Star Wars Jedi: Fallen Order konnte 2019 die hohen Erwartungen nicht erfüllen, Star Wars Jedi: Survivor übertrifft sie nun – und die PC-Version unterbietet sie zugleich auch wieder.
Star Wars Jedi – Survivor im Test: Starkes Sequel mit schlimmer PC-Technik
Erinnert ihr euch an die Zeit, in der Star Wars rein mit Euphorie verknüpft war? Falls ja, seid ihr entweder höheren Alters und habt die Ära aktiv miterlebt, in der es nur drei "Krieg der Sterne"-Film gab, oder gehört zu der Gruppe, die die Prequels abfeiert. Seitdem Disney die Herrschaft über die Marke hat, sind sich aber wohl fast alle einig: Die "Star Wars"-Euphorie ist dahin. Die dritte Filmtrilogie ist ein Kartenhaus, das schon während des Baus in sich zusammengefallen ist. Die heiß erwartete Obi-Wan-Serie entpuppte sich als riesige Enttäuschung, "Das Buch von Boba Fett" hat, nun ja, auch ordentlich Fett wegbekommen. Nur "The Mandalorian" und "Andor" haben es vermocht, richtige Begeisterung bei einer breiteren Masse zu wecken. Und auf Videospielseite? Die Battlefronts von DICE sind ein trauriges Kapitel für sich und Jedi: Fallen Order ist leider nicht das fantastische "Star Wars"-Singleplayer-Spiel geworden, auf das wir so lange warten mussten. Die gute Nachricht: Mit dem Nachfolger Star Wars Jedi: Survivor holt Respawn Entertainment dieses Versäumnis nach. Die schlechte: Zumindest von der PC-Fassung solltet ihr derzeit noch unbedingt die Finger lassen.
Die Macht ist mit dieser Story
Star Wars Jedi: Survivor spielt mehrere Jahre nach Fallen Order. Cal Kestis ist längst kein Grünschnabel mehr, sondern ein gestandener, mächtiger Jedi. Er ist nicht mehr mit seiner Mentorin Cere und dem Piloten Greez unterwegs, sondern hat eine neue Crew für die Mantis. Gemeinsam führen sie kleine Schläge gegen das Imperium aus. Der Auftakt des Spiels auf dem Stadtplaneten Coruscant erweist sich als spektakulär inszenierter Prolog. Die Zwischensequenzen sind auf allerhöchstem Niveau, hier kann sich so manch Filmschaffender eine Scheibe von abschneiden. Tolle Kamerafahrten, exzellenter Schnitt, perfekte Musikuntermalung im typischen "Star Wars"-Stil: Da legt man doch gerne mal das Gamepad für ein paar Minuten zur Seite.
Der Job auf Coruscant läuft leider nicht ganz so wie geplant, woraufhin Cal nach Koboh fliegt. Nicht nur, dass der Planet nicht unter der Kontrolle des Imperiums steht, dort hat sich zudem Greez niedergelassen und einen Saloon eröffnet. Neben dem Wiedersehen mit seinem vierarmigen Freund erwarten den Jedi aber auch eine Auseinandersetzung mit den ortsansässigen Bedlam Raiders, die den Anwohnern Ärger bereiten, und mysteriöse Entdeckungen. Wir wollen gar nicht groß weiter auf den Plot eingehen, der diesmal über weite Strecken wirklich gut ist. In Fallen Order wollte nie so richtig Spannung aufkommen, das sieht hier anders aus.
Survivor zieht Verbindungen zur Ära der Hohen Republik, nebenbei fließen auch noch Elemente aus Filmen und Serien ein. Es gibt so einige überraschende Wendungen und obendrein glänzt das Spiel mit tollen Charaktermomenten. Immer wieder gibt sich Jedi: Survivor enorm herzlich, etwa wenn Cal und Greez zum ersten Mal nach Jahren wieder aufeinandertreffen. Die Chemie zwischen den Figuren ist dank toller Dialoge und exzellenter Vertonung im Englischen (die deutsche Synchronisation ist aber auch ok) genauso gut wie im Vorgänger.
