Dauntless schickt sich an, eine Gratisalternative zu Monster Hunter: World zu sein. Ob's was taugt, verrät unser Test.
Dauntless Test: Monster Hunter in simpel und kostenlos
Jüngst ist Monster Hunter: World für den PC erschienen – circa ein halbes Jahr später als für die Konsolen. Das ist etwas unglücklich für Dauntless. Denn das Hack and Slay aus dem Hause Phoenix Labs orientiert sich sehr stark am Spielprinzip der erfolgreichen Reihe von Capcom. Wenn das große Vorbild und zugleich der größte Konkurrent nun auch auf dem PC zuhause ist, wie soll sich Dauntless dann auf dem Markt durchsetzen? Nun, es hat ja noch ein Ass im Ärmel: Anders als Monster Hunter: World ist es kostenlos. Stellt sich nur die Frage, ob es inhaltlich überzeugen kann. Denn was bringt eine Gratisalternative, wenn sie keinen Spaß macht?
Eigener Stempel dank Einsteigerfreundlichkeit
Wenn wir sagen, Dauntless sei hier und da von Monster Hunter inspiriert, wäre das untertrieben. Das gesamte Konzept des Action-Rollenspiels ähnelt dem von Capcoms virtueller Monsterhatz so sehr, dass manch einer schon von einer Kopie sprechen würde. Doch so weit würden wir gar nicht gehen. Phoenix Labs hat dann doch etwas mehr getan als einfach nur das Rezept von Monster Hunter zu nehmen und in einem anderen Grafikstil auf den Bildschirm zu zaubern. Ja, auch in Dauntless macht ihr im Grunde nichts anderes, als große Monster, die sogenannten Behemoths, zu jagen. Andere Missionstypen gibt es nicht. Und genau wie in Monster Hunter nutzt ihr die Überreste der erschlagenen Kreaturen, um daraus neue Waffen und Rüstungen zu basteln.
Was Dauntless von der Inspirationsquelle abhebt, ist das Kämpfen an sich – nicht, weil es grundlegend anders funktioniert als in Monster Hunter, sondern weil es sich anders anfühlt. Phoenix Labs setzt ebenfalls auf Echtzeitkämpfe aus der Third-Person-Perspektive. Doch während es in Monster Hunter: World 14 unterschiedliche Waffentypen gibt, die sich allesamt komplett anders spielen, ähneln sich die fünf Gattungen in Dauntless schon sehr und haben jeweils nur eine Handvoll Spezialangriffe. Grob gesagt unterscheiden sich die Jagdwerkzeuge nur hinsichtlich ihrer Geschwindigkeit und des verursachten Schadens: Der Hammer zum Beispiel ist besonders schwer, weshalb ihr damit weniger flink attackiert, dafür haut er mächtig rein. Die Kettenklingen bilden den kompletten Gegenentwurf dazu: Damit seid ihr sehr schnell und agil, sie machen aber pro Schlag deutlich weniger Schaden. Das Schwert liegt irgendwo in der Mitte zwischen den beiden.
Stumpfes Draufhauen reicht? Nee, nicht ganz!
Monster Hunter: World ist zwar schon der einsteigerfreundlichste Teil der Reihe, aber dennoch ist es ein komplexes Rollenspiel, in das ihr euch einarbeiten müsst. Ihr braucht am Anfang einiges an Geduld und es wird seine Zeit dauern, bis ihr die Spielmechaniken verstanden und euch im Umgang mit einer Waffenart sicher fühlt. Dauntless ist wesentlich intuitiver. Im Kampf drückt ihr die linke Maustaste für einen leichten, die rechte für einen schweren Angriff, mit der Leertaste weicht ihr feindlichen Angriffen aus und mit „Q“ aktiviert ihr die Spezialfähigkeit eurer Waffe. Dafür ist Energie nötig, die sich mit jedem Angriff auflädt.
Das System habt ihr schnell verstanden, außerdem könnt ihr euch per Druck auf die Tabulatortaste jederzeit eine Übersicht der Angriffe und Combos anzeigen lassen. Die Simplizität von Dauntless hat aber auch ihren Preis: Monster Hunter lebt viel davon, dass sich jede der 14 Waffenarten einzigartig spielt. Wenn ihr hier etwa das Großschwert gemeistert habt und euch dann erstmals an der Insektengleve versucht, müsst ihr das Kämpfen fast komplett von neuem erlernen, so sehr unterscheiden sich die beiden Spielweisen. Diese Tiefe hat Dauntless nicht, immerhin kann es somit aber auch niemanden damit verschrecken.
