Der erste Gameplay-Trailer zu The Last of Us: Part 2 begeistert uns auf spielerischer und auch emotionaler Ebene.
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The Last of Us - Part 2: Mit Lesben und Gewalt zum E3-Hit
Wir geben es zu: Die Überschrift dieses Artikels mag so wirken, als ob sie von einem pubertären Jungen geschrieben worden wäre, der voll darauf abfährt, wenn Köpfe zerplatzen und sich Frauen gegenseitig die Zunge in den Hals stecken. Doch wer den ersten Gameplay-Trailer zu The Last of Us 2 gesehen hat und weiß, dass bei uns keine 15-Jährigen die Artikel schreiben, der wird vielleicht verstehen, warum wir das gezeigte Material aus dem Actionspiel so grandios finden – und es das Beste ist, was die diesjährige E3 bislang zu bieten hatte.
Joel lebt!
Seit der Ankündigung von The Last of Us: Part 2 sind bereits eineinhalb Jahre vergangen. Schon der erste Teaser-Trailer ließ uns vermuten, dass wir in der Fortsetzung von Naughty Dogs PS3-Hit aus dem Jahr 2013 in die Rolle von Ellie schlüpfen, die mittlerweile ein paar Jahre älter geworden ist. Das E3-Gameplay-Video bestätigt das. Während der Trailer von der Paris Games Week 2017 gänzlich andere Charaktere gezeigt hat, fokussiert sich das neue Material voll und ganz auf die junge Dame, die wir im ersten The Last of Us noch als Joel beschützen mussten.
Der Trailer beginnt dabei sehr friedvoll: Wir sehen eine Tanzveranstaltung, eine Party. Ellie steht alleine an der Bar und trinkt Whiskey. Ein junger Mann asiatischer Abstammung namens Jesse gesellt sich zu ihr und erzählt, dass „ihr Alter“ ihm eine Gardinenpredigt gehalten habe. Klar ist: Der Kerl spricht von Joel, auch wenn dessen Name nicht zur Sprache kommt. Die einstigen Fantheorien, er könnte zu Beginn von The Last of Us: Part 2 bereits tot sein, scheinen sich also nicht zu bestätigen. Zu sehen bekommen wir Joel in dem E3-Trailer jedoch nicht.
Stattdessen wandert der Fokus auf eine junge Dame, mit der Jesse einst liiert war. Sie heißt Dina und kommt auf die beiden an der Bar zu. Ihren Ex würdigt sie kaum eines Blickes, Ellie hingegen fordert sie nach einem kräftigen Schluck Feuerwasser zum Tanz auf. Die beiden begeben sich auf die Tanzfläche und es kommt zu einer typischen Situation, wie wir sie aus vielen Filmen kennen.
Der beste Videospielkuss
Bedient sich Naughty Dog hier abgedroschener Klischees? Nun ja, vielleicht, aber verdammt, machen die Entwickler das gut! Ellie und Dina reden und interagieren miteinander, als wären sie reale Personen und nicht die Figuren in einem Videospiel. The Last of Us: Part 2 glänzt in dieser Szene wie schon sein Vorgänger und Uncharted 4: A Thief’s End mit fantastischen Dialogen und großartig animierten Charakteren. Die Gesichtsregungen der Figuren sind auf dem gleichen Niveau wie im jüngst erschienen Detroit: Become Human. Damit wir verstehen, was die Protagonisten fühlen, brauchen wir keine gesprochenen Worte, wir erkennen es schon allein anhand der Mimik und Gestik.
Der abschließende Kuss zwischen Ellie und Dina ist der vielleicht am besten aussehende in der Videospielgeschichte. Und er wirkt nicht aufgesetzt, als ob Naughty Dog hier einfach nur Aufmerksamkeit auf sich lenken wollen würde, indem man in einem PS4-Blockbuster Homosexualität (oder im Fall von Dina Bisexualität) thematisiert. Der Aufbau der Szene hin zum Kuss wirkt absolut glaubwürdig. Naughty Dog erreicht hier das Niveau guter Hollywood-Filme – etwas, das wir nicht vielen Spielen nachsagen würden, wenn es ums Transportieren von Emotionen geht.
Postapokalyptischer Albtraum statt Liebesschnulze
The Last of Us: Part 2 wird bekanntlich kein romantischer Liebesfilm zum Selberspielen. Es ist wie der erste Teil ein knallhartes Actionspiel mit Survival-Elementen, Zombie-ähnlichen Kreaturen und einer Gesellschaft, die in Folge der Apokalypse vollkommen verroht ist. Das wird direkt nach dem Kuss auf der Party deutlich, denn auf jene Szene folgt ein fließender Übergang in das Bild, wie Ellie nachts in einem Wald einem Typen die Kehle durchschneidet. Anhand ihrer Mimik gibt die Dame zu erkennen, dass ihr das gerade alles andere als Spaß macht. Aber sie zeigt gleichzeitig keinerlei Gnade, bezeichnet ihr Opfer am Ende sogar als… Nun ja, das wiederholen wir an dieser Stelle besser nicht.