Der perfekte Mix aus Linearität und Offenheit
Einer der großen Schwachpunkte von Fallen Order ist die selten befriedigende Erkundung gewesen. Oftmals hat uns das Spiel nur mit alternativen Skins für Cals Poncho oder Lichtschwertanpassungen belohnt. Erstere sind alles andere als cool, von letzteren sieht man im Spielgeschehen aufgrund der Third-Person-Perspektive nichts. Daher waren unsere Sorgen groß, als klar wurde, dass Star Wars Jedi: Survivor deutlich größere Levels bietet. Respawn hatte es nicht geschafft, das Erkunden der recht linearen, kompakten Planeten des ersten Teils motivierend zu gestalten. Wie sollte dem Team das erst gelingen, wenn die Umgebungen noch viel weitläufiger ausfallen? Doch siehe da: Respawn hat es geschafft. In Jedi: Survivor lohnt es sich meistens sehr, die vielen Abzweigungen zu nehmen und ständig den Hauptpfad zu verlassen. Ja, auch diesmal sind längst nicht alle Belohnungen Gameplay-relevant. Aber a) gibt es mit 25 findbaren Boni (Perks) zusätzliche Upgrades neben den Verbesserungen für Lebens- und Machtenergie sowie zusätzlichen Fähigkeitspunkten und b) sind die kosmetischen Items viel cooler als in Fallen Order. Die Poncho-Phase hat Cal hinter sich gelassen. Im Spielverlauf schaltet ihr immer mehr Hemden, Hosen und Jacken frei, die sehr vielfältig sind und richtig cool aussehen. Auch verschiedene Frisuren und Bärte lassen sich in Kisten finden. Das ist alles andere als immersiv, gefreut haben wir uns trotzdem über jeden dieser Funde.
Wichtig ist aber auch, dass nicht allein die Belohnungen die Erkundung so, nun ja, lohnenswert machen. Es sind oftmals die Welt selbst und die spielerischen Herausforderungen, die euch dazu anstiften, die Hauptgeschichte gerne mal für längere Zeit zu vergessen. Gerade auf Koboh gibt es so unfassbar viele völlig optionale Bereiche, die richtig schön gestaltet sind und einen guten Mix aus anspruchsvollen Kämpfen, netten Geschicklichkeitspassagen und kleineren Rätseln bieten. Eine waschechte Open World ist das hier nicht, dafür sind viele Gebiete doch zu linear aufgebaut. Der Vergleich mit den beiden jüngsten God of Wars tut sich auf und genau wie sie hält Star Wars Jedi: Survivor meisterlich die perfekte Balance aus offenen Arealen mit vielen Ablenkungen und Schlauch-Levels.
In Sachen Umfang kann man dem Spiel eh nicht viel vorwerfen. Die Hauptgeschichte allein wird euch bereits an die 20 Stunden beschäftigen. Wer alles sehen und erleben möchte, kann locker nochmal genau so viel Zeit hinzu addieren. Es gibt diesmal Nebenquests, ihr könnt auf Kopfgeldjagd gehen, euch um einen Garten auf dem Dach von Greez' Cantina kümmern, euch durch Puzzleräume in Form von Jedikammern knobeln und die Zeit mit einer Art Holo-Schach vertreiben. Respawn serviert hier ein großes, vielfältiges Buffet, das pappsatt macht.
"Wie hätten's denn gern Ihr Lichtschwert?"
Die beste Spielwelt bringt nichts, wenn das Gameplay keinen Spaß macht. Zum Glück ist dem in Star Wars Jedi: Survivor nicht so. Respawn baut auf der soliden Basis des Vorgängers auf und erweitert sie. Im Kern spielt sich Teil 2 also wie Teil 1. Das bedeutet einerseits, dass es sich an sich toll anfühlt, das Lichtschwert zu schwingen, weil Cals Attacken fantastisch animiert sind und das Trefferfeedback richtig gut ist, andererseits aber auch, dass die Präzision erneut zu wünschen übrig lässt. Animationen haben hier eben Priorität vor euren Eingaben. Ihr könnt also nicht wie in Dark Souls eine Attacke abbrechen und ausweichen, wenn euer Gegner gerade zu einem blockbaren Schlag ausholt – was zu sehr vielen Treffern führt, die sich in anderen Souls-likes leicht vermeiden ließen.
