern das Projekt und ersetzte sie durch das britische Studio Sumo Digital. Die Zusammenarbeit mit dem wurde wiederum 2019 beendet, woraufhin Dead Island 2 bei Dambuster Studios gelandet ist. All die Jahre beteuerte Deep Silver, dass das Spiel in Arbeit sei und die Entwicklung nicht eingestellt werde.
Bei der Opening Night Live hat es nun sein großes Comeback gefeiert – und was für eins! Neben einem amüsanten Render-Trailer haben wir erstmals Gameplay zu sehen bekommen. Das macht vor allem eines deutlich: Dead Island 2 wird extrem blutig. So blutig, dass sogar einige Szenen zensiert worden sind, was aber vielleicht zum Teil auch als Marketing-Gag gedacht ist ("Guckt mal, unser Spiel ist so brutal, dass wir unseren eigenen Trailer, der sich an Erwachsene richtet, selbst entschärfen mussten"). Und ganz ehrlich: Die Kämpfe sehen richtig spaßig aus. Wir finden es auch gut, dass sich Dead Island 2 deutlich weniger ernstnimmt als das eher düstere Dying Light 2. Wir brauchen ja nicht, um es überspitzt auszudrücken, dasselbe Spiel nochmal.
The Callisto Protocol
Genre: Survival-Horrorspiel
Entwickler: Striking Distance Studios
Publisher: Krafton
Release: 2. Dezember 2022
Plattformen: PC, PS5, Xbox Series X/S
Wo wir eh schon bei brutalen Spielen für volljährige Zocker sind: Das erste Gameplay aus The Callisto Protocol haben wir beim Summer Game Fest gesehen, das zweite hat Entwickler Striking Distance Studios nun zur gamescom veröffentlicht. Und erneut ist unsere Vorfreude auf diesen geistigen "Dead Space"-Nachfolger gestiegen. Allerdings erinnert das gezeigte Material mehr an ein anderes legendäres Horror-Actionspiel: Wenn sich der Hauptcharakter an die Monster anschleicht und sie von hinten mit dem Messer eliminiert, müssen wir automatisch an The Last of Us denken.
Unsere weiteren Gedanken zu dem neuen Video: Die Schüsse mit der Pistole haben eine ordentliche Wucht, Grafik und Atmosphäre machen einen sehr guten Eindruck und Rutschpartie in der zweiten Hälfte erweckt den Anschein, als bemühe sich Striking Distancem, ein wahrlich abwechslungsreiches Spiel zu kreieren: Ja, und das der Clip wie schon das erste Gameplay mit einer brutalen Sterbesequenz endet, weil der Spieler einen fatalen Fehler begangen hat, scheint wohl ein Running-Gag der Entwickler zu sein – und erinnert uns wiederum an das Tomb Raider von 2013. Hier passt diese überzogene Brutalität aber deutlich besser als beim Abenteuer der jungen Lara.
Lies of P
Genre: Souls-like
Entwickler: Round8 Studio
Publisher: Neowiz
Release: 2023
Plattformen: PC, PS5, PS4, Xbox Series X/S, Xbox One
Pinocchio mal anders, das ist Lies of P. Das Souls-like aus Südkorea ist schon seit einer Weile angekündigt. Nun hat Publisher Neowiz erstmals in einem größeren Rahmen Gameplay gezeigt und das sieht schon echt gut aus. Ihr spielt Pinocchio, der in der Stadt Krat auf der Suche nach Geppetto ist. Die Welt ist von der sogenannten Belle Époque inspiriert: einer Zeitspanne von knapp 30 Jahren rund um den Übergang vom 19. ins 20. Jahrhundert. Und irgendwie weckt das alles Erinnerungen an Bloodborne.
Lies of P ist ähnlich düster gehalten und die Entwickler versprechen herausfordernde Kämpfe auf Basis eines tiefgehenden Systems. Es sieht aber ganz danach aus, als orientieren sich die Macher nur in Sachen Gameplay an den FromSoftware-Werken. Lies of P erzählt seine Geschichte scheinbar aktiver und bietet sogar prozedural generierte Quests, die miteinander verwoben sein sollen und euch verschiedene Möglichkeiten zu lügen bieten – klar, als Pinocchio sagt ihr natürlich nicht die Wahrheit. Eure Entscheidungen haben dabei Auswirkungen auf den Verlauf der Handlung und bestimmen, welches der mehreren Enden ihr zu sehen bekommt.
Atlas Fallen
Genre: Action-Rollenspiel
Entwickler: Deck13 Interactive
Publisher: Focus Entertainment
Release: 2023
Plattformen: PC, PS5, Xbox Series X/S
Was macht eigentlich Deck13? Diese Frage hat die Opening Night Live beantwortet. Die Frankfurter sitzen gerade nicht an The Surge 3, sondern einer neuen Marke: Atlas Fallen ist auch kein Souls-like, wie es scheint, aber trotzdem ein Action-Rollenspiel. Die Umgebungen werden viel weitläufiger als in den bisherigen Deck13-Titeln sein. Das passt auch zum Setting, denn ihr seid in einer Wüstenwelt unterwegs, in der ihr es mit allerlei Monstern zu tun bekommt. Eure Waffen schmiedet ihr euch in Atlas Fallen selbst und sie können ihre Gestalt verändern.
