Mit Command & Conquer: Rivals zieht EA erneut Zorn auf sich, indem man eine beliebte Marke über ein Mobilegame stülpt.
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Command & Conquer – Rivals: EA hat’s schon wieder getan
Command & Conquer: Viele Fans sprechen diesen Namen immer mit einer gewissen Ehrfurcht aus. Immerhin handelt es sich hierbei um die Serie, die die Echtzeitstrategie großgemacht hat. Das erste C&C aus dem Jahr 1995 mag nicht das erste RTS-Spiel gewesen sein, aber es war der Durchbruch für das Genre. Entwickler wie Blizzard und Ensemble Studios erkannten das Potenzial und brachten in den Jahren darauf mit WarCraft und Age of Empires ihre eigenen Varianten auf den Markt. Letzteres soll irgendwann in Form eines vierten Teils zurückkehren. WarCraft 4 hingegen bleibt fürs Erste ein Wunschtraum der Fans, aber es ist nicht ausgeschlossen, dass Blizzard darauf früher oder später reagiert. Und was ist mit C&C? Das wird nun zum Mobilegame. Den Spielern der alten Teile schmeckt das gar nicht und das ist verständlich. Dabei könnte Command & Conquer: Rivals etwas sein, was die Fans der Serie nicht wahrhaben werden wollen: ein gutes Spiel.
Der Aufstieg und Fall von C&C
Um zu erklären, warum EA mit der Ankündigung von Command & Conquer: Rivals in ein gigantisches Fettnäpfchen getreten ist, müssen wir ein paar Jahre in die Vergangenheit reisen. C&C war über einen langen Zeitraum hinweg eine der führenden Marken im Echtzeitstrategiegenre. Zwischen 1995 und 2010 erschienen acht Hauptteile für den PC (und teilweise die Konsolen) sowie ein paar Spin-offs. Dabei gab es eine klare Aufteilung: Die „Tiberium“-Reihe, in der es um den Konflikt zwischen GDI und Nod ging und die eher ernsthaft und düster angelegt war, sowie die „Alarmstufe Rot“-Spiele, die viel mehr auf Trash-Charme und wilde Zeitreisegeschichten setzten. Beides hatte seine Fans. Auch das 2003 erschienene Command & Conquer: Generals, das ohne die serientypischen Realfilmzwischensequenzen daherkam, war ein beliebter Titel, gerade auf LAN-Partys.
Doch die Erfolgsgeschichte sollte 2010 mit Command & Conquer 4: Tiberian Twilight ein jähes Ende finden. Entwickler EA Los Angeles dachte sich, die Spielgeschwindigkeit deutlich anheben, das Gameplay actionreicher gestalten zu müssen. Also warf man den Basisbau über Bord und zog damit den Zorn der Fans auf sich. Denn die mochten es, in Ruhe ihre Stützpunkte zu errichten und dort Massen an Mammutpanzern oder Nod-Mots zu produzieren, um sie dann in einer gewaltigen Materialschlacht mit den Truppen des Gegners aufeinanderprallen zu lassen. Command & Conquer 4: Tiberian Twilight machte ihnen mit seinem überarbeiteten Konzept einen Strich durch die Rechnung. Das Strategiespiel kam alles andere als gut an. Zwar sollte es das Finale der „Tiberium“-Saga darstellen, doch C&C sicherlich nicht zu Grabe tragen.
Gut, eigentlich hätte das nicht der Fall sein sollen, denn abgesehen vom Browsergame Command & Conquer Tiberium Alliances sollte in den Jahren danach ein Generals 2 erscheinen. Nachdem das während der Entwicklung zu einem Free-to-Play-Titel umgemodelt und 2013 eingestellt wurde, schien die Historie der Marke aber endgültig vorbei zu sein.
Wie man ein Spiel nicht vorstellen sollte…
Hätte EA am vergangenen Wochenende einen richtigen Reboot von C&C angekündigt, der das klassische RTS-Gameplay zurück auf den PC gebracht hätte, wären die Fans sicherlich ausgerastet – im positiven Sinne, versteht sich. Doch stattdessen präsentierte man Command & Conquer: Rivals. Dabei handelt es sich um ein (vermutlich) kostenloses Mobilegame, das auf Multiplayer ausgelegt ist. Zwei Spieler treten gegeneinander an, einer spielt die GDI, der andere Nod. Die Gefechte laufen in Echtzeit ab, jedoch gibt es wie in einem Rundenstrategiespiel einzelne Felder auf dem Schlachtfeld, auf denen die Einheiten positioniert werden.
Wie genau Command & Conquer: Rivals funktioniert, ließ sich für den Zuschauer der Pressekonferenz kaum erkennen. EA hatte sich für eine denkbar schlechte Art der Präsentation entschieden: Anstatt dass ein Entwickler auf der Bühne steht und das Prinzip erklärt, während im Hintergrund Gameplay-Szenen das Gesagte untermalen, ließ man zwei E-Sportler ein Duell austragen. Michael Martinez, General Manager des Entwicklers EA Redwood, und der professionelle Shoutcaster Nathan „Nathanias“ Fabrikant das kommentierten das Geschehen so, wie man das von E-Sport-Turnieren kennt. Das führte dazu, dass wir als Zuschauer minutenlang Gameplay sahen, bei dem wir nicht rafften, wie genau das Spiel eigentlich funktioniert. Zudem zeigte sich, dass Command & Conquer: Rivals kein spannender Titel zum Zuschauen ist.
