Call of Duty: Black Ops – Cold War ist wieder mal ein gelungener Shooter, dem jedoch teilweise die Inhalte fehlen.
Call of Duty: Black Ops – Cold War im Test: CoD gibt wieder Gas
Mit dem 2019er-"Modern Warfare" hat die "Call of Duty"-Reihe einen spannenden Pfad eingeschlagen. Nachdem in den Jahren zuvor das Spieltempo gefühlt immer höher wurde, hat Entwickler Infinity Ward aufs Bremspedal gedrückt. Die Standardlauf- und Sprintgeschwindigkeit wurden zurückgefahren und es sind neue Spielelemente hinzugekommen, beispielsweise die Option, Türen auf drei verschiedene Arten zu öffnen (unter anderem nur einen Spalt breit, um vorsichtig hindurch zu spähen). Call of Duty: Modern Warfare ist beileibe kein Taktik-Shooter à la Rainbow Six: Siege oder Counter-Strike, aber es spielt sich nicht mehr so arcadig wie die Vorgänger – oder wie der Nachfolger. Call of Duty: Black Ops – Cold War ist wieder viel mehr das typische CoD. Das mag Fans von Modern Warfare, die gerade wegen dessen Gameplay den Weg zurück zur Serie gefunden haben, weniger Spaß machen, aber es kommt ihnen definitiv zu Gute.
Angenehm anders als Modern Warfare
Call of Duty: Black Ops – Cold War fehlen im Grunde all die Neuerungen, die Modern Warfare eingeführt hat: der taktische Sprint, die Möglichkeit, Waffen an Deckungen aufzustützen, das Lehnen um Ecken und eben auch das vorsichtige Hindurchschauen durch Türspalte. Das allgemeine Spieltempo ist deutlich höher (weshalb der taktische Sprint auch vollkommen überflüssig gewesen wäre). So erinnert es wieder viel mehr an Black Ops 4 – mit dem Unterschied, dass nicht die nahe Zukunft als Szenario dient, sondern der Kalte Krieg, genauer gesagt die frühen Achtzigerjahre. Überraschend ist das keineswegs, schließlich handelt es sich ja um das nächste Spiel von Treyarch nach jenem Teil von 2018.
Das grundlegende Gunplay erinnert wiederum an Modern Warfare, weil es auf dem gleichen hohen Niveau ist. Die Schießereien spielen sich wunderbar direkt, das Trefferfeedback ist fantastisch. Gegner reagieren mit guten Animationen auf euren Beschuss und die Treffer-Sounds unterstreichen das Ganze perfekt. Auch klingen die Waffen ähnlich gut wie im letztjährigen Call of Duty – kein Vergleich zu den schwachen Sound-Effekten aus Black Ops 4. Da macht das Ballern richtig viel Spaß. Das einzig Seltsame in den Kämpfen: Während Bewegungen sehr schnell sind und auch die "Time to Kill" ziemlich niedrig ist, braucht es gefühlte Ewigkeiten, eine Splittergranate zu werfen. Können wir in Modern Warfare noch mitten im Duell einen solchen Sprengkörper in Richtung Feind schmeißen, falls unsere Zielfertigkeit mal aussetzt, ist das in Black Ops – Cold War so gut wie unmöglich. Denn fast jedes Mal, wenn wir eine Granate auspacken, werden wir erschossen, noch bevor sie unsere virtuelle Hand verlässt. Das beißt sich mit dem ansonsten so hohen Tempo.
Warum wir nun eingangs erwähnt haben, dass dieser wieder größere Arcade-Charakter für "Modern Warfare"-Fans gut ist? Ganz einfach: Wem Call of Duty: Black Ops – Cold War zu schnell ist, bleibt beim Vorgänger. Dadurch, dass sich beide Spiele so sehr voneinander unterscheiden, können sie parallel zueinander existieren. Zwar wird Modern Warfare wohl kaum noch neue Inhalte erhalten, aber davon hat es ja auch schon mehr als genug, womit man noch sehr viele Stunden Spaß haben kann. Der 2019er-Teil behält sich so hoffentlich seine Fangemeinde, während die Befürworter des arcadigeren Gameplays mit Black Ops – Cold War ihren Spaß haben.
Neue Modi für Teamplayer
Im Gegensatz zu Black Ops 4 herrscht hier wieder die Dreieinigkeit aus Kampagne, PvP-Multiplayer und Zombie-Modus. Der gewöhnliche Mehrspielerteil bietet ein breites Angebot an Modi. Neben den Klassikern "Team Deatchmatch", "Frei für alle" und "Herrschaft" erwarten euch auch neue Varianten. "VIP-Eskorte" zum Beispiel ist ziemlich cool: Ein zufällig ausgewählter Spieler aus Team A ist der namensgebende VIP, der nur mit einer Pistole bewaffnet ist und von seinen Teamkameraden zu einem bestimmten Punkte eskortiert werden muss, um dort evakuiert zu werden. Team B muss das verhindern. Jede Runde wechseln die Seiten und wer zuerst vier Runden gewinnt, holt den Gesamtsieg. Das macht echt Spaß, erfordert aber Absprachen mit euren Mitstreitern. Mit Fremden funktioniert der Modus daher nicht sonderlich gut.
