Auch wenn dem Football Manager 2021 große Neuerungen fehlen, liefert er dank verbesserter Match-Engine doch voll ab.
Football Manager 2021 im Test: Endlich wieder richtig guter Fußball!
Der Football Manager 2020 ist ein großes Fußballfest gewesen, aber zum einen hielten sich die Neuerungen im Vergleich zum Vorgänger in Grenzen, zum anderen krankte die Match-Engine an vielen KI-Problemen. Die virtuellen Kicker leisteten sich immer wieder Aktionen, die uns Hobby-Trainer vor dem Bildschirm wahrlich dazu anstifteten, die ganze Nachbarschaft mit Wutschreien in den Wahnsinn zu treiben. Patches lieferten zwar Besserung, aber das Niveau vorheriger Teile erreichte der FM 2020 nicht. Nun haben wir diverse Stunden mit dem Football Manager 2021 verbracht, der in in einer Hinsicht seinem Vorgänger ganz ähnlich ist. Aber dabei handelt es sich glücklicherweise nicht um die Probleme der Match-Engine.
Menü: Das Spiel
Der Football Manager 2021 ist keine Generalüberholung der Serie. Die hat ja auch kein Fan erwartet. Es sollte aber an dieser Stelle erwähnt sein, denn wer bislang mit der Marke nichts anfangen konnte, wird sich auch mit dem jüngsten Ableger schwertun. In seiner Gesamtheit betrachtet, handelt es sich immer noch um eine komplexe, teils sehr trockene Sportmanagementsimulation mit all den Stärken und Schwächen, die die Reihe seit jeher hat.
Ja, die ganzen Menüs sind heutzutage schicker und moderner als noch vor acht bis zehn Jahren. Wer will, kann sich hier auch immer noch mit von Nutzern erstellten Skins behelfen, die den Look des Football Manager 2021 weiter verbessern. Es bleibt aber dabei, dass es ein Spiel für Leute ist, die kein Problem damit haben, viele Texte zu lesen, Tabellen zu analysieren und sich durch zahlreiche Ober- sowie Untermenüs zu klicken.
Immer noch nicht hübsch
Das Leben als Trainer einer Fußballmannschaft besteht eben aus viel mehr als nur den Partien auf dem Rasen, deren 3D-Darstellung im Football Manager 2021 weiterhin grafisch sehr altbacken wirkt. Den Spielermodellen mangelt es an Details, die Animationen sind weit davon entfernt, lebensecht zu wirken und die Stadien sahen schon in FIFA 2010 besser aus. Scharfe Texturen, detailreiche Objekte oder auch nur ansatzweise überzeugende Zuschauermengen (ja, trotz Coronakrise sind im FM 2021 die Stadionränge voll) sucht ihr hier vergeblich.
In Sachen Sound gibt es eh keine Weiterentwicklung. Die Tonkulisse während der Spiele ist recht spartanisch, Fangesänge oder gar Audiokommentatoren gibt es nicht. Aber vermutlich weiß Entwickler Sports Interactive auch, dass viele Spieler den Football Manager eh dann zocken, wenn sie nebenbei etwas auf YouTube, Netflix oder ähnlichen Plattformen schauen, und dann eh den Spielsound stumm schalten. Warum sollten die Briten also viel Geld in diesem Ressort investieren, wenn es eh kaum jemand würdigen würde?
Gleichbleibende Komplexität, aber erhöhte Zugänglichkeit
Seine simple Technik hat der Football Manager immer mit der enormen Spieltiefe ausgeglichen, angefangen bei der umfangreichen, detaillierten Datenbank über die vielen taktischen Möglichkeiten, die euch zur Verfügung stehen, hin zur realistischen Simulation des internationalen Geschehens in der Fußballbranche. Diesbezüglich bildet der Football Manager 2021 wie seine Vorgänger zuvor die Speerspitze, von der FIFA und PES meilenweit entfernt sind. Der große Tiefgang bringt aber auch nach wie vor mit sich, dass ihr euch schon viel Zeit nehmen müsst, euch in die Spielmechanik und die vielen Menüs reinzufuchsen.
Aber wir müssen Sports Interactive zugutehalten, dass es seit Jahren versucht, seine Spiele zugänglicher zu gestalten. Auch die neue Ausgabe punktet in dieser Hinsicht mit ein paar sinnvollen Verbesserungen. Dazu gehört etwa das neue Taktik-Meeting vor jedem Spiel. Hier bekommt ihr übersichtlich aufgelistet, welche Ratschläge euch euer Trainerteam gibt: Ob ihr gegen den nächsten Gegner vielleicht offensiver oder defensiver spielen, welche Anweisungen ihr bezüglich des Abwehrspiels in Bezug auf einzelne Kicker eures Gegners geben oder welche Aufstellungsänderungen ihr vornehmen solltet.
Auch die neuen Scouting-Meetings seien an dieser Stelle erwähnt. Im Kern handelt es sich dabei zwar bloß um eine neue Verpackung für die etlichen Scouting-Berichte, die ihr regelmäßig erhaltet. Allerdings bekommt ihr hierbei auch klare Ratschläge, auf welchen Positionen ihr unbedingt Verstärkung gebrauchen könnt. Das Ganze ist somit keine weltbewegende, aber dennoch eine sinnvolle Neuerung.
Aggressiv antworten oder eine Flasche werfen – wo ist der Unterschied?