Wer nun denkt, dass Phoenix Labs hier ein sehr einfaches Spiel gebaut haben, der täuscht sich jedoch. Klar, die ersten Monster wie der „Rogue Shrike“ und „Rogue Embermane“ sind noch sehr leicht zu besiegen. Aber im späteren Spielverlauf erwarten euch Jagden auf Behemoths, die richtig fies sind. Sie haben Attacken auf Lager, die euch gerne mal einen Großteil eurer Lebensenergie rauben. Die Monster legen zwar kein so vielfältiges Verhalten an den Tag wie die Bestien in Monster Hunter: World, doch ihr solltet euch die Animationen ihrer Angriffe gut einprägen, um ihnen rechtzeitig und in die richtige Richtung ausweichen zu können. Das ist überlebenswichtig, zumal ihr nicht unendlich viele Heiltränke auf die Jagd mitnehmen könnt.
Coole Bestien vs. langweilige Umgebungen
Die Kämpfe gegen die Behemoths machen trotz der simplen Waffenmechaniken viel Spaß. Das liegt vor allem daran, dass die Kreaturen ähnlich wie in Monster Hunter sehr unterschiedlich und kreativ gestaltet sind. Da gibt es etwa ein großes Eulenwesen oder eine Art monströser, stacheliger Biber. Jeder Behemoth hat seine eigenen Attacken auf Lager. Für Abwechslung innerhalb des Kampfsystems ist also gesorgt. Das ist auch wichtig, denn im Grunde macht ihr in Dauntless nichts anderes, als gegen die großen Bestien zu kämpfen. Klar, auch Monster Hunter ist nicht sonderlich vielfältig. Aber da gibt es immerhin auch mal Quests, in denen ihr kleinere Monster töten, bestimmte Rohstoffe besorgen oder Eier stehlen müsst.
In den Levels von Dauntless gibt es außer den Behemoths nicht viel zu sehen beziehungsweise zu entdecken. Hier und da läuft mal eine Ziege durchs Bild und ihr könnt Kräuter sammeln, die ihr zu Heiltränken und anderen stärkenden Mixturen verarbeitet. Das war es dann aber auch schon. Darüber hinaus sind die Umgebungen längst nicht so vertikal und verschachtelt wie die Jagdgebiete in Monster Hunter: World. Dadurch fallen sie gleichzeitig weniger erinnerungswürdig aus.
Während wir uns beispielsweise in der Wildturm-Ödnis des jüngsten Capcom-Action-RPGs nach einigen Stunden perfekt auskennen und viele Bereiche aus dem Kopf heraus genau beschreiben können, obwohl die Karte so groß ist und mehrere Ebenen umfasst, fällt uns das bei Dauntless schwer. Dafür mangelt es den Levels einfach zu sehr an markanten Stellen. Dadurch ist es auch gleich doppelt so lästig, einen Behemoth zu finden, wenn er mal während des Kampfes die Flucht angetreten hat. Ab und zu machen die Monster das (ebenfalls genau wie in Monster Hunter). Allerdings hinterlassen sie keine Spuren, denen ihr folgen könnt. Wenn ihr euer Ziel also in so einem Moment aus den Augen verliert, bleibt euch nichts anderes übrig, als die ganze Karte nach dem Vieh abzusuchen. Das schadet dem Pacing und reißt euch aus dem Spielfluss, kommt aber zum Glück nicht allzu oft vor.
„Aus dir mach ich mir ‘nen Helm!“
Wo Dauntless in Sachen Leveldesign also deutlich hinter seinem Vorbild zurückliegt, funktioniert es hinsichtlich der Progression ähnlich gut. Es gibt jede Menge Waffen und Rüstungsteile, die ihr aus den von besiegten Monstern erbeuteten Materialien bastelt und die sich zudem noch aufwerten lassen. Die Jagd nach immer besseren Items, um noch gefährlichere Behemoths jagen zu können, ist eure Hauptmotivation in Dauntless. Auch hier ist das Spiel nicht so komplex wie Monster Hunter, aber das ist kein Kritikpunkt. Es richtet sich eben mehr an Gelegenheitsspieler. Die werden nicht mit zig unterschiedlichen Zahlenwerten erschlagen. Wer mehr Spieltiefe haben will, für den gibt es eben schon die große Erfolgsserie aus Japan.
Die Items und der Spaß am grundlegenden Gameplay müssen euch jedoch reichen, wenn ihr über einen längeren Zeitraum Spaß mit Dauntless haben wollt. Ähnlich wie bei Monster Hunter: World ist die Geschichte nicht der Grund, warum ihr eure Freizeit mit dem Titel verbringen solltet. Die Hauptquests werden zwar von ein paar schick inszenierten, technisch soliden Zwischensequenzen umrahmt, doch erinnerungswürdige Charaktere oder eine spannende Handlung dürft ihr nicht erwarten. Die Hauptmissionen machen aber einen guten Job, wenn es darum geht, euch in das Spiel einzuführen und euch stets ein klares Ziel zu geben, falls ihr selbst mal nicht wissen solltet, worauf ihr hinarbeiten wollt.