Doch ist Jedi: Survivor überhaupt ein richtiges Souls-like? Fallen Order ist das schon nur so halb gewesen, dessen Nachfolger fühlt sich nochmal mehr wie ein typisches Action-Adventure an. Ja, gespeichert wird nach wie vor nur an Meditationspunkten und ihr verliert im Fall eures Ablebens eure Erfahrungspunkte. Es gibt auch so manch knackige Kämpfe, aber gerade die Auseinandersetzungen mit imperialen Streitkräften oder den Kampfdroiden aus den Prequels, die die Bedlam Raiders auf Koboh zu ihren Dienern gemacht haben, stellen auf dem normalen Schwierigkeitsgrad kaum eine Herausforderung da. Hier dürft ihr euch wirklich wie ein mächtiger Jedi fühlen, zumal Cal in Jedi: Survivor von Beginn an ordentlich was drauf hat. Wäre ja auch blöd gewesen, wenn Respawn uns mit dem "Held fällt auf den Kopf, erleidet Amnesie und vergisst all das, was er kann"-Trope angekommen wäre.
Fast von Anfang an stehen euch drei Kampfstile zur Verfügung: mit einem Lichtschwert, einer Doppelklinge à la Darth Maul oder zwei Schwertern. Zwei davon könnt ihr ausrüsten, um jederzeit zwischen ihnen zu wechseln. Später kommen noch zwei weitere Optionen hinzu: ein Zweihandschwert mit Parierstangen, wie ihr es von Kylo Ren kennt, sowie die Möglichkeit, ein Schwert und einen Blaster zeitgleich zu führen, was ungemein cool ist. Jede der Kampfhaltungen hat ihre Vor- und Nachteile sowie einen eigenen Talentbaum und es macht Spaß, zwischen ihnen zu wechseln.
Dank großer Gegnervielfalt werden die Gefechte nie langweilig und gerade die Bosskämpfe gegen andere Schwertschwinger machen enorm viel Laune. Dabei im richtigen Moment zu parieren und dann eine geschmeidig animierte Kombo auszuführen, fühlt sich richtig toll an. Nein, Star Wars Jedi: Survivor erreicht nicht das Niveau von Elden Ring oder Nioh, aber das macht es mit der tollen "Star Wars"-Atmosphäre beziehungsweise dem Gefühl, ein waschechter Jedi zu sein, wett.
Für Abwechslung sorgen die Sprung- und Kletterpassagen. Die sind in der Regel sehr simpel gehalten, es ist aber nicht immer sofort ersichtlich, wo es langgeht. Und dann spielt die Erkundung hierbei eben auch eine wichtige Rolle, weil ihr ständig nach Geheimnissen Ausschau haltet. Die eingestreuten Rätsel sind ebenfalls stets einfach gehalten, dienen aber als nette Auflockerung des Spielgeschehens. Star Wars Jedi: Survivor hat durch diese Mischung ein tolles Pacing. Action, Erkundung, Geschicklichkeitstests und Knobeleien wechseln sich wunderbar ab.
Und wieder ist Optimierung ein Fremdwort
Wie gerne würden wir an dieser Stelle einfach nur schreiben: "Star Wars Jedi: Surivor sieht toll aus und ist ein fantastisches Spiel, kauft es euch!" Leider können wir das aber nicht, zumindest nicht im Fall der PC-Fassung. Auf den Konsolen bietet es wohl auch keine Top-Performance, doch so große Probleme wie auf dem PC plagen die Xbox- und PlayStation-Spieler nicht. Ja, Respawn ist leider der nächste Entwickler, der eine wahrlich schlecht optimierte Version für Computerspieler abliefert. Langsam fragen wir uns echt, was da seit Ende 2022 (genauer gesagt seit The Callisto Protocol) los ist, dass die Hersteller scheinbar vergessen haben, wie man Spiele auf dem PC gescheit zum Laufen bringt.
