Der letzte Teil der World-of-Assassination-Trilogie, Hitman 3, ist da. Wir haben das Spiel getestet und das sind unsere Eindrücke.
Hitman 3 Test: Grandioses Leveldesign und unzählige Möglichkeiten
Agent 47 ist bereit für seinen vorerst letzten Einsatz. Der dänische Entwickler IO Interactive hat jetzt den dritten Teil der World-of-Assassination-Trilogie, Hitman 3, veröffentlicht und schließt damit die Geschichte des mehrteiligen Abenteuers ab. Kann der haarlose Auftragskiller endlich die Organisation Providence in die Knie zwingen und die Geheimnisse seiner Herkunft lösen? In sechs verschiedenen Missionen an den unterschiedlichsten Schauplätzen geht es rund um die Welt. Nach gut zwei Jahren Pause haben wir uns natürlich vorbereitet, haben die Klaviersaiten unauffällig im Koffer verstaut und sind mitgereist.
Jetzt ist die Trilogie komplett!
Hitman 3 schließt genau da an, wo der zweite Teil aufgehört hat. Nicht nur inhaltlich, sondern auch spielerisch und konzeptionell. Wer nämlich Hitman und Hitman 2 sein Eigen nennt, darf Levels und Fortschritte übertragen und in Hitman 3 integrieren. Ganz nebenbei wirkt das gesamte Konstrukt dann wie eine große, zusammenhängende Erfahrung und nicht wie drei einzelne Games. Spieler, die jetzt erst mit Hitman 3 in die Welt der Auftragsmörder eintauchen, werden im ersten Moment zwar etwas von der Menüstruktur erschlagen, aber sobald man die Struktur und teilweise identischen Auswahlmöglichkeiten verinnerlicht hat, stellt das kein Problem mehr dar. Etwas anders sieht es bei der Geschichte aus. Entweder holt man die Spiele noch einmal schnell nach oder liest sich eine ausführliche Zusammenfassung durch. IO Interactive bietet zwar eine Kurzzusammenfassung, aber um wirklich alle Zusammenhänge zu verstehen, hätte es ruhig ein bisschen ausführlicher sein können.
Hitman 3 Launch-Trailer:
Kurz, aber variantenreich
Erfahrene Killer können den Prolog, wie auch beim zweiten Teil, direkt überspringen. Alle anderen sollten das "Tutorial" spielen, um sich mit den grundlegenden Mechaniken vertraut zu machen, denn das hier erlernte Wissen dient nur als Basis für die eigentlichen Missionen, die einem deutlich mehr abverlangen. Wie bereits eingangs erwähnt, erstreckt sich das Spiel über sechs Missionen, wobei eine davon als Epilog angelegt und nicht so umfangreich ist wie der Rest. Wer also nur durch die Story spurtet, verpasst viel vom eigentlichen Reiz des Spiels und hat nach 5-6 Stunden die Endsequenz gesehen. Hitman 3 lebt jedoch, genau wie seine Vorgänger, von der Art und Weise, wie ihr das Ziel erreicht. So abgedroschen die Phrase auch klingen mag, aber: Der Weg ist das Ziel. Bei der Hitman-Reihe noch viel mehr als bei anderen Games.
Lautloser Killer oder mordender Trampel?
Im Prinzip schmeißen einen die Entwickler in eines der sechs Levels und sagen euch: "Das ist die Zielperson, das ist der Startpunkt und jetzt leg‘ los!" Am eigentlichen Spielprinzip hat sich nämlich nicht viel geändert. Im Idealfall erledigt ihr unter zur Hilfenahme der vor Ort verfügbaren Dingen die Zielperson ungesehen und verzieht euch danach wieder. Wie ihr das anstellt, ist komplett euch überlassen. Vergiften, Erschießen, in einen Abgrund schubsen, der Fantasie sind kaum Grenzen gesetzt. Aber auch das Gegenteil ist möglich. Ihr könnt wie Rambo mit gezückten Waffen durch die Levels stampfen und alles umnieten, was atmet. Aber das ist erstens deutlich schwieriger und zweitens geht dabei eine Menge Spielspaß flöten. Zudem ist das Gunplay auch nicht darauf ausgelegt. Also knackt man Schlösser, verkleidet sich, verhält sich unauffällig, lenkt Personen ab, schaltet im richtigen Moment Zeugen aus und nähert sich Stück für Stück der Zielperson.
Jetzt mit Kamerafunktion! Aber warum?
Neu ist in Hitman 3 eine Kamera, die Agent 47 mit sich trägt, mit der er verschiedene elektronische Geräte analysieren und hacken kann. Zudem dient die Kamera als Informationssammler. Es gibt nur ein Problem: Gegner interessieren sich nicht für das Gerät. Wo andernorts bereits ein falsch mitgeführter Schraubendreher die Aufmerksamkeit erregt, kann man mit der Kamera überall und vor allem ungestraft agieren. Zudem sind die Informationen, die man mit der Kamera erhält, bis auf wenige Ausnahmen auch nicht relevant für die Hauptgeschichte. Hier hätten wir von den Entwicklern mehr erwartet. Neu ist ebenfalls, dass auf Nummernblöcken alle Ziffern eines Codes einzeln eingegeben werden müssen.