Darüber hinaus gibt es noch unterschiedliche Arten an Nebenmissionen. Wie bereits erwähnt, geht es immer darum, Behemoths zu erlegen. Bei Patrouillen jagt ihr die Monster, die euch zufällig in den Zonen begegnen, in Verfolgungsjagden wiederum sind bestimmte Bestien eure Ziele.
Fair und charmant
Da Dauntless ein Free-to-Play-Spiel ist, kommen wir nicht drumherum, auf die Monetarisierung einzugehen. Diesbezüglich haben wir aber eigentlich sehr gute Nachrichten für euch: Ihr müsst nicht befürchten, dass ihr euch Waffen und Rüstungen einfach so für echtes Geld kaufen könnt. Diese Items muss sich jeder erspielen. Das heißt aber nicht, dass der In-Game-Shop nur kosmetische Dinge enthält. So könnt ihr euch Tränke und sogar Luftschläge kaufen, die euch auf euren Jagden von großer Hilfe sein werden. Außerdem gibt es die typischen XP-Boosts. Dauntless ist aber nicht so unfair ausbalanciert, dass es nötig wäre, Geld für Heiltränke und Co auszugeben. Wer auf seinen Jagden immer wieder mal ein paar Pflanzen erntet (die es in den Levels zuhauf gibt), kann sich selbst gut versorgen. Auch die Luftschläge sind nicht nötig, um die Monster zu besiegen. Mit einer guten Jagdgruppe lässt sich jeder noch so starke Gegner in die Knie zwingen.
Technisch macht Dauntless einen guten Eindruck. Der Comic-Look des Spiels ist natürlich Geschmackssache. Er ist aber stilsicher umgesetzt und wirkt auch nicht generisch. Klar, er kaschiert ein wenig, dass es den Umgebungen an Details mangelt. Doch dafür sehen insbesondere die Behemoths und auch die Rüstungen und Waffen richtig gut aus. Vor allem die flüssigen, liebevoll umgesetzten Animationen haben es uns angetan. Wir könnten den Monstern stundenlang dabei zuschauen, wie sie uns mit ihren Attacken außer Gefecht zu setzen versuchen. Auch die schöne Orchestermusik und die Soundeffekte, speziell die Laute der großen Tiere, machen eine gute Figur. Nur die Schlaggeräusche unserer Waffen haben uns nicht ganz überzeugt. Unsere Schwerthiebe klingen einfach nicht kräftig genug.
Fazit
Wir geben es zu: Wir sind aktuell wieder mal in Monster Hunter: World versumpft. Schuld daran ist die PC-Version. Das hat es noch verstärkt, dass wir Dauntless in diesem Test immer wieder mit Capcoms Erfolgsspiel verglichen haben. Aber Entwickler Phoenix Labs legt es quasi auch darauf an, bedenkt man die große Ähnlichkeit zur „Monster Hunter“-Reihe. Von seinem Vorbild kann es sich durch seine Einsteigerfreundlichkeit absetzen. Dauntless ist längst nicht so komplex wie die Konkurrenz. Fortgeschrittene Monsterjäger könnten deshalb Spieltiefe vermissen und wieder zur Alternative zurückkehren. Wer sich aber an Monster Hunter nie herangetraut hat und die Vorzüge von Free-to-Play-Spielen genießt, sollte Dauntless definitiv eine Chance geben.
Die Kämpfe machen gerade mit Freunden großen Spaß, die Behemoths sind liebevoll gestaltet und die Item-Spirale sorgt schnell dafür, dass man in den „Na komm, eine Quest noch“-Modus verfällt. Die Entwickler hätten sich aber mehr Mühe bei der Levelgestaltung geben können. Monster Hunter: World hat diesbezüglich viel mehr zu bieten – sowohl optisch als auch spielerisch. Aber das kostet eben auch den Vollpreis und verlangt mehr Einarbeitungszeit. Wollt ihr auf beides verzichten, seid ihr mit Dauntless sehr gut beraten. Seid ihr aber auf der Suche nach einem abwechslungsreichen MMORPG und keinem Grind-Fest, sollte eure Wahl eher auf ein anderes Spiel fallen.
- Sehr eingängige Steuerung
- Liebevoll designte Monster
- Schicker Comic-Look
- Motivierende Loot-Spirale
- Schöne Musik
- Langweilige Gebiete
- Etwas wenig Spieltiefe
- Schlaggeräuschen fehlt es an Wucht