Der Großteil des Ankündigungsvideos mag vorgerendert sein, aber am Ende gewährt uns Deck13 dann doch noch einen kurzen Blick auf echtes Gameplay. Und ja, es ist nicht viel, was wir hier von dem Spiel sehen können, aber mehr als bei manch anderem Titel. Und die paar kurzen Schnipsel sind bereits so vielversprechend, dass unser Interesse definitiv geweckt ist.
Blacktail
Genre: Acion-Adventure
Entwickler: The Parasight
Publisher: Focus Entertainment
Release: 15. Dezember 2022
Plattformen: PC, PS5, Xbox Series X/S
Blacktail ist eine kleine Überraschung. Es ist keine Neuankündigung, aber so richtig auf dem Schirm hatten wir das Action-Adventure bis gestern nicht. Das hat sich mit dem Gameplay-Trailer definitiv geändert. Ihr schlüpft hier in die Haut der jungen Baba Yaga und erlebt, wie sie als 16-jährige beschuldigt wird, eine Hexe zu sein, und aus ihrer Heimatsiedlung vertrieben wird. Daraufhin muss sie gegen böse Geister kämpfen, die Erinnerungen an ihre eigene Vergangenheit verkörpern. Sie hofft, so das Geheimnis, das sie selbst umgibt, zu lüften.
Ihr steuert die Protagonistin aus der Ego-Perspektive und seid mit einem Bogen bewaffnet, mit dem ihr verschiedene Pfeilarten abfeuern könnt. Natürlich stehen euch auch magische Kräfte zur Verfügung. Darüber hinaus gibt es ein Crafting-System: Die Pfeile stellt ihr selbst her, ebenso braut ihr nützliche Tränke. Darüber hinaus will Blacktail mit moralischen Entscheidungen punkten, mit denen ihr über das Schicksal des Landes und seiner Bewohner bestimmt. Blacktail sieht wahrlich interessant aus und dass es noch dieses Jahr erscheinen soll, erfreut uns sehr. Ist ja nicht so, als wäre der Herbst mit Highlights nur so vollgestopft.
Die Lowlights
Everywhere
Genre: Actionspiel
Entwickler: Build a Rocket Boy
Publisher: Build a Rocket Boy
Release: 2023
Plattformen: Unbekannt
Sagt euch der Name Leslie Benzies was? Der Mann ist ein wahrer GTA-Veteran. Von Teil 3 bis 5 war er Produzent der Reihe und am jüngsten Spiel hat er sogar als Game Designer mitgewirkt, nachdem er zuvor schon in ähnlicher Funktion an Red Dead Redemption gearbeitet hatte. 2014 verließ er Rockstar Games (obwohl er zunächst nur ein Sabbatical machen wollte) und 2018 gründete er sein eigenes Studio Build a Rocket Boy, mit dem er an dem Open-World-Spiel Everywhere arbeitet. Davon gab es nun bei der Opening Night Live erstmals Bildmaterial zu sehen.
Es ist nicht so, als sähe das, was da gezeigt wurde, schlecht aus. Aber die Entwickler machen so große Versprechungen, dass der Trailer schlicht zu wenig ist. Sie sprechen davon, dass Everywhere kein normales Spiel und der Umfang sowie die Ambitionen mit keinem anderen Titel zu vergleichen seien. Das gezeigte Gameplay jedoch erweckt mit Third-Person-Geballer, Autofahrten und Comicoptik den Eindruck, als könnte Everywhere auch einfach nur ein Fortnite-Abklatsch sein. Mag sein, dass das Projekt total spannend und neuartig ist, aber dann bitte, liebe Entwickler: Zeigt uns das auch! Das einzig Spannende an dem Trailer sind die letzten paar Sekunden, die einen völlig anderen Grafikstil haben als alles davor. Aber was es damit auf sich hat, darüber lässt sich bislang nur spekulieren.
Dune: Awakening
Genre: Survival-Spiel, MMO
Entwickler: Funcom
Publisher: Funcom
Release: Unbekannt
Plattformen: PC, PS5, Xbox Series X/S
Wir haben schon vor ein paar Monaten darüber berichtet, dass Funcom ein Survival-Spiel auf Basis von Dune macht. Nun hat das einen richtigen Namen. Dune: Awakening heißt es. Wann es erscheinen soll? Keine Ahnung. Was uns spielerisch erwartet? Nun ja, ein Survival-MMO auf dem bekannten Wüstenplaneten Arrakis. Das war's mit den Infos, denn leider hat Funcom gestern nur einen Render-Trailer gezeigt, den man für jede Art von Dune-Spiel hätte verwenden können.
