Die Alpha zeigt, das Diablo 2: Resurrected auf sehr gutem Weg ist – und mit dem Gamepad am meisten Spaß macht.
Diablo 2 – Resurrected angespielt: Neue Grafik, alte Regeln
Zugegeben, die BlizzConline 2020 war nicht so ein großes Spektaktel, was Neuankündigungen betrifft, wie die letzte physische Hausmesse von Blizzard. Daher war es für Diablo 2: Resurrected ein Leichtes, zum Highlight des Events zu werden, obwohl es auch einiges an neuen Infos und Bewegtbildern zum vierten Teil der Reihe gab. Aber als Fan, der schon seit 2000 oder gar den Neunzigern (Diablo 1 ist immerhin schon 24 Jahre alt) Sanktuario von dem Bösen befreit, war es sicherlich die größere Freude, dass das Hack and Slay aller Hack and Slays nach mehr als zwei Jahrzehnten in neuem Glanz erstrahlt – und das nicht nur auf dem PC, sondern auch den Konsolen.
Nun ist Diablo 2: Resurrected erstmals für Außenstehende spielbar gewesen. Wir haben in die technische Alpha reingeschaut, um Antworten auf zwei Fragen zu finden: 1. Könnte das wirklich das Remaster werden, das Diablo 2 verdient hat? 2. Ist Diablo 2 auch heute noch spielerisch einer der besten Vertreter seiner Zunft?
Unter der Haube steckt 21 Jahre alter Code
Widmen wir uns erst mal dem augenscheinlich wichtigsten Aspekt eines jeden Remasters: der Technik. Als die ersten Szenen des Trailers während der BlizzConline-Eröffnungszeremonie über unseren Bildschirm liefen, dachten wir noch: "Oh, ein Remake von Diablo 2!" Aber dann wurde uns doch recht schnell bewusst, dass das gar kein von Grund auf neu entwickeltes Spiel ist, sondern das Original in aufgehübschter Form. Den Beweis dafür liefert die "G"-Taste (oder "F5", wenn ihr die neue Resurrected-Standardtastenbelegung aktiviert) im Spiel. Drückt ihr auf sie drauf, schaltet ihr fließend zwischen der neuen und alten Grafik hin und her.
Der Unterschied ist – wenig überraschend – enorm. Diablo 2 war ja schon damals, als es 2000 erschienen ist, keine Schönheit. Es lief lediglich in einer Auflösung von 640x480, dabei war man zur Jahrtausendwende schon mehr gewohnt. Wer also nicht total auf Retro abfährt, wird wohl nur hier und da mal testweise von der modernen zur klassischen Optik wechseln, um einen direkten Vergleich zu haben, wie bekannte Orte vor 21 Jahren ausgesehen und wie Blizzard beziehungsweise Vicarious Visions (das aber mittlerweile zu Blizzard gehört) sie nun in die Jetztzeit transportiert hat.
Schöner, aber immer noch düster
Diablo 2: Resurrected macht dafür, dass es eben immer noch auf der alten Engine basiert und im Grunde genommen nach wie vor ein 2D-Spiel ist, optisch eine sehr gute Figur. Charaktermodelle sind nun in 3D und flüssiger animiert. Die Bewegungen wirken aber deutlich steifer als in Diablo 3. Was die Umgebung betrifft, vermögen wir gar nicht zu sagen, was davon nun vorgerenderte 2D-Grafiken sind und was dreidimensional ist. Ok, dass Gras nun keine flache Textur mehr ist, sondern wirklich aus einzelnen Halmen besteht, erkennen wir bei niedriger Zoom-Stufe. Und auch die sich im Wind wiegenden Zeltplanen im Start-Camp sind offensichtlich 3D-Modelle. Aber was zum Beispiel statische Holzkarren oder Pfähle betrifft, können wir nicht erkennen, um welche Art von Technik es sich dabei handelt. Ist aber auch egal, solange alles ein stimmiges, scharfes Gesamtbild ergibt. Und das ist definitiv der Fall.
Stilistisch bleibt Diablo 2 in der Resurrected-Fassung dem Original absolut treu. Es ist nach wie vor ein sehr düsteres Spiel. Seid ihr etwa in den Krypten auf dem Friedhof unterwegs, ist es wirklich dunkel – sicherlich auch, weil hier eure Sichtweite stark reduziert ist. Diablo 3 wirkt dagegen kunterbunt. Abgerundet wird die fantastische Atmosphäre von Musik und Sound-Effekten. Wenn ihr etwa im Mausoleum unterwegs seid, müsst ihr einen Zombie nicht zwangsweise erst sehen, damit ihr wisst, dass er da ist. In der Regel hört ihr ihn schon vorher stöhnen. Und zur Musik müssen wir ja wohl nichts mehr sagen, oder? Die kultigen Gitarren-Riffs des Tristram-Themes sind einfach zeitlos und erklingen nun in bester Tonqualität.
Schön oldschool
Spielerische Veränderungen sucht ihr in Diablo 2: Resurrected mit der Lupe. Am Kern-Gameplay haben die Entwickler nichts verändert. Das bedeutet auch, dass sich diejenigen, die Diablo 2 zuletzt vor vielen Jahren oder noch nie gespielt haben, auf einige Dinge einstellen müssen, die man seitdem in Action-RPGs nicht mehr gesehen hat. Als wir unseren ersten Rundgang durch das von Goblins, Skeletten und Zombies überflutete Startgebiet gemacht haben, hatten wir so manche Wiedererkenntnis. "Ach ja, Sprinten kostet ja Ausdauer!" "Oh, Items gehen ziemlich schnell kaputt!" "Was, ich verliere all meine Ausrüstung, wenn ich sterbe?!" Im Vergleich mit Diablo 3, aber auch allen anderen modernen Hack and Slays, wirkt Diablo 2: Resurrected geradezu unbarmherzig, ohne dass es nun direkt von Anfang an enorm schwierig wäre.