Nun beginnt der Gameplay-Teil des Trailers. Ellie schleicht durch den Wald, weil andere Feinde in der Nähe sind. Währenddessen sind zwei Kröten oder Frösche zu sehen, die über den schlammigen Boden hopsen. Der Detailgrad der Szene ist beeindruckend. Der Forst sieht wahrlich wie ein natürlich gewachsener Wald aus, das einfallende Mondlicht erzeugt eine tolle Stimmung, dazu kommt noch Nebel.
Die Typen, mit denen Ellie es zu tun bekommt, gehören offensichtlich der gleichen Gruppierung an, die wir schon im Trailer von der Paris Games Week 2017 kennengelernt haben. Die Heldin beobachtet ein paar von ihnen, wie sie einen Mann kaltblütig hinrichten. Zum zweiten Mal innerhalb der Demo wird deutlich: The Last of Us: Part 2 macht keine halben Sachen. Die Brutalität in diesem Spiel ist auf einem Level, das wir so selten in Videospielen erlebt haben. Die Gewalt ist nicht comichaft überzogen wie in vielen anderen Titeln. Hier fliegen keine Körperteile meterweit durch die Luft, so dass es auf eine gewisse Art belustigend wirkt. Menschen werden die Kehle oder der Bauch aufgeschlitzt, aus Letzterem hängen Eingeweide heraus.
Rache als Motiv für Gewalt
The Last of Us 2: Part 2 ist schonungslos brutal, doch die Gewalt verkommt nicht zum Selbstzweck. Sie dient zur Charakterzeichnung. Naughty Dog will zeigen, dass die feindliche Gruppe, die offensichtlich irgendein Kult voller Wahnsinniger ist, keine Gnade zeigt und keinerlei Respekt vor dem Leben anderer hat. Wenn Ellie jemanden auf brutalste Art und Weise umbringt, dann tut sie das nicht nur, um ihr eigenes Überleben zu sichern. Sie tut es, weil sie scheinbar eine Rechnung mit den Bösewichten offen hat.
In einer der letzten Einstellungen des Trailers richtet sie einen Gegner hin, gegen den sie zuvor gekämpft hat. Er hockt auf den Knien vor ihr, zeigt keinerlei Regung, sich noch wehren zu wollen. Ellie steckt in Ruhe ihren Bogen weg, mit dem sie ihrem Gegenüber gerade eben einen Pfeil durch die Brust gejagt hat, holt eine Machete hervor und rammt sie dem Feind in den Hals.
Warum genau sie das tut, werden wir wohl erst erfahren, wenn The Last of Us: Part 2 erschienen ist. Aber eines steht fest: Dieser Kult hat nicht nur allgemein schlimme Dinge verbrochen, er hat auch Ellie beziehungsweise jemanden, der ihr nahestand, etwas angetan. Vielleicht Dina? Oder Joel? Wir wissen es nicht. Aber wir wissen mittlerweile nur zu gut, wen Ellie im Ankündigungs-Trailer von 2016 meint, wenn sie sagt, dass sie „jeden von ihnen“ finden und töten wird.
Auf die Details kommt es an
Nun haben wir die Inszenierung, die Dialoge, die Technik gelobt und über die Brutalität gesprochen. Aber hey, wir haben erstes Gameplay von The Last of Us: Part 2 gesehen, wie finden wir das denn? Kurzum: grandios! Das Spiel verspricht im Großen und Ganzen die gleiche Mischung aus Schleichpassagen und offenen Gefechten wie der Vorgänger, hat scheinbar aber mehr spielerische Freiheiten zu bieten. In einer Szene etwa versteckt sich Ellie unter einem LKW vor ihren Verfolgern. Das Ganze scheint nicht geskriptet zu sein, zumindest hätte die Dame auch an dem Truck vorbeilaufen können, wobei sie dann sicherlich sofort von den Gegnern entdeckt worden wäre. Es ist gut möglich, dass Naughty Dog bei The Last of Us: Part 2 sich am Leveldesign von Uncharted 4 orientiert. In Nathan Drakes letztem Abenteuer sind die Areale teilweise sehr weitläufig und erlauben unterschiedliche Vorgehensweisen im Kampf. Warum sollten die Entwickler darauf in ihrem neuen Spiel verzichten?
Ein weiteres kleines Detail, das uns gefällt: Im Sprint schnappt sich Ellie eine leere Glasflasche und wirft sie einem Feind an den Kopf. In vielen anderen Spielen würde der Charakter kurz stehen bleiben, um die Pulle auf unseren Tastendruck hin aufzunehmen, aber hier geschieht das fließend in der Laufbewegung. Wie gut das am Ende im Spiel von uns selbst umsetzbar ist, wird sich zeigen müssen. Doch solche Details fördern nicht nur den Spielfluss, sondern auch die Immersion. Und davon wollen wir generell mehr in Videospielen sehen.
The Last of Us 2: Part 2 war schon vorher einer der meisterwarteten Titel für die PlayStation 4, schließlich hat Naughty Dog mit dem ersten Teil und der Uncharted-Reihe bewiesen, dass man zu den besten Entwicklerstudios der Welt zählt. Nach dem gezeigten Gameplay sind wir uns aber vollends sicher, dass The Last of Us: Part 2 ein Hit, vielleicht sogar ein neuer Meilenstein im Action-Adventure-Genre sein wird.