Wie viel nun tatsächlich die neue Gesten-Mechanik wert ist, ist schwer zu sagen. In Gesprächen mit einzelnen Spielern, bei Pressekonferenzen (die ansonsten nur um einige neue Fragen erweitert wurden sowie einen neuen Hintergrundbildschirm haben und deshalb immer noch nicht sonderlich spannend sind) oder Teambesprechungen in der Kabine könnt ihr nun zum Beispiel auf Knopfdruck die Fäuste ballern, die Arme gen Himmel heben oder auch eine Flasche durch den Raum schmeißen, um euren Aussagen mehr Ausdruck zu verleihen. Ob das Ganze aber wirklich ein neues Spielsystem ist, sei mal dahingestellt. Tatsächlich ersetzen die Gesten bloß die verschiedenen Emotionen, mit denen ihr in den Vorgängern Dinge sagen könnt ("Aggressiv", "Bestimmend" und so weiter). Ob sie einen anderen spielerischen Effekt haben? Ganz ehrlich: Das konnten wir nicht feststellen.
Zu solchen Änderungen, die nicht wirklich viel am Spiel verändern, sondern es eher um kleine Details erweitern, zählt auch der "Expected Goals"-Wert, der während jeder Partie im Football Manager 2021 live berechnet wird. Klar, das ist eine Statistik, die in den vergangenen Jahren im Fußball an Bedeutung gewonnen hat. Und wenn Sports Interactive eben jedes Jahr einen realistischen Fußballmanager entwickeln will, dann war es nun auch endlich an der Zeit, dieses Feature einzubauen. Es ist aber am Ende des Tages eben nicht mehr als eine zusätzliche Statistik, aus der ihr ableiten könnt, ob eure Mannschaft, insbesondere eure Offensivabteilung gut spielt oder nicht. "Nice to have", wie man auf Denglisch sagen würde, aber ein Verkaufsargument ist es nun ganz bestimmt nicht.
Entscheidend is auf'm Platz
Alles in allem mangelt es dem Football Manager 2021, und das ist eben die große Gemeinsamkeit mit dem FM 2020, an substantiellen Neuerungen. Aber es gibt einen Bereich, in dem sich dann doch ein wenig mehr getan hat, sodass eine deutliche Steigerung im Vergleich zum Vorjahr wahrzunehmen ist: die Match-Engine und das Interface während der Spiele.
Zum einen können wir voller Freude festhalten, dass die Partien kaum noch so dumme KI-Aktionen bereithalten wie im Vorgänger. Ganz selten stellen wir mal in Frage, was ein Spieler da gerade gemacht hat, aber auch das sind keine extremen Aussetzer. Die Fußballspiele im Football Manager 2021 sind gar fantastisch und so realistisch wie in keinem anderen Computerspiel, das sich mit dieser Materie befasst. Wir waren immer wieder erstaunt darüber, was für tolle Spielzüge unsere Kicker selbstständig durchführen.
Die Matches sind enorm spannend. Wir sitzen vor dem Bildschirm und fiebern mit, wenn wir in der zweiten Halbzeit mit einem Tor zurückliegen und gerade noch einen neuen Stürmer eingewechselt haben, der hoffentlich noch den Joker-Treffer erzielt. Und jedes Mal, wenn sich unsere Jungs eine gute Chance herausspielen, der Ball zielsicher auf den gegnerischen Kasten geht und der Keeper dann überragend pariert, springen wir von unserem Stuhl auf und ärgern uns darüber, dass der Mann so gut aufgelegt ist. Der Fußball im Football Manager 2021 macht richtig viel Spaß. So viel, dass wir uns schon Hunderte weitere Stunden damit verbringen sehen, weil wir nicht genug bekommen können.
Noch dazu gefällt uns die neue Benutzeroberfläche sehr. In den Vorgängern haben wir uns stets mehrere Fenster aufmachen müssen, um alle wichtigen Statistiken und die Kondition sowie die Noten unserer Spieler im Auge zu behalten. Im Football Manager 2021 ist das nicht mehr nötig. Die elf Mann, die für uns auf dem Rasen stehen, werden am unteren Bildschirmrand samt allen wichtigen Infos aufgelistet, per Knopfdruck lässt sich ein weiterer Reiter mit den Bankspielern aus- und auch wieder zuklappen. Klicken wir oben links auf das Scoreboard, öffnet sich ein Fenster mit den allgemeinen Spielstatistiken, also etwa den Schüssen aufs Tor beider Teams oder die Passquoten, das sich auch genauso schnell wieder schließen lässt. Im Football Manager 2021 sehen wir viel mehr von den Matches, im wahrsten Sinne des Wortes.
Fazit
Wer sich große Neuerungen vom Football Manager 2021 versprochen hat, wird enttäuscht. Ja, Sports Interactive hat viele kleine Dinge eingebaut, die auch allesamt ganz nett sind, aber im Grunde haben wir es hier immer noch mit dem gleichen Gerüst zu tun, dass schon letztes Jahr zum Einsatz kam. In einem Aspekt hat es sich aber deutlich gebessert: Die Match-Engine ist wesentlich ausgereifter als im FM 2020. Es gibt kaum noch Slapstick-Momente, die nicht auch in einem echten Fußballspiel passieren würden, die Partien wirken realistisch und sind hochspannend. Klar, letztendlich kann man dem Football Manager 2021 genauso wie einem FIFA 21 vorwerfen, nicht viel mehr als ein Datenbank-Update zu sein. Aber es ist auch ein fantastisches Spiel für all die Enthusiasten, die es noch nie gestört hat, sich durch eine Flut an Menüs zu klicken und sehr groben Polygonmännchen dabei zuzusehen, wie sie den Ball über den Rasen schieben.
- Gigantische Datenbank
- Viele taktische Möglichkeiten
- Deutlich verbesserte Match-Engine
- Zugänglichkeit weiter erhöht
- Es fehlen die großen Neuerungen
- Technisch nach wie vor schwach