Ähnliches gilt für "Feuertrupp: Schmutzige Bombe": Hier verlasst ihr die kleinen Standard-CoD-Maps und seid auf großen Schlachtfeldern unterwegs, auf denen 40 Spieler, aufgeteilt in zehn Viererteams, um Uran kämpfen. Das radioaktive Material findet ihr in Kisten und nehmt es getöteten Gegnern ab. Anschließend bringt ihr es zu einem von mehreren Depots. Gelingt es euch, so eines zu füllen, zündet ihr eine schmutzige Atombombe, was euch reichlich Punkte einbringt und den betroffenen Bereich eine Zeit lang radioaktiv verseucht. Der Modus erinnert in seinen Grundzügen durchaus an die "Blutgeld"-Variante von Call of Duty: Warzone und macht auch ähnlich viel Spaß, bietet aber derzeit mit gerade mal zwei Karten zu wenig optische Abwechslung.
Zu wenige Karten ist allgemein ein Grundproblem von Call of Duty: Black Ops – Cold War. Für alle weiteren Mehrspielermodi gibt es gerade mal neun Maps (anfangs waren es nur acht, jüngst kam "Nuketown" per Update hinzu). Klar, Treyarch wird in Zukunft weitere Schlachtfelder nachreichen und das vollkommen kostenlos, dennoch müsste so ein Call of Duty mit seinen recht kurzen Matches eigentlich schon vom Start an zehn oder mehr Karten bieten. Immerhin: Es gibt keine Desgin-Totalausfälle wie "Euphrates Bridge" in Modern Warfare. Alle Maps sind gut gestaltet, sodass nie ein Team im Vorteil ist, es gibt genug Laufwege für taktische Manöver und die optische Vielfalt kann sich sehen lassen. Mal seid ihr auf einem großen Schiff auf See unterwegs, mal im nächtlichen, von Neonlicht durchfluteten Miami oder in der Wüste von Angola.
Kein Mangel an Karotten
Ein großer Motivationsfaktor in jedem Call of Duty seit dem ersten Modern Warfare von 2007 ist das Level-System. Black Ops – Cold War bildet da keine Ausnahme. Erneut gilt es, 55 Ränge hinaufzuklettern und nach und nach immer mehr Waffen, Gadgets und Perks freizuschalten. Das System ist nahezu unverändert im Vergleich zum Vorgänger. Auch lassen sich die Waffen wieder auf diverse Arten und Weisen modifizieren. Indem ihr sie im Kampf benutzt und damit Abschüsse erzielt, levelt ihr die Schießeisen auf und schaltet so die verschiedenen Aufsätze frei, die die Werte verbessern und mit denen ihr die Knarren spezialisieren könnt.
Entweder legt ihr den Schwerpunkt auf ein hohes Tempo oder auf Präzision. Und da ihr standardmäßig nur fünf Aufsätze an einer Waffe anbringen könnt, müsst ihr eben auch immer wieder schwere Entscheidungen treffen. Nehmt ihr jetzt die vergrößerten Magazine mit oder soll es nicht doch lieber ein Schaft sein, der das Lauftempo beim Zielen erhöht? Hier gibt sich Call of Duty: Black Ops – Cold War keine Blöße und glänzt genauso sehr wie Modern Warfare. Auch optisch gibt es mit diversen freischaltbaren Skins, Anhängern und Aufklebern wieder jede Menge Anpassungsoptionen.
Raven kann's noch
Verzichtete Treyarch 2018 bei Black Ops 4 noch auf eine Kampagne, ist sie diesmal wieder mit an Bord. Allerdings zeichnet für die ein anderes Entwicklerteam verantwortlich: Raven Software, das seit vielen Jahren nur noch als Support-Studio an Call of Duty arbeitet, obwohl es früher so tolle Spiele wie Jedi Knight 2 und dessen Nachfolger Jedi Knight: Jedi Academy fabriziert hat. Nun durfte es tatsächlich mal wieder federführend ein Singleplayer-Erlebnis gestalten und das hat sich ausgezahlt – zumindest hinsichtlich des Missionsdesigns.
