Prince of Persia ist zurück und das in fulminanter Form. Wer hätte das noch vor einiger Zeit gedacht?
Prince of Persia - The Lost Crown im Test: Der Griff nach der Genre-Krone
Der Erfolg der „Prince of Persia: The Sands of Time“-Trilogie legte den Grundstein für ein noch weitaus erfolgreicheres Franchise als es der Prinz aus Persien jemals war. Doch durch den Siegeszug der „Assassin’s Creed“-Reihe geriet die beliebte Marke etwas in Vergessenheit. Seit 2010 gab es abgesehen von ein paar Mobile-Umsetzungen keinen neuen vollwertigen Ableger der Reihe. Doch mit Prince of Persia: The Lost Crown können wir nun endlich wieder durch das alte Persien reisen, die dortigen Kulturen und Mythen aufsaugen sowie fantastische Abenteuer im Orient erleben. Statt jedoch wie in den vergangenen Spielen auf eine dreidimensionale Welt zu setzen, gehen die Entwickler von Ubisoft Montpellier zurück zu den 2D-Wurzeln der Spiele. Ob dadurch neue Legenden geschaffen werden oder einfach nur Wüstensand im Getriebe des Franchises steckt, erfahrt ihr jetzt.
Der Prinz hat ausgedient
Prince of Persia: The Lost Crown erzählt eine komplett eigenständige Geschichte und schließt inhaltlich weder an die ursprünglichen Spiele noch an die „The Sands of Time“-Trilogie oder andere Titel an. Stattdessen schlüpft ihr in die Rolle des jungen und forschen Kriegers Sargon, der als sogenannter Immortal zusammen mit seinen Mitstreitern die letzte Hoffnung Persiens im Krieg gegen die Kushan ist. Man könnte ihn vom Aussehen fast ein bisschen als orientalischen Punk bezeichnen. Das Spiel beginnt direkt mit einer groß angelegten Schlacht gegen die Kushan und ihren Anführer General Uvishka. Allerdings dient diese Einführung eher als Tutorial, um sich mit der Steuerung und der grundlegenden Mechanik vertraut zu machen. Dementsprechend ist auch der erste Bosskampf nicht weiter schwierig. Das eigentliche Abenteuer beginnt erst, nachdem sich bei der triumphalen Siegesfeier eine Bedrohung aus dem Inneren manifestiert hat. Der vorher stets namenlose Prinz, nun genannt Ghassan, wird von einer Vertrauten von Sargon entführt und so beginnt die Reise.
Metroidvania im fernen Orient
Die Entwickler machen keinen Hehl daraus, dass das Metroidvania-Genre eine große Inspiration für die Umsetzung von Prince of Persia: The Lost Crown war. Ein Prince of Persia in 2D und mit klassischen Levels hätte wohl kaum jemanden aus den Socken gehauen. Stattdessen präsentieren die Entwickler mit The Lost Crown eine semi-offene 2D-Spielwelt, die sich nach und nach erweitert, je nachdem über welche Fähigkeiten ihr verfügt. So öffnen sich dann neue Wege und Areale oder auch Abkürzungen, um schneller von A nach B zu gelangen. Das kennt ihr von zahlreichen anderen Games dieses Genres, aber den Entwicklern aus Montpellier ist es gelungen, die klassischen „Prince of Persia“-Elemente sowie ein eingängiges Kampfsystem und akrobatische Aktionen in diesem Grundgerüst zu vereinen.
Akrobatik mit Gehirnschmalz
In Prince of Persia: The Lost Crown verfügt Sargon zu Beginn noch über sehr begrenzte Fähigkeiten. Er kann laufen, springen und kämpfen (Angreifen und Parieren), eben was ein guter Krieger können muss. Im Verlauf der Geschichte kommen dann Dinge wie das Dashen, die Erzeugung eines Ebenbilds, zu dem man sich jeder Zeit teleportieren kann oder ein Doppelsprung dazu. Es ist sogar möglich, Gegner und Objekte in andere Dimensionen zu ziehen oder Plattformen erscheinen zu lassen. Insgesamt sind sechs verschiedene Simurgh-Kräfte im Spiel vorhanden, die euer Arsenal erweitern. Diese Fähigkeiten essentiell sind, um in der rauen Spielwelt zu überleben.
Wie man es als vorangegangenen Spielen kennt, ist die Welt nämlich mit Fallen und anderen Hindernissen gespickt. Mal sind es Stachelrollen, tödliche Gräben oder verschwindende Bodenplatten. Einige Hindernisse können nur mit diesen Fähigkeiten überwunden werde. Richtig knifflig wird es dann, wenn zum Lösen eines Rätsels, beispielsweise um eine Tür zu öffnen, verschiedene Elemente miteinander kombiniert werden müssen. Das erfordert nicht nur Fingerfertigkeit, sondern auch eine Portion Gehirnschmalz, denn einfach sind diese Passagen beileibe nicht. Die Herausforderungen sind jedoch stets fair und dank der exzellenten Steuerung liegt ein Scheitern stets an euch selbst. Die Befriedigung eine solche Passage dann überstanden zu haben, ist dafür umso größer und der Ideenreichtum der Entwickler wird euch in dieser Hinsicht immer wieder verblüffen.
Kämpfen mit Style und Taktik
Neben den akrobatischen Fähigkeiten steht natürlich auch das Kämpfen in Prince of Persia: The Lost Crown auf dem Plan. Ähnlich wie in einigen Fighting Games haben die Entwickler einen einfachen Ansatz gewählt, der aber auf den zweiten Blick erstaunlich viel Tiefe bietet. Es gibt für Nah- und Fernangriffe jeweils nur eine Taste. Aber in Kombination mit Richtungsanweisungen und der Möglichkeit des Blockens können umfangreiche Combos ausgeführt werden.
