Der Eröffnungsshow des Summer Game Fest fehlten große Highlights, aber es gab durchaus ein paar Lichtblicke.
Summer Game Fest: Jens' Top-5-Trailer des Abends
Fast zwei Stunden lang präsentierte uns Geoff Keighley, der Mann, der sich mittlerweile auch einfach Mr. E3 nennen könnte (schließlich sorgt er zum wiederholten Mal für das Ersatzprogramm zur Messe), haufenweise neue Spiele. Es gab ein paar Neuankündigungen sowie frische Gameplay-Eindrücke aus bereits bekannten Titeln – und erfreulicherweise gar nicht mal so viele nichtssagende Render-Trailer. Trotzdem war die Show irgendwie … langweilig. Beileibe auch nicht schlecht, aber es haben die richtigen Höhepunkte gefehlt.
Wenn deine große Ankündigung zum Abschluss das Remake von The Last of Us ist, das a) schon seit 2021 als Gerücht durchs Internet surfte, b) bereits Stunden zuvor geleakt wurde und c) eben auch nur die Neuauflage eines Spiels ist, das keine Neuauflage benötigt, steht das sinnbildlich für den niedrigen Grad an Begeisterung, den ich an dem Abend verspürte. Es hat eben so ein Kracher wie im letzten Jahr gefehlt, als wir das erste Gameplay von Elden Ring zu sehen bekamen und den (wenn auch im Nachhinein verschobenen) Release-Termin erfuhren.
Angesichts der Mittelmäßigkeit, die diese "Summer Game Fest"-Eröffnungszeremonie ausgezeichnet hat, fiel es mir gar nicht so leicht, eine persönliche Top 5 an Trailern zusammenzustellen. Ich habe mir die Show gestern live angesehen … und musste mir heute für diesen Artikel nochmal einen Überblick über alle gezeigten Spiele verschaffen, weil ich das Gefühl hatte, die Hälfte schon wieder vergessen zu haben. Aber ich habe es geschafft. Ich habe fünf Beiträge gefunden, die ich nett fand. Ja, nur nett. Aber hey, das ist immer noch mehr, was mir positiv in Erinnerung geblieben ist, als zum Beispiel vom letzten Eurovision Song Contest. Nun … Ob man das jetzt als Lob für Geoff Keighleys XXL-Werbesendung werten kann, müsst ihr entscheiden. Aber ich schreibe schon zu lange um den heißen Brei herum, gehen wir ans Eingemachte.
Platz 5 – Call of Duty: Modern Warfare 2
Es ist schon bezeichnend, dass es ausgerechnet Call of Duty: Modern Warfare 2 in meine Topliste geschafft hat. Keine Frage, die gezeigte Gameplay-Demo sieht danach aus, als ob mir der Ego-Shooter wie sein Vorgänger (also der "Modern Warfare"-Reboot von 2019, nicht Vanguard) Spaß machen wird. Es ist halt Call of Duty, wie man es kennt: gutes Gunplay, hohe Produktionswerte, somit eine schicke Präsentation, aber im Kern eben auch nicht mehr als eine lineare Schießbude, fernab von Begriffen wie "spielerischer Tiefgang" und "erzählerisch wertvoll".
Ich erwarte keine Revolution oder auch nur Evolution von Modern Warfare 2. Und mein Hauptinteresse ist sowieso der Multiplayer, die Kampagne betrachte ich nur als netten Bonus. Nun ging es gestern aber mehr oder weniger nur um den Singleplayer, zumindest wurde nur der gezeigt. Die Demo ist aber nett genug, so dass sie es knapp in diese Liste geschafft hat – aus Mangel an Alternativen.
Platz 4 – Goat Simulator 3
Da hat er mich echt gekriegt gehabt, der gute Geoff: Auf die Bühne wurde eine Strandszenerie projiziert, während er davon sprach, dass das nächste Spiel eine Fortsetzung sei, auf die wir alle ja schon sehr lange warten, in der es um "Ärger im Paradies" geht und man darauf achten solle, nicht gebissen zu werden. Lange Jahre habe es Gerüchte gegeben und nun sollte es endlich ein Update zu dieser langersehnten Fortsetzung geben. Und ich dachte: "Was?! Dead Island 2? Nicht euer Ernst!" Der Trailer begann mit dem Logo von Coffee Stain Studios und ich war total verwirrt: "Hä?! Coffee Stain? Die machen jetzt Dead Island 2? Hat Deep Silver die Marke abgetreten? Wäre mir neu. Was ist hier los?!"
Doch sobald die ersten Bewegtbilder liefen, wurde mir klar, dass es sich hier nicht um Dead Island 2 handeln sollte. Der Trailer begann exakt so wie das Ankündigungsvideo zu dem in der Entwicklungshölle verschwundenen Zombie-Actionspiel, nur dass sein joggender Protagonist wesentlich schlechter modelliert und animiert war. Da machte es bei mir Klick. "Das ist Goat Simulator 2!" Klar, was sollte es sonst sein, wenn Coffee Stain das verantwortliche Studio ist und ein bekannte Trailer parodiert wird? Tja, stellte sich bloß am Ende heraus, dass die Schweden hier gar nicht den Goat Simulator 2, sondern Goat Simulator 3 ankündigten. Und nein, lasst euch nicht verwirren: Es hat nie einen zweiten Teil gegeben. Der Name des Spiels ist bereits ein Witz. Und weil ich wirklich lachen musste (und mich die Verantwortlichen so schön veräppelt haben), hat sich der Goat Simulator 3 Platz 4 redlich verdient.
Platz 3 – Witchfire
Kennt ihr diese Momente, in denen ihr einen Trailer zu einem Spiel seht, der euch sofort ein "Ach, stimmt, das gibt's ja auch noch!" ausrufen lässt? Bei Witchfire ging es mir gestern exakt so. Ich hatte den Ego-Shooter mit Dark-Fantasy-Szenario vom polnischen Entwickler The Astronauts (The Vanishing of Ethan Carter) schon total vergessen. Man hatte ja auch lange nichts mehr davon gesehen oder gehört. Das Summer Game Fest hat uns gezeigt: Das Spiel lebt noch und soll "bald" verfügbar sein, zumindest als Early-Access-Version.
Der Trailer ist einfach genau so, wie ein Trailer sein soll. Statt irgendwelche filmischen Sequenzen zu zeigen, die nichts mit dem eigentlichen Spