The Riftbreaker mixt Aufbaustrategie, Survival und Hack and Slay so gut miteinander, wie wir es nie zuvor erlebt haben.
The Riftbreaker im Test: Ein toller Genrecocktail
The Riftbreaker hat schon vor einigen Monaten mit seiner Demo für Aufsehen gesorgt, die im Zuge eines Steam Game Fests erschienen ist (und die ihr auch nach wie vor auf Steam herunterladen und spielen könnt). Mit seiner spannenden Genremischung hat der Indie-Titel von EXOR Studios sofort unser Interesse geweckt. Wir könnten es uns an dieser Stelle leicht machen und einfach schreiben: Spielt sich super, sieht klasse aus, zockt es! Aber angesichts des doch recht einzigartigen Konzepts (und weil wir uns ja nicht nachsagen lassen wollen, wir seien schreibfaul), stellen wir euch The Riftbreaker im Test dann doch im Detail vor und erklären, warum es einer der Überraschungshits des Jahres ist.
Story ist Nebensache
Wenn man gute und schlechte Nachrichten mitzuteilen, hat, soll man ja immer erst mal die schlechten verkünden. Deswegen fangen wir an dieser Stelle mal mit dem einen Aspekt an, in dem uns The Riftbreaker nicht überzeugt: der Story. Die Prämisse des Spiels ist simpel: Die Elitewissenschaftlerin Captain Ashley S. Nowak, Spitzname „Riftbreaker“, erhält den Auftrag, den weit von der Erde entfernten Planeten Galatea 37 für die Kolonialisierung vorzubereiten. Ganz alleine wird sie auf den Himmelskörper am äußersten Rand der Milchstraße geschickt, um dort eine Basis zu errichten, die Gegend zu erkunden und letztendlich die nötigen Vorkehrungen zu treffen, damit einerseits sie wieder zurück zur Erde reisen kann und andererseits andere Leute nach Galatea 37 gelangen.
Na gut, komplett auf sich allein gestellt ist Ashley nicht, hat sie doch ihren Mecha-Anzug „Mr. Riggs“ bei sich. Sie steckt die ganze Zeit in ihm drin, um genau zu sein. Mr. Riggs ist eben nicht nur ein Anzug, sondern hat eine künstliche Intelligenz. Er und Ashley sprechen immer wieder miteinander, was an die Dialoge aus Titanfall 2 zwischen dem Hauptcharakter und seinem Titan erinnert. Jene Unterhaltungen sind solide geschrieben, aber eher mittelmäßig vertont (es gibt nur eine englische Sprachausgabe) und das einzige Story-Element, das halbwegs funktioniert. Einen spannenden Plot hat The Riftbreaker nicht zu bieten.
Nun könnte man aber auch sagen: „Hey, macht nichts! Ist halt ein Spiel, das sich auf sein Gameplay fokussiert.“ Ja, damit hätte man nicht unrecht. The Riftbreaker gehört in dieser Hinsicht in die gleiche Ecke geschoben wie ein Factorio, Satisfactory oder Dyson Sphere Programm (und hat passenderweise auch spielerische Anleihen jener Titel). Die erzählen auch keine großen Geschichten und fesseln trotzdem etliche Spieler für Hunderte Stunden an den Bildschirm. Daher wollen wir es The Riftbreaker auch gar nicht so sehr ankreiden, dass es erzählerisch wenig zu bieten hat. Die Story ist hier vermutlich auch wirklich nur als Aufhänger für viele Stunden spaßiges Gameplay konzipiert, weswegen wir uns gut mit ihrer Magerkeit arrangieren können.
Forscherin und Baumeisterin
Kommen wir also zum wichtigsten Aspekt: der Spielmechanik, die vielschichtiger ist, als in so manchen AAA-Blockbustern – und sich auch weniger Fehler leistet als einige dieser ganz großen Produktionen. Dass es sich um einen Mix aus Aufbau-, Survival- und Action-Rollenspiel handelt, haben wir ja schon eingangs erwähnt. Ihr könnt euch das so vorstellen: EXOR hat Factorio, ein Survival-Strategiespiel wie They Are Billions und Diablo in einen Topf geworfen, kräftig umgerührt und dann in eine wunderschöne Form gegossen.
