Nicht nur Mario kann eindrucksvolle Abenteuer erleben, das kriegt sein Bruder auch hin, wie Luigi's Mansion 3 beweist.
Luigi's Mansion 3 im Test: Kreativ, knuddelig, kongenial
Luigi, der grüngekleidete Klemper, steht seit mehr als 30 Jahren im Schatten seines dominanten Bruders Mario. Doch im (nicht mehr ganz so) neuen Jahrtausend hat sich der etwas schusselige und ängstliche Handwerker emanzipiert und geht als Geisterjäger in seiner eigenen Spielereihe auf große Reise. Nachdem er in Luigi’s Mansion für den GameCube erstmals auf die Pirsch nach astralen Wesen gegangen ist, folgte ein Auftritt auf dem Nintendo 3DS mit einem sensationellen 3D-Effekt. Der dritte Teil der Reihe kombiniert nun die beliebtesten Elemente der Serie in einem Produkt. Ab sofort könnt ihr unterwegs oder zu Hause, allein oder mit Freunden auf Geisterjagd gehen.
Bekannte Geschichte, aber zweckmäßig
Die Geschichte von Luigi’s Mansion 3 könnte Kennern des ersten Spiels durchaus bekannt vorkommen. Luigi, Mario und seine Freunde wurden von Sarah Schreck in ein piekfeines Luxushotel eingeladen, um dort nach all den Auseinandersetzungen mit Bowser ein wenig durchzuschnaufen. Was allerdings niemand der Gäste weiß: Sarah Schreck und ihre angestellten führen nichts Gutes im Schilde. Schon in der ersten Nacht passiert es. Mario, Prinzessin Peach und die Toads werden entführt und in Bilder gebannt. Und wer darf wieder für Recht und Ordnung sorgen? Richtig, Luigi! Doch er macht das nicht allein. In den ersten paar Minuten trifft Luigi auf Professor I. Gidd, der ihm nicht nur mit allerlei Equipment, sondern auch schlauen Kommentaren durch das Abenteuer hilft. Die Geschichte ist sicherlich kein Oscar-Material, aber für ein knuddeliges Gruselabenteuer auf der Nintendo-Konsole reicht sie allemal.
Luigi's Mansion 3 Trailer:
Mit allen Mitteln gegen Geister
Während wir also mit Luigi unsere ersten Schritte durch das Hotel machen, die Lobby erkunden und uns fragen, wie die zahlreichen Stockwerke so aussehen, fallen sofort einige Gameplay-Unterschiede und -Erweiterungen zu den Vorgängern auf. Das Fangen von Geistern funktioniert seit 18 Jahren mehr oder weniger nach dem gleichen Prinzip: kurz mit der Taschenlampe blenden und dann mit dem Schreckweg F-LU einfach aufsaugen. Es funktioniert ein bisschen so wie in Angelspielen. Doch mit dem dritten Teil hat Luigi einige neue Dinge gelernt. Wir können nämlich, während wir die Geister einsaugen, die körperlosen Wesen wild in der Gegend umherschleudern und zusätzlich nicht nur andere Geister verletzen, sondern gleich das Mobiliar des Hotels zerlegen. Dabei ist doch Luigi gar kein Rockstar, der Hotelzimmer verwüstet.
Darüber hinaus beherrscht er eine Stampfattacke sowie die Fähigkeit, Pömpel zu verschießen, die wiederum mit dem Schreckweg F-LU mittels einer Leine wieder eingesaugt werden können. Komplett abgefahren wird es, wenn Luigi ein glibberiges Ebenbild seiner selbst, genannt Fluigi, erschafft. Grundsätzlich verfügt diese seelenlose Gestalt über die gleichen Fähigkeiten, reagiert aber auf Wasser und andere äußere Einflüsse mit Auflösungserscheinungen. Dafür ist sie gegen manche Gefahren immun, was in einem interessanten Wechselspiel zwischen den beiden Figuren resultiert. Die im zweiten Teil eingeführte Düsterlampe, die verborgene Dinge enthüllt, ist ebenfalls mit von der Partie.
Gewusst wie, dann klappt's
Es klingt zwar nach nicht viel, aber die Entwickler von Next Level Games haben sowohl die zahhlreichen Gegner im Spiel als auch die Umgebung an sich und die damit verbundenen Levels um genau diese Mechaniken herumgestrickt und das in ziemlich beeindruckender Weise. Lassen sich die ersten Geister von uns noch ohne Probleme einfangen, fordern bereits die ersten Bossgegner unser Gehirnschmalz. Der Geist hat eine Sonnenbrille auf? Dann müssen wir mit der Stampfattacke den Boden erschüttern, damit der Augenschutz von der Nase fällt.
Aber was macht man, wenn der Fiesling auch noch ein Schild trägt? Dann kommt der Pömpel zum Einsatz. Wenn wir den zielsicher an das Schild schmatzen, reißen wir dem Geist den Schutz einfach vom Leib. Das sind nur Beispiele für einige der frühen Bosse. Die Kreativität, mit der die Entwickler bei den Endgegnern auftrumpfen, ist wirklich bemerkenswert. Mitunter muss Fluigi eingesetzt werden, wenn beispielsweise Luigi allein zu schwach ist oder auf zwei verschiedenen Seiten agieren muss.