Mehr Komfort und mehr Möglichkeiten
Der Reiz des Spiels liegt im mehrfahren Durchlaufen einer Mission, das erwähnten wir bereits. Dafür haben sich die Macher beim dritten Teil eine kleine, aber nicht zu unterschätzende Komfortfunktion einfallen lassen. In jedem Level gibt es verschiedene Herausforderungen zu erfüllen. Sei es beispielsweise, dass eine Nebengeschichte durchlaufen wird oder die Zielperson in einem speziellen Areal mit einer bestimmten Waffe getötet wird. Schließt ihr nun in einem Durchlauf eine bestimmte Tür auf, bleibt diese für nachfolgende Versuche ebenfalls offen. Ganz entfernt erinnert diese Technik an das Metroidvania-artige Levelsdesign anderer Spiele. Zudem lassen sich nach und nach mehr Startpunkte freischalten, wodurch sich ebenfalls neue Situationen ergeben.
Geniale Levels, aber es hätten mehr sein können
Dass das so viel Spaß macht, liegt vor allem an den Levels. Was IO Interactive hier zusammengebaut hat gehört zum Besten, was das Hitman-Universum zu bieten hat. Egal, ob es nun die erste Mission in Dubai ist, ein abgelegenes englisches Landhaus oder ein versiffter Untergrundclub in Berlin (abgesehen von der Umgebung, die irgendwo in Deutschland sein könnte, wirkt der Club Hölle wirklich wie der Prototyp eines Berliner Amüsierbetriebs), das Highlight sind auf jeden Fall die Locations im Spiel und die damit verbundenen Möglichkeiten. Einen großen Anteil an der Authentizität haben auch die zahlreichen Charaktere, die nicht nur nachvollziehbaren Tätigkeiten nachgehen, sondern teilweise kleine Nebengeschichten erzählen und dem gesamten Spiel Leben einhauchen. Diese Nebengeschichten sind streckenweise so grandios in die Geschichte eingeflochten, dass wir darüber unser eigentliches Ziel fast vergessen haben. Insbesondere die Detektivmission in Dartmoor verdient eine Erwähnung.
Allerdings wirkt Hitman 3 nicht unbedingt wie ein eigenes Spiel. Es fühlt sich eher wie ein Add-on, was hauptsächlich am Umfang liegt. Neben den sechs Hauptmissionen können zwar Missionen anderer Spieler ausprobiert, schwer zu fassende Ziele eliminiert, Escalation-Aufträge angenommen oder ein wenig mit dem Scharfschützengewehr in Sniper Assassin gespielt werden. Doch irgendwie wirkt das alles nicht so rund wie im Vorgänger. Der mittlerweile abgeschaltete Ghost Modus des zweiten Teils ist gar nicht vorhanden.
Nie war das Morden schöner und opulenter
Technisch bewegt sich Hitman 3 auf ganz hohem Niveau. Wir haben das Spiel auf der Xbox Series X getestet und sind vor allem von dem Mehr an Reflektionen und Lichteffekten beeindruckt. Das Spiel sieht durch die neuen Effekte noch einmal besser aus und davon profitieren auch die importierten Levels aus Hitman 1 und Hitman 2. Besonders bemerkenswert ist die jeweils komplett unterschiedliche Atmosphäre von Level zu Level. Während in Dubai alles den Glanz des Neuen und Modernen versprüht, wirkt das Herrenhaus in Dartmoor richtig antiquiert. Ein weiteres optisches Highlight sind die verregneten Straßen von Chongqing, wenn sich die Leuchtreklame in den Pfützen spiegelt. Akustisch ist der Titel ebenfalls ein Ohrenschmaus Jedes Level hat seine eigene akustische Signatur, so dass vom ersten Augenblick an eine äußerst dichte Atmosphäre erzeugt wird. Über die englische Sprachausgabe brauchen wir kein Wort mehr zu verlieren. Die ist bei allen drei Games auf einem sehr hohen Niveau.
Hitman 3 - Dartmoor Trailer:
Fazit:
Hitman 3 mag zwar eher wie eine Erweiterung wirken als wie ein komplettes Spiel, aber das tut der grundlegenden Qualität keinen Abbruch. Im Gegenteil, es finden sich im dritten Teil einige der besten Levels der gesamten Trilogie und das Sandbox-Prinzip lässt so schnell keine Langeweile aufkommen. Richtig gelungen sind auch die Nebengeschichten, die zwar optional sind, aber wer sie verpasst, dem geht eine Menge Spaß flöten. Die neuen Funktionen sind zwar nicht alle gelungen, aber immerhin bieten sie etwas Frisches, um nicht vollends im Eindruck eines Add-ons zu versinken. Die gesamten Onlinefunktionen mit Ranglisten usw. sind zwar nicht neu, aber sie bieten auf lange Sicht mehr Motivation als die verschiedenen Herausforderungen der einzelnen Levels. Hitman 3 ist ein mehr als würdiger Abschluss der World-of-Assassination-Trilogie.
- sehr gutes Leveldesign
- zahlreiche Möglichkeiten
- technisch beeindruckend
- tolle Integration der ersten beiden Spiele
- stark inszenierte Nebengeschichten
- wirkt eher wie ein Add-on
- Umfang hätte größer sein dürfen
- teilweise lieblose neue Gadgets