Gehen wir die einzelnen Komponenten mal Stück für Stück durch und beginnen mit dem Basenbau. Der erinnert sehr an klassische Echtzeitstrategiespiele. Ihr errichtet ein Hauptquartier, Fabriken, die Rohstoffe abbauen und schaltet über ein wahrlich umfangreiches Forschungssystem immer mehr Gebäude frei, die euch weitere neue Optionen eröffnen. Die ausreichende Versorgung mit Ressourcen und auch Strom ist enorm wichtig. Nahezu jede Einrichtung verbraucht Energie und muss auch mit dem allgemeinen Stromnetz verbunden werden. Letzteres ist aber simpel: Ihr platziert einfach Energiekonnektoren, die Leitungen verlegen sich dann von selbst. Außerdem leiten auch die Gebäude selbst den Strom weiter. Wenn ihr sie also dicht an dicht baut, könnt ihr euch die Konnektoren an der Stelle sparen.
Welche Art Strom darf's sein?
Dennoch ist es nicht unbedingt eine simple Aufgabe, stets für ausreichend Energie zu sorgen. Manche Bauwerke haben einen besonders hohen Verbrauch und eure Stromquellen liefern nicht immer. Am Anfang etwa habt ihr drei Möglichkeiten, Energie zu erzeugen: per Windkraft, Solaranlagen oder Carboniumkraftwerk. Letzteres erzeugt aus dem namensgebenden Rohstoff Strom und ist effektiver als die anderen Anlagen, allerdings braucht ihr das Carbonium auch für den Ausbau eurer Basis und die Vorkommen sind nicht unendlich groß. Wind und Sonne sind im Gegensatz dazu keine Energiequellen, die irgendwann vergehen. Allerdings liefert eine einzelne Windkraftanlage recht wenig Strom, während euch die Solarpanels logischerweise nur am Tag etwas bringen.
Das Clevere an dem Stromsystem in The Riftbreaker: Ihr könnt Energie wie alle anderen Ressourcen speichern. Dazu errichtet ihr – wer hätt's gedacht – Energiespeicher. Je mehr Überschuss ihr habt, desto besser, weil ihr dann für schlechte Zeiten vorbereitet seid. Ihr müsst aber auch darauf achten, immer genug speichern zu können. Wenn etwa ein Sturm über den Planeten fegt, sich eure Windkraftanlagen deshalb extrem schnell drehen und unglaublich viel Energie erzeugen, euer Speicher aber schon komplett voll ist, ärgert ihr euch darüber, dass ihr gerade viel Strom für nichts produziert.
Die Speicherung von Energie wird auch deshalb später so wichtig, weil ihr dann etwa Energie aus pflanzlicher und tierischer Biomasse gewinnen könnt. Zunächst müsst ihr noch selbst losziehen und etwa die Flora von Galatea 37 händisch zerstören. Das lässt sich zwar auch gut nebenbei erledigen, aber ihr habt eben nicht immer Zeit für die Waldrodung, weshalb es gut ist, wenn euer Stromvorrat groß ist. Indem ihr über die Forschung einen Kultivator und eine Erntestation freischaltet, erhaltet ihr später die Möglichkeit, Pflanzen automatisch anbauen und ernten zu lassen.
Ständig was Neues
Den Basenbau hier im Detail zu erklären, würde den Rahmen sprengen, aber lasst euch gesagt sein: Das Ganze ist leicht zu erlernen, aber schwer zu meistern und angenehm komplex. Genau wie in einem Anno oder eben auch den oben besagten Fabrikaufbauspielen wie Factorio ist es enorm motivierend, immer wieder neue Ressourcen zum Abbau freizuschalten, die euch wiederum neue Bauoptionen eröffnen oder die Stromproduktion effektiver machen. Gute Vorausplanung ist dabei der Schlüssel zum Erfolg. Wer anfangs zum Beispiel gar nicht bedenkt, dass er später Pipelines errichten muss, um Flüssigkeiten von A nach B zu transportieren, könnte je nachdem, wie man die eigene Basis aufbaut, später zur Umstrukturierung gezwungen sein.
Hey, PC-Spieler: Finger weg vom Gamepad!
Ashley oder besser gesagt Mr. Riggs steuert ihr direkt – entweder mit Maus und Tastatur oder dem Gamepad. Man könnte zwar meinen, dass letzteres die bessere Option ist, weil der Titel Anleihen von Twin-Stick-Shootern hat, aber die Bedienung mit den PC-typischen Eingabegeräten ist EXOR Studios sehr gut gelungen. Mit der Maus dreht ihr Mr. Riggs, zielt und führt Angriffe aus, während ihr mit „W“, „A“, „S“ und „D“ lauft. Drückt ihr erstere Taste, lauft ihr nicht vorwärts, sondern immer Richtung Norden, „S“ führt euch stets nach Süden, die anderen beiden Tasten nach Westen respektive Osten. Nach kurzer Eingewöhnung geht das super von der Hand, sodass ihr gar keinen Grund seht, zum Controller zu greifen. Hinzu kommt, dass der Aufbau eurer Basis definitiv besser mit der Maus klappt. Gebäude mit den Analog-Sticks zu platzieren, ist sehr hakelig. Ja, es geht halbwegs (wenn man etwas Geduld mitbringt), aber PC-Spieler sollten sich damit gar nicht erst befassen.