Herrlich abwechslungsreich
Selbiges gilt für das Leveldesign. Jede Etage im Hotel, insgesamt gibt es 15 Stockwerke und zwei Untergeschosse, kann als eigenständige Welt mit allerlei Geheimnissen betrachtet werden. Vom Fitness-Center und einer alten Burg über ein ganzes Filmstudio bis hin zu einer Pyramide findet ihr alles, was das Herz begehrt. Diese Abwechslung kennen wir sonst nur vom Besuch im örtlichen Rotlichtetablissement. Das Wunderbare daran ist, dass sich diese Kreativität auch durch die Umgebungspuzzles zieht, die mitunter ziemlich trickreich sind.
Je weiter wir im Hotel die Stockwerke erklimmen, umso mehr müssen wir alle einzelnen Fähigkeiten miteinander kombinieren. Manchmal sind dabei die einfachsten Lösungen auf den ersten Blick gar nicht erkennbar, so dass wir uns ein ums andere Mal an den Kopf gefasst haben, wie simpel der Weg doch sein kann. Umgekehrt tritt das Phänomen natürlich auch auf. Was allerdings in beiden Fällen identisch ist: das extrem befriedigende Gefühl, einen Boss erlegt, ein Rätsel gelöst oder ein Item gefunden zu haben. Das Belohnungssystem in unserem Kopf hat jedes Mal Freudensprünge vollführt.
E3 2019 Video:
Mehr Spieler? Mehrspieler!
Seit dem zweiten Teil ist ein Mehrspielermodus fester Bestandteil der Marke. Verschiedene Betätigungsmöglichkeiten mit mehreren Spielern gibt es auch dieses Mal. Besonders zwei Modi stehen im Vordergrund. Während unserer Testphase haben wir einfach einem Kollegen einen Joy-Con in die Hand gedrückt, der uns dann als Fluigi im Storymodus permanent begleitet hat. Das funktioniert unkompliziert und tadellos und ist besonders für Einsteiger geeignet. Wer auf mehr Action steht, sollte sich den Wirrwarrturm vorknöpfen. Hier geht es mit bis zu acht Spielern gemeinsam auf Geisterjagd, dabei herrscht ein Zeitlimit. Leider sind die Einstellungsmöglichkeiten nicht sonderlich umfangreich.
Ein bisschen anders sieht es bei den lokalen Modi aus, die ebenfalls bis zu acht Spieler gleichzeitig unterstützen. Eine Geisterjagd gibt es hier genauso. Alternativ lässt sich mit Kanonen auf Ziele schießen oder bei einer Münzjagd im Pool ein nasses Vergnügen erleben. Das ist alles sehr kurzweilig, aber ohne Substanz. Leider fehlen auch hier umfangreiche Einstellungsmöglichkeiten und wir stellen uns die Frage: Warum sind diese Modi nicht online spielbar?
Ein ganz großer Pluspunkt von Luigi’s Mansion 3 ist die zuckersüße Grafik. Der Stil ist sehr gelungenen, die Texturqualität überzeugt und die Animationen sind flüssig und sehr liebevoll gemacht. Luigi’s Mansion 3 kommt einem spielbaren Animationsfilm verdammt nah. Es wirkt auf uns ein bisschen so, als hätten die Macher die letzten Wochen ausschließlich damit verbracht, das Spiel in jeder Ecke und jedem Winkel auf Hochglanz zu polieren. Sprachausgabe ist bei Nintendo hingegen so eine Sache. Bei einigen Spielen gibt es sie, bei Luigi’s Mansion 3 müssen wir uns hingegen mit Sprach-Samples von Charles Martinet und anderen Sprechern begnügen. Aber auch das ist nicht sonderlich tragisch. In diesem Titel werden Emotionen und ein Großteil der Geschichte durch die Handlungen der Charaktere, Musik und natürlich die obligatorischen Texttafeln transportiert.
Fazit
Luigi’s Mansion 3 ist ein fast ausnahmslos gelungenes Gesamtpaket. Lediglich beim Online- und Mehrspielermodus haben die Entwickler etwas geschludert. Mit ein paar mehr Online-Modi und Einstellungsmöglichkeiten wäre eine Bestwertung drin gewesen. So bleibt unterm Strich ein herausragendes Singleplayer-Abenteuer in edler Optik, kreativen Ideen und einigen genial designten Bossgegnern, dessen Mehrspielerkomponenten die Qualität nicht ganz halten kann.
Besonders schön für alte Nintendo-Fans ist der Umgang mit der eigenen Historie. Hat man im ersten Teil noch den Game Boy Color als Gadget dabei gehabt, ist es nun der Virtual Boy. Der jüngeren Generation mag das vielleicht nicht auffallen, aber ältere Gamer freuen sich über den kleinen Geschichtsexkurs. Nur eines sollte man von Luigi’s Mansion 3 nicht erwarten: Grusel. Kurzum: Luigi’s Mansion 3 ist die perfekte leichte Unterhaltung für verregnete Tage und lange Winternächte, die man entweder allein oder gemeinsam erleben kann.
- Sehr abwechslungsreiche Levels
- Tolle Animationen
- Interessante Bosse
- Clevere Kombination der Gameplay-Mechaniken
- Sehr rudimentärer Mehrspielermodus