Es sind halt die typischen Elemente zu sehen: Ornithopter, ein Sammler, ein Sandwurm, ein Sandsturm. Klar, genau das wollen Fans sehen, aber es ist halt auch alles nichts Besonderes. Was nun Dune: Awakening konkret auszeichnen soll, von einer Open World mal abgesehen? Tja, bis uns Funcom das verrät oder – noch besser – zeigt, wird wohl noch einiges an Zeit vergehen. Der Trailer ist jedenfalls wieder einer der Sorte gewesen, die wir schlicht nicht brauchen.
The Lords of the Fallen
Genre: Souls-like
Entwickler: Hexworks
Publisher: CI Games
Release: 2023
Plattformen: PC, PS5, Xbox Series X/S
Apropos Trailer, die wir nicht brauchen: Das gleiche Problem hat auch The Lords of the Fallen. Der Nachfolger zu Lords of the Fallen aus dem Jahr 2014 ist eine der Überraschungsankündigungen des Abends – auch wenn es seit Jahren bekannt war, dass Publisher CI Games einen zweiten Teil machen möchte. Nun wissen wir, dass das Ganze ein Reboot wird (ja, schon nach einem Spiel).
Der Steam-Seite sind auch einige Infos zu entnehmen. So soll die Spielwelt fünfmal so groß sein wie im ersten Teil und aus zwei Parallelwelten bestehen. Außerdem gibt es neun Charakterklassen, 100 einzigartige Waffen sowie einen unlimitierten Online-Koop-Modus. Klingt ja alles ganz interessant, aber nun: Wir haben halt noch nichts davon gesehen. Klar, The Lords of the Fallen soll auch erst irgendwann im nächsten Jahr erscheinen. Aber wir bleiben dabei: Wenn man nichts zu seinem Spiel zu zeigen hat, sollte man es schlicht nicht im Rahmen einer solchen Show ankündigen. Ja, das bringt dem Hersteller schon mal vorab mehr Aufmerksamkeit ein als eine simple Pressemitteilung, doch wagen wir es zu bezweifeln, dass allzu viele Leute den Titel aufgrund eines recht generischen Render-Trailers in Erinnerung behalten werden.
Honkai: Star Rail
Genre: Rollenspiel
Entwickler: miHoYo
Publisher: miHoYo
Release: Unbekannt
Plattformen: PC, iOS, Android
Einen Render-Trailer zu Honkai: Star Rail hat miHoYo nicht für die gamescom produziert. Das gezeigte Video ist in der Spiel-Engine entstanden, wie unzweifelhaft zu erkennen ist. Das große Aber: Das Ding zeigt trotzdem nichts von dem, was man als Spieler sehen möchte. Dabei soll sich Honkai: Star Rail sogar stark von den vorherigen Honkai-Spielen und Genshin Impact unterscheiden. Statt Echtzeitaction gibt es hier ein rundenbasiertes, taktisches Kampfsystem. Zeigen wollte miHoYo das aber gestern Abend nicht.
Stattdessen erleben wir nur, wie einer der Charaktere von Albträumen geplagt wird. Das ist viel zu wenig, um Lust auf das Spiel zu wecken. Man muss in so einem Trailer schon vermitteln, was der Hauptanreiz sein soll, dass wir sagen: "Ok, ich schau mir das an, wenn es erscheint." Das haben die Chinesen an dieser Stelle überhaupt nicht getan.
Wyrdsong
Genre: Rollenspiel
Entwickler: Something Wicked Games
Publisher: Something Wicked Games
Release: Unbekannt
Plattformen: Unbekannt
Hach ja, Wrydsong. Mal wieder ein neues Spiel von einem neuen Entwicklerstudio, das aus Industrieveteranen besteht. Genau so hat Geoff Keighley den Trailer angekündigt und unsere Reaktion war erstmal: "Ach, schon wieder ein neues Spiel von einem neuen Studio, das aus Industrieveteranen besteht? Die sind ja mittlerweile alles andere als eine Rarität." In diesem Fall handelt es sich um ein Open-World-RPG von Leuten, die zuvor bei Bethesdas und Obsidian gearbeitet haben.
Normalerweise wären wir allein schon aufgrund dieser Rahmeninfos total interessiert. Doch ehrlich gesagt, werden wir Wyrdsong vermutlich in einer Woche wieder vergessen haben, weil der Trailer dazu so nichtssagend ist. Ok, das Spiel wird erst in einigen Jahren erscheinen und es ist nicht mal bekannt, für welche Plattformen es kommt. Aber ist es dann nicht vielleicht einfach zu früh, es auf der großen Showbühne zu präsentieren? Bestimmt wird das Ding 2024, 2025 oder wann auch immer ein großes Thema sein. Jetzt wird es ganz schnell wieder in der Versenkung verschwinden – und das zurecht! Man kann doch nicht erst groß damit werben, dass da Leute mitwerkeln, die an The Elder Scrolls, Fallout und The Outer Worlds beteiligt gewesen sind, und dann nichts zeigen. Das weckt keine Vorfreude, sondern einfach nur Gleichgültigkeit.