Mr. Riggs und seine vielseitigen Arme
Wenn ihr in The Riftbreaker nicht mit dem Bauen beschäftigt seid, erkundet ihr die sehr weitläufigen Gebiete. Viel Interessantes gibt es zwar nicht zu entdecken, aber Expeditionen in die Wildnis lohnen sich. Zum einen findet ihr so weitere Rohstoffvorkommen, zum anderen spezielle organische Gebilde. Wenn ihr die erforscht, schaltet ihr neue Technologien und somit Skills und Upgrades für Mr. Riggs frei. Der Mecha-Anzug lässt sich im Spielverlauf ordentlich modifizieren. The Riftbreaker bietet eine Vielzahl an Nah- und Fernkampfwaffen, von denen ihr bis zu sechs an den beiden Armen anbringen könnt (auf Tastendruck wechselt ihr dann für jeden Arm zwischen jeweils drei Stück hin und her). Hinzu kommen Bewegungsfähigkeiten wie Sprünge oder Vorsturmmanöver, von denen ihr aber nur eine ausrüsten könnt, sowie weitere Fähigkeiten und Verbrauchsgegenständen, darunter atomare(!) Minen. Zudem lassen sich noch Mods installieren, um die Eigenschaften der Waffen zu verbessern.
Die Loot-Spirale ist nicht so exzessiv wie in Diablo, aber es gibt mehr als genug Verbesserungsmöglichkeiten für den Mech, was enorm motiviert. Und passenderweise macht es auch noch richtig Spaß, die ganzen Tötungswerkzeuge gegen die Fauna von Galatea 37 einzusetzen, die euch in aller Regel in großen Schwärmen anfällt. Da die richtig schön in Einzelteile zerfallen, wenn ihr mit Maschinengewehr, Schrotflinte, Raketenwerfer und Co auf sie feuert oder Schwert, Hammer und Energiefaust schwingt, sind die Kämpfe eine helle Freude. Zudem ist das Ganze auch kein zu simples Gemetzel, da es viele unterschiedliche Alien-Arten gibt. Die einen rennen einfach nur auf euch zu und versuchen, euch mit ihren Pranken zu verletzen, andere setzen auf Distanzangriffe. Die Bestien sind auch teilweise anfälliger gegen bestimmte Waffen, wobei ihr sie erst erforschen müsst, bis die Datenbank die entsprechenden Infos preisgibt. Und mit „erforschen“ ist natürlich gemeint, dass ihr die Kreaturen in Scharen abschlachtet.
„Nur ein toter Bug ist ein guter Bug“
Ihr müsst aber nicht unbedingt zu den Monstern kommen, die kommen auch gerne zu euch. Wie in Factorio greifen die Aliens eure Basis regelmäßig an. Ihr erhaltet vorher eine Warnung und habt dann wenige Minuten Zeit, euch auf die Attacke vorzubereiten – oder ihr geht den Biestern mutig entgegen und fangt sie weit außerhalb eurer Mauern ab. Doch selbst wenn das eure bevorzugte Taktik ist, solltet ihr für eine gute Defensive sorgen. Mauern sind ein Teil davon, Türme ein anderer.
The Riftbreaker mutiert zwar nicht zu einem Tower-Defense-Spiel, dafür erinnern die Basisverteidigungen eben sehr an They Are Billions und ähnliche Titel – auch eben aufgrund der großen Massen an Aliens, die den Bildschirm fluten. Falls euch auf dem normalen der vier Schwierigkeitsgrade die Angriffe zu häufig passieren, empfehlen wir euch, auf „Einfach“ zu spielen. Auch dann ist The Riftbreaker kein Spaziergang und es gibt immer noch genug Action, aber ihr werdet eben nicht ständig unter Druck gesetzt.
Ein Planet lässt sich nicht an einem Abend erforschen
Neben dem Prolog, der als eine Art Tutorial dient und euch in die Grundzüge der Spielmechanik einführt, bietet The Riftbreaker eine große Kampagne und einen Survival-Modus, der euch nach Abschluss der Story für viele weitere Stunden beschäftigt und besonders stark fordert. Die Kampagne erstreckt sich über mehrere Biome. Ihr startet in der tropischen Zone, wo ihr eure Hauptbasis errichtet. Nachdem ihr den Planetenscanner gebaut habt, könnt ihr andere Regionen, die eigene Karten darstellen, erkunden, wo ihr Außenposten errichtet. All eure Basen teilen sich einen Ressourcen-Pool.