Die Kampagne von Call of Duty: Black Ops – Cold War präsentiert sich als sehr abwechslungsreich. Es gibt zwar genug typische CoD-Abschnitte, in denen ihr sehr viel ballert und ein spektakuläres Skriptereignis nach dem anderen erfolgt, aber Raven Software beweist, dass Call of Duty auch anders kann. So schickt euch beispielsweise eine Mission nach Ost-Berlin, wo ihr in die Wohnung eines Gegenspielers eindringen müsst, um einen Koffer mit wertvollen Dokumenten zu ergattern. Nun ist der Schurke aber kein alleinstehender Mann, sondern hat Frau sowie Kind und die ganze Familie ist daheim. Ihr könnt sie aber nicht einfach alle erschießen und dürft euch auch auf keinen Fall erwischen lassen. Also schleicht ihr durch die Wohnung und versucht, den Blicken der Bewohner zu entgehen. Natürlich ist die Mission strikt durchgeskriptet und würde in einem richtigen Schleichspiel niemanden hinterm Ofen hervorlocken, aber innerhalb eines Call of Duty nehmen wir so was gerne mal mit.
Das Highlight ist aber ein Auftrag in der zweiten Kampagnenhälfte, in dem ihr als russischer Doppelagent eure amerikanischen Freunde in die Hauptzentrale des KGB schleusen sollt. Dabei gibt es mehrere mögliche Lösungswege und die Mission erinnert viel mehr an Spiele wie Hitman oder Deus Ex als an Call of Duty. Allerdings merkt man ihr auch an, dass Raven Software den Spielern nicht zutraut, selbst die verschiedenen Lösungen herauszufinden. Das Spiel fordert euch quasi dazu auf, auf der Karte eine der Optionen auszuwählen und erklärt euch dann Schritt für Schritt, was zu tun ist. Schade, hier wird Potenzial verschenkt. Doch schlimm finden wir das nicht, denn wir hätten niemals damit gerechnet, eine solche Mission in einem CoD präsentiert zu bekommen.
Spielerisch macht die Kampagne durch die Bank weg Spaß. Sie ist zwar mal wieder sehr kurz und der finale Level ist ziemlich unspektakulär und lässt einen richtigen Showdown vermissen, der diese Bezeichnung auch verdient hat. Aber dafür stimmt das Pacing von Anfang bis Ende, weil keine Sequenz in die Länge gezogen wird. Mit angenehm hohem Tempo geht es von einem gut gestalteten Schauplatz zum nächsten, das weiß zu gefallen.
Call of Duty, wie es leibt und lebt
Erzählerisch ist die Kampagne jedoch leider ein Armutszeugnis. Der Plot ist eine 0815-Agentengeschichte, die sich darum dreht, einen russischen Oberschurken, nur bekannt als Perseus, ausfindig zu machen, der gleich mehrere Atombomben in Europa zünden und den Amerikanern die Schuld in die Schuhe schieben will. Wir haben es hier also mit dem klassischen "Die USA sind die Guten, die Russen sind die Bösen und es gibt ganz viel Pathos"-Syndrom zu tun. Zusätzlich gibt es keine einzige interessante Figur. Da hilft es auch nicht, dass ihr euch zwischen den Einsätzen in einem Hub-Level mit den einzelnen Charakteren unterhalten und so mehr über ihre Hintergründe erfahren könnt.
Die eigentliche Hauptfigur mit dem Codenamen Bell (seinen bürgerlichen Namen bestimmt ihr selbst) ist zudem nicht mehr als eine leere Hülle, die ihr in belanglosen Multiple-Choice-Dialogen ausfüllen könnt. Obwohl ihr die Figur quasi selbst erstellt und bestimmt, ob sie männlich, weiblich oder nichtbinär sein soll, hat sie kein Gesicht, weil ihr das nie zu sehen bekommt, und sie ist auch nicht vertont. Apropos: Die deutschen Sprecher sind teils wirklich gut (Mason, der Hauptcharakter aus Black Ops 1, ist mit dabei und hat immer noch die Synchronstimme von Bradley Cooper und Tom Hardy) teils aber auch das gewohnte Mittelmaß. Wer des Englischen mächtig ist, sollte die Sprache des Spiels umstellen, das geht auf dem PC leider nur über den Battle.net-Client. In Call of Duty: Black Ops – Cold War selbst lässt sich diesbezüglich nichts einstellen und es ist auch nicht möglich, mit englischer Vertonung, aber deutschen Texten zu spielen.
Toller Zombie-Modus mit einem großen Haken
Seid ihr mit der Kampagne durch und braucht mal ein wenig Abwechslung von den PvP-Gefechten, stürzt ihr euch im Idealfall mit drei Freunden (geht aber natürlich auch mit fremden Mitspielern und sogar alleine) in den Zombie-Modus. Der ist fast genauso ein großer Spaß wie in Black Ops 4. Das klassische "Horde"-Prinzip, bei dem ihr euch gegen immer stärker werdende Gegnerwellen verteidigen und so lange wie möglich durchhalten müsst, wird dadurch aufgewertet, dass ihr nicht die ganze Zeit über in derselben Arena kämpft. Stattdessen erkundet ihr einen durchdesignten Level, der sogar mehrere Pfade bietet – super!