Böse Überraschung für Fans
Doch nicht nur das „Wie“ war hierbei ein Problem, sondern auch das „Was“. EA wollte besonders clever vorgehen: Erst nach dem Match verriet Martinez, dass es sich hierbei um ein C&C handelt. Anfänglich dachte man: „Aha, ein Mobilegame. Warum zeigen sie das jetzt bei einer Pressekonferenz, die fast ausschließlich Core-Gamer schauen, in so großem Stil?“ Als dann aber aufleuchtete, dass hier GDI und Nod gegeneinander kämpfen, war nicht nur die Antwort auf jene Frage gefunden, bei den Fans der Serie formte sich auch innerlich ein Gefühl von Hass. Hass auf den Publisher, der einst C&C-Entwickler Westwood aufkaufte und ihn nur fünf Jahre danach dichtmachte, der der „Tiberium“-Saga mit deren vierten Teil ein unrühmliches Ende bereitete und sich mit der Umstellung von Generals 2 auf einen Free-to-Play-Ableger und der darauffolgenden Einstellung der Entwicklung ebenfalls nicht mit Ruhm bekleckerte.
Command & Conquer: Rivals ist ein Schlag ins Gesicht für jeden C&C-Fan, der sich doch einfach nur ein Spiel wünscht, das so funktioniert wie die alten Teile und bloß eine bessere Grafik hat. Das Ganze erinnert sehr an eine andere Marke, die EA jahrelang ignoriert und dann in Form eines miesen Free-to-Play-Mobilegames aus ihrem Grab herausgerissen hat. Die Rede ist von Dungeon Keeper. Doch bevor ihr denkt, dass wir Command & Conquer: Rivals ein ähnlich niedriges Niveau zuschreiben, ohne es selber gespielt zu haben, haltet ein! Wir glauben nämlich, dass der Titel ein durchaus gutes Spiel sein könnte. Die ersten Stimmen von denjenigen, die ihn auf dem „EA Play“-Event schon anspielen konnten, sind gar nicht mal so negativ.
Das Problem ist der Name: Command & Conquer: Rivals sieht nach einem Spiel aus, das als kleiner Gaming-Snack in Bus, Bahn oder der Mittagspause ganz spaßig sein könnte. Doch mit C&C hat das herzlich wenig zu tun. Allein die Grafik ist schon viel zu bunt gehalten, als dass sie zu der düsteren Dystopie passen würde, die die „Tiberium“-Saga zeichnet. EA hätte sich einen Shitstorm ersparen können, wenn sie mit diesem Spiel eine neue Marke etabliert hätten. Selbst dann wäre aber die Präsentation auf der eigenen Pressekonferenz in der gewählten Form keine gute Idee gewesen. Der Publisher hat dem Spiel zu viel Zeit gewidmet und ihn so vorgestellt, dass niemand verstanden hat, was nun an Command & Conquer: Rivals so toll sein soll. Noch abstruser wird es, wenn man bedenkt, dass EA Battlefield 5 weniger Zeit gewidmet hat und das neue „Star Wars“-Spiel der Titanfall-Macher bloß bei einem Interview im Publikum enthüllt wurde. Aber das Mobilegame, das vermutlich kaum jemanden vor Ort und von den Zuschauern des Livestreams interessiert, das wird fast 15 Minuten lang vorgestellt.
Sturz auf der Startlinie? Nicht ganz!
Am Ende könnte diese Ankündigung vor allem einem Personenkreis schaden: den Entwicklern. Hätte EA deren Spiel nicht die C&C-Marke aufgedrückt (das war wohl kaum eine Entscheidung von EA Redwood) und es in anderer Form präsentiert, würden viele vielleicht dasitzen und sagen: „Ja, das sieht nach einem interessanten Spiel für unterwegs aus.“ Stattdessen hat die Gaming-Community im Netz den nächsten Aufreger serviert bekommen, über den sie sich in Foren und sozialen Netzwerken auslassen kann. Command & Conquer: Rivals hat direkt nach seiner Ankündigung einen schweren Stand. Und wenn der Titel kein Erfolg wird, wer wird das dann wohl ausbaden müssen?
Natürlich muss es nicht so kommen. Die Gelegenheitsspieler, die eh nur auf ihrem Smartphone oder Tablet spielen, wissen von der Thematik vermutlich noch gar nichts. Platziert EA Command & Conquer: Rivals geschickt in den Stores von Apple sowie Google und macht die Leute mit Screenshots und Videos neugierig, kann das Spiel erfolgreich werden. Doch die Spieler, die C&C kennen und lieben, die mit der Enthüllung am Samstag angesprochen werden sollten, die hat EA bereits verloren. Und dass es so kommen würde, hätte man den Verantwortlichen auch vorher schon sagen können – genau wie damals bei Dungeon Keeper.