Tatsächlich finden wir das ziemlich cool. Man muss sich zwar erst mal wieder daran gewöhnen, regelmäßig die eigenen Waffen und Rüstungsteile beim Schmied reparieren zu lassen und nicht durchgehend in hohem Tempo durch die Dungeons hechten zu können, aber all das hat ja seine guten Gründe. Und nachdem wir eben einmal niedergestreckt wurden und schockiert feststellten, dass wir nach der Wiederauferstehung "nackt" waren, begann eben der spannende Lauf zurück zur eigenen Leiche. Dabei galt es, bloß jedem Gegner auszuweichen oder ihm zumindest schnell entkommen zu können.
Zu oldschool
Allerdings kommen wir auch nicht drumherum festzuhalten, dass sich Diablo 2: Resurrected nicht mehr ganz zeitgemäß spielt. Dass es beispielsweise keine eigene Leiste für aktive Fähigkeiten gibt, sondern nur für Tränke, ist gewöhnungsbedürftig – genauso, dass ihr eure Skills erst mal selbst Tasten zuweisen müsst. Immerhin gibt es neben der klassischen Tastenbelegung, bei der Skills auf den Funktionstasten liegen, was völlig unpraktisch ist, auch gleich die Resurrected-Vorlage. So müsst ihr nicht händisch die Zifferntasten als Knöpfe für Fähigkeiten einstellen.
Das ändert aber nichts daran, dass ihr per Druck auf eine der Tasten lediglich den Skill austauscht, den ihr über die rechte Maustaste ausführt. Eine sofortige Aktivierung auf Knopfdruck ist nicht möglich. Wir kommen nicht umhin, eine richtige Skill-Leiste, anhand der wir stets auf einen Blick erkennen, wie wir welchen Zauber oder Spezialangriff auslösen, vermissen. So was hätte auch bei einem Remaster im Jahr 2021 drin sein müssen. Gleiches gilt für eine Sortierfunktion für das Inventar oder die Möglichkeit, uns die Werte eines Items anschauen zu können, bevor wir es in unseren kleinen Rucksack packen.
Wer klug ist, spielt mit Controller
Einige der genannten Kritikpunkte verfliegen jedoch, wenn ihr euch dazu entscheidet, ein Gamepad anzuschließen und Diablo 2: Resurrected damit statt mit Maus und Tastatur zu spielen. Oh ja, das geht, sogar schon in der Alpha. Es gibt ja Leute, die der Meinung sind, Diablo 3 spiele sich auf den Konsolen viel besser als auf dem PC und wenn ihr uns fragt: Mit Ausnahme der Inventarverwaltung können wir dem nur zustimmen.
Tatsächlich fühlt sich Diablo 2: Resurrected ebenfalls mit dem Controller besser an als mit der klassischen PC-Steuerung. Unsere Figur lenkt sich per Analog-Stick viel angenehmer als mit der Maus und die ganze Benutzeroberfläche ist an die Gamepad-Steuerung angepasst. Das Inventar behält zwar seinen gewohnten Aufbau bei und ihr steuert mit dem linken Analog-Stick einen kreisförmigen Cursor als Mauszeiger-Ersatz, was etwas mühselig ist, aber dafür gibt es hier plötzlich eine Sortierfunktion. Und Ausrüstung lässt sich anlegen, indem ihr einfach die "A"-Taste auf dem Xbox-Controller gedrückt haltet, statt das Item in den jeweiligen Slot ziehen zu müssen.
Darüber hinaus bietet das Gamepad-Interface eine Skill-Leiste. Hier finden sechs Fähigkeiten Platz, die ihr auf "A", "X", "Y", "B", "RB" und "RT" legt. Und haltet ihr "LT" gedrückt, schaltet ihr nochmal auf eine zweite Leiste mit ebenso vielen Slots um. Vielleicht mag uns manch "Diablo 2"-Fan der ersten Stunde nun als Ketzer bezeichnen, aber das Remaster spielt sich mit Controller deutlich besser als mit Maus und Tastatur.
Einschätzung
Diablo 2: Resurrected ist auf einem guten Weg, ein würdiges Remaster des Klassikers zu sein. Grafisch ist es über jeden Zweifel erhaben und die Gamepad-Steuerung ist den Entwicklern außerordentlich gut gelungen. Es ist jedoch seltsam, dass das Interface bei aktivierter Maus-/Tastaturbedienung so viel altbackener daherkommt. Wir würden uns wünschen, dass sich hier noch was bis zum Release, der irgendwann dieses Jahr erfolgen soll, tut. Eine Skill-Leiste ist doch echt nicht zu viel verlangt im Jahr 2021. Ansonsten sehen wir aber wenig Gründe dafür, die dagegen sprechen, dass Diablo 2: Resurrected ein schöner Nostalgietrip für Fans, aber auch ein spaßiges Hack and Slay für Neueinsteiger wird. Klar, die Kämpfe haben nicht die Wucht, die wir aus Diablo 3 kennen, aber das Looten und Leveln und die Erkundung der Dungeons bereiten immer noch sehr viel Freude.