Die unterschiedlichen Biome sorgen für reichlich Abwechslung. Zum einen beheimaten sie alle eigene Alien-Spezies, zum anderen stoßt ihr bei Expeditionen in unbekanntes Territorium auf neue Ressourcen. Die Biome bringen aber auch über die Fauna hinaus eigene Herausforderungen mit sich. Die radioaktive Wüste zum Beispiel heißt nicht umsonst so. Kommt ihr dort den grünen Kristallen zu nahe, ist das nicht gesund für euch. Und im Vulkangebiet erwartet euch – welch' Überraschung – jede Menge Lava. Dort könnt ihr anfangs nur an bestimmten Stellen bauen, wo es besondere Pflanzen gibt, die für Kühlung sorgen. An anderen Stellen ist es schlicht zu heiß. Solche Elemente sorgen im Kombination mit der motivierenden Progression und dem spaßigen Basenbau sowie Kampf für eine durchgehend fesselnde Kampagne und das trotz der mageren Geschichte.
Grafik zum Anbeißen
Dass The Riftbreaker ein Indie-Spiel ist, sieht man ihm rein optisch kaum an. EXOR Studios benutzt hierfür sogar eine eigens gebastelte Engine. Und die kann einiges. Es mag sein, dass die Modelle von Gebäuden und Kreaturen nicht unbedingt bahnbrechend hübsch sind, aber sie sind ausreichend detailliert. Zudem ist alles flüssig animiert. Zu den optischen Highlights von The Riftbreaker zählen neben den großen Gegnermassen die schicken Licht- und Partikeleffekte. Das Spiel unterstützt sogar Raytracing für Schatten und Umgebungsverdeckung, was einiges hermacht. Hinzu kommt, dass die Spielwelt sehr lebendig wirkt, weil überall harmloses Getier kreucht und fleucht und sich Bäume, Büsche und Gras schön im Wind wiegen. Und dann läuft das Spiel auch noch richtig sauber. Performance-Probleme oder andere technische Unzulänglichkeiten sind uns nicht untergekommen, allerdings haben wir es auch auf einem PC mit RTX 3080 Ti und einem i7 11700K gespielt.
In Sachen Sound macht The Riftbreaker ebenfalls eine gute Figur. Die Musik ist zwar nichts Besonderes, die elektronischen Klänge passen aber gut zum Sci-Fi-Setting. Die Sprecher liefern, wie bereits erwähnt, nur eine durchschnittliche Leistung ab, dafür sind die ganzen Soundeffekte richtig stark. Die Waffen klingen so wuchtig, wie wir uns das auch von jedem Ego-Shooter wünschen, und auch das Zerfleischen der Fauna wird nicht nur optisch, sondern auch akustisch sehr gut transportiert.
Fazit
Wir haben uns schon nach der Demo gedacht, dass The Riftbreaker das Zeug hat, der nächste Indie-Darling zu werden, der auf Steam in den höchsten Tönen gelobt wird und Spieler ganze Nächte lang an den Bildschirm fesselt. Die Vollversion hat das nur bestätigt. Hier greifen alle Spielelemente wunderbar ineinander, wie es bei solch komplexen Titeln nicht oft der Fall ist. Ja, The Riftbreaker ist ein Game-Design-Meisterwerk. Noch dazu zaubert es effektvolle Bilder auf den Monitor, ist umfangreich, angenehm fordernd und kostet gerade mal 30 Euro (oder ihr habt den Xbox Game Pass, dann müsst ihr gar nichts extra zahlen). Klar, wer von Spielen eine packende Story erwartet, wird hier nicht bedient. Aber geht es euch einzig und allein um tolles Gameplay und könnt ihr zumindest mit zwei der drei Genres, die in The Riftbreaker stecken, was anfangen, solltet ihr euch dieses Kleinod auf keinen Fall entgehen lassen.
- Perfekt ineinander greifende Mechaniken
- Umfangreicher Aufbaupart
- Motivierende Progression
- Fetzige Kämpfe
- Schicke Grafik
- Große Kampagne mit mehreren Biomen
- Angenehm herausfordernd
- Sehr gute Maus-/Tastatursteuerung
- Basenbau mit Controller frickelig
- Erzählerisch gehaltlos