Jedi: Survivor stimmt also mit erheblichen Performance-Problemen in den Chor mit ein, in dem schon so viele namhafte Titel wie Forspoken, Hogwarts Legacy, The Last of Us: Part 1 und noch einige weitere mitsingen. Zum Release am Freitag lief das Spiel absolut grausig. Im Prolog auf Coruscant sank die Bildrate teilweise in den niedrigen 20er-Bereich, wenn nicht sogar noch weiter runter – und das mit einer RTX 3080 Ti im Gehäuse, ohne Raytracing und nur in Full HD. Die 60er-Marke wurde selten erreicht. Am Wochenende gab es dann aber weitere Patches, die für ein bisschen Besserung gesorgt haben. Dennoch: Die Bildrate ist nach wie vor alles andere als stabil. Zwar bleiben richtige krasse Ruckelorgien aus, das Bild stockt aber immer wieder. Ist Jedi: Survivor so spielbar? Ja. Kann man es aber auch unbeschwert genießen? Nein. Und wir reden hier von einem PC mit ordentlicher Grafikkarte. Wer schwächere Hardware besitzt, sollte wirklich mit dem Kauf warten, bis Respawn das Ding gesund gepatcht hat.
An ein Spielen mit den neuen Raytracing-Effekte, die es in Fallen Order noch nicht gegeben hat, ist überhaupt nicht zu denken. Selbst mit aktiviertem AMD FSR ist damit keine angemessen hohe Bildrate zu erreichen. Immerhin sieht Star Wars Jedi: Survivor auch ohne Raytracing schick aus. Die Umgebungen strotzen nur so vor Details und protzen regelmäßig mit wunderschönen Panoramen. Verwaschene Texturen sucht ihr vergeblich und die Charaktere sehen nicht nur in den Zwischensequenzen fabelhaft aus. Trotzdem: Der Hardware-Hunger steht in keiner Relation zur grafischen Qualität. Jedi: Survivor sieht klasse aus, ist aber kein Crysis der heutigen Zeit. Das nicht mal High-End-PCs konstante 60 FPS hinbekommen (und da reden wir immer noch von 1080p und nicht 1440p oder gar 4K), ist schlichtweg peinlich.
Fazit
Es tut uns in der Seele weh, derzeit eine Kaufwarnung für die PC-Fassung von Star Wars Jedi: Survivor aussprechen zu müssen. So arg die Performance-Probleme sind, so großartig ist das Spiel an sich. Respawn hat aus einigen (wenn auch nicht allen) Fehlern des Vorgängers gelernt und eine Fortsetzung abgeliefert, die an die Qualitätszunahme von Assassin' Creed 1 zu 2 erinnert. Jedi: Survivor ist nicht nur deutlich größer als Fallen Order, sondern auch mit besserem Inhalt gefüllt. Die Story zieht uns mehr in ihren Bann, das Erkunden der Welt fühlt sich viel belohnender an.
Wir haben es hier mit einem exzellenten Action-Adventure für "Star Wars"-Fans zu tun, das aber auch diejenigen begeistern kann, die gar nicht so sehr vernarrt in die "Krieg der Sterne"-Welt sind. Aber weil wir nun mal die PC-Version gespielt haben und die so dermaßen schlecht optimiert ist, dass es den Spielspaß hemmt, müssen wir dafür ordentlich Punktabzug geben. Und so fällt die Wertung nicht höher als die von Fallen Order aus. Wenn Respawn mit weiteren Updates alle Probleme aus der Welt schafft, ist Star Wars Jedi: Survivor ein Toptitel, der sich 4.5 Sterne redlich verdient hat. Bis dahin können wir aber nur jedem dazu raten, mit dem Kauf zu warten und in der Zeit lieber was anderes zu spielen.
- Spannende Story
- Erkundung viel motivierender als im Vorgänger
- Viele optionale Inhalte
- Spaßige Kämpfe
- Coole neue Kampfstile
- Schicke Optik
- Erstklassige Vertonung
- Hervorragendes Pacing
- Starke Performance-Probleme
- Kampfsystem mangelt es immer noch an Präzision