Eigentlich finden wir den Zombie-Modus in Call of Duty: Black Ops – Cold War sogar besser als den in Black Ops 4, weil er diesmal nicht strikt vom restlichen Multiplayer getrennt ist. Ihr sammelt hier ebenfalls Erfahrungspunkte für das Rangsystem und nutzt die Waffen und Aufsätze, die euch auch im PvP zur Verfügung stehen. Bloß greift ihr nicht auf dieselben Klassen zurück, da ihr in dem Koop-Modus nur eine Primärwaffe und eine besondere Fähigkeit ausrüstet. Letzteres kann beispielsweise ein Frostschuss sein, mit dem ihr Zombies einfriert, oder eine Heilaura. Granaten und Co sammelt ihr im Level ein und sind normale Verbrauchsgegenstände. Zudem gibt es noch eine eigene Form von Progression innerhalb des Zombie-Modus: Ihr erspielt euch Ätherium-Kristalle, mit denen ihr permanente Verbesserungen für die verschiedenen Waffenklassen, die Fähigkeiten und eure Attribute wie Gesundheit und Nachladetempo freischaltet.
Der Haken des Zombie-Modus: Es gibt aktuell nur eine einzige Karte. Weitere werden in Zukunft kostenlos nachgereicht, doch derzeit geht dem Modus eben recht flott die Puste aus. Da muss schnellstmöglich mehr Futter kommen, denn an sich ist diese Spielvariante fantastisch. Ganz nett ist übrigens "Dead Ops Arcade" als kleiner Zusatz: ein Top-Down-Shooter, in dem ihr ebenfalls so lange wie möglich überleben müsst. Auch das geht mit bis zu drei Mitspielern im Koop. Erfahrungspunkte erhaltet ihr hierfür aber nicht.
Auch mit Raytracing kein grafischer Hochgenuss
Grafisch ist Call of Duty: Black Ops – Cold War ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite bietet es immer mal wieder tolle Licht-/Schattenspiele, generell ist die Beleuchtung der Umgebung auf hohem Niveau. Auf der anderen sind uns regelmäßig verwaschene Texturen begegnet. Daran ändert auch das optionale Paket für hochauflösende Inhalte mit Texturen fürs Spielen in 4K nicht viel. Black Ops – Cold War unterstützt zwar auch Raytracing, das haben wir auf unserem Testrechner mit einer GeForce RTX 2070 SUPER aber schnell abgestellt, weil es zu viel Leistung gekostet hat. Zudem halten sich die optischen Verbesserungen dadurch in Grenzen, denn die beschränken sich auf Schatten und Umgebungsverdeckung. Raytracing-Spiegelungen, also die beeindruckendste Komponente dieser modernen Technik, gibt es nicht.
Fazit
Call of Duty: Black Ops – Cold War spielt sich anders als Modern Warfare und das ist gut so, auch wenn der Schritt zurück zum flotten Arcade-Gameplay nicht jedem gefallen wird. Aber so haben beide Titel ihre Daseinsberechtigung. Außerdem ist Black Ops – Cold War beileibe kein schlechter Shooter, ganz im Gegenteil. Der Multiplayer macht trotz einer momentan noch recht geringen Kartenauswahl jede Menge Laune, es gibt wieder viel zum Freischalten, die Kampagne gestaltet sich erfreulich abwechslungsreich und der Zombie-Modus ist eine fantastische Koop-Erfahrung. Letzteres braucht aber unbedingt mehr Inhalt und wer darauf gehofft hat, Call of Duty würde erzählerisch doch mal wieder das Niveau des ersten Black Ops erreichen (in der Hinsicht immer noch der beste Serienteil), wird herbe enttäuscht sein. Das Gesamtpaket kann jedoch überzeugen. Wer nicht bloß Modern Warfare mag, sondern schon immer mit Call of Duty großen Spaß gehabt hat, wird den auch diesmal wieder haben.
- Fantastische Shooter-Mechanik
- Abwechslungsreiche Kampagne
- Ein Rangsystem für alle Online-Modi
- Zombie-Modus macht sehr viel Laune
- Klasse Soundeffekte
- Waffen vielfältig modifizierbar
- Tolle Multiplayer-Karten,...
- ...aber leider ein paar zu wenig
- Nur eine Zombie-Map
- Kampagnen-Story ist nicht gut
- Grafikqualität schwankt