Außerdem erlernt Sargon während seiner Reise Athra-Fähigkeiten. Dabei handelt es sich um Spezialaktionen, von denen maximal zwei zur gleichen Zeit aktiv sein können. Zudem müssen sie vorher durch erfolgreiche Aktionen aufgeladen werden. Gerade im Kampf gegen die ausgezeichnet designten Bossgegner können diese Fähigkeiten den Unterschied machen. Diese fiesen Gestalten verfügen in der Regel über viele verschiedene Kampfmuster und erfordern jeweils eine eigene Strategie. Fast genauso wichtig ist die Möglichkeit, gegnerische Attacken zu kontern. Das gilt nicht nur für die Bosse, sondern auch normale Fieslinge. Auch bei diesen haben die Entwickler darauf geachtet, dass diese nicht nur nach einem Schema angreifen. Diese Liebe zum Detail sieht man so ausgeprägt nicht häufig.
Eine reichhaltige Welt erwartet euch
Garniert wird das gesamte Erlebnis mit allerlei weiteren Inhalten. Ubisoft betreibt zwar eher ein subtiles World Building in Prince of Persia: The Lost Crown, aber wer sich darauf einlässt und die zahlreichen Sammelgegenstände einsackt, erfährt eine Menge über die Hintergrundgeschichte der Welt. Einige Story-Elemente werden dadurch substanziell unterfüttert. Zusätzlich gibt es einige Nebenaufgaben, deren Belohnungen zum Beispiel in Form von zusätzlicher Energie oder Amuletten sein können. Letztere können eingesetzt werden, um eurem Spielstil entgegen zu kommen. Da gibt es für das Tragen eines Amuletts etwas mehr Energie oder die Wirkung von Waffen wird erhöht. Es ist nicht kompliziert, verleiht dem Spiel aber eine gewisse taktische Tiefe, die wir in dieser Form nicht erwartet hätten.
Jeder kann es spielen
Obwohl Prince of Persia: The Lost Crown ein ziemlich forderndes Erlebnis und euch schon auf dem normalen Schwierigkeitsgrad Einiges abverlangt, hat Ubisoft verschiedene Möglichkeiten eingebaut, damit wirklich jeder, ungeachtet seiner persönlichen Herausforderungen, den Titel spielen kann. Es gibt nicht nur unterschiedliche Schwierigkeitsgrade, es lassen sich sämtliche Aspekte des Spiels an die eigenen Bedürfnisse anpassen. Gegnerenergie, Zeitfenster, Zielhilfe etc. könnt ihr nach eigenem Gusto verändern. Ihr dürft sogar ganze Sprungpassagen überspringen oder euch auf der Karte alle wichtigen Punkte anzeigen lassen, wenn ihr nicht selbst auf Erkundungstour gehen möchtet. Das ist absolut vorbildlich.
Es ist fast alles Gold, was glänzt…
Grafisch zeigt sich Prince of Persia: The Lost Crown ebenfalls von einer hervorragenden Seite. Ihr wisst sofort, in welchem Game ihr seid. Die persische Mythologie ist allseits präsent und dank der verschiedenen Biome, durch die ihr Sargon bewegt, ist auch stets Abwechslung geboten. Es geht durch dicht bewachsene Wälder, sandige Katakomben bis hin zu einem alten Hafen. Ab und an hätte es ein paar mehr Details im Hintergrund geben dürfen, aber das ist wirklich meckern auf höchstem Niveau. Ansonsten gibt es nämlich optisch kaum Anlass zur Kritik. Zum Beispiel bewegen sich Sargon und sämtliche anderen Charaktere äußerst geschmeidig. Insbesondere die Bossgegner wissen sowohl optisch als auch spielerisch zu überzeugen.
Akustisch befindet sich das Spiel auf einem ähnlich hohen Level. Die Musik von Gareth Coker und der Künstlerin Mentrix verbindet traditionelle orientalische Klänge mit aktuellem Sound. Eine ähnliche Mischung hat schon bei Prince of Persia: Warrior Within bestens funktioniert und das tut sie auch hier. Lediglich einige Sprecher der Nebenrollen scheinen nicht ganz motiviert bei der Arbeit gewesen zu sein. Wer will, kann die Immersion des Spiels zudem noch steigern und schaltet die Sprachausgabe auf Fārsi um. Dann ist das Erlebnis aus 1001 Nacht komplett.
Fazit:
Prince of Persia: The Lost Crown markiert die beeindruckende Rückkehr einer der ältesten Videospiel-Marken. Der Wechsel zur 2D-Perspektive war der richtige Schritt, um das Spiel von Assassin’s Creed und Co abzuheben. Es sind alle klassischen Elemente der Reihe vorhanden, mehr noch, sie wurden mit neuen Ideen erweitert und das funktioniert tadellos. Egal, welchen Teilaspekt des Spiels man sich anschaut, es harmoniert alles beinahe in Perfektion. Das Zusammenspiel von Erkundungen und Kämpfen sowie dezenten Rollenspiel-Einflüssen macht derart viel Spaß, dass wir ein ums andere Mal die Zeit im virtuellen Persien vergessen haben. Dazu kommen exzellente Bosse und viel Liebe zum Detail. So muss sich ein Prince of Persia anfühlen und spielen.
- exzellente Spielbarkeit
- knackige Rätsel und Kämpfe
- große Spielwelt
- viel Inhalt und Abwechslung
- tolle Präsentation
- viele Möglichkeiten zur Barrierefreiheit
- einige Nebensprecher wirken unmotiviert
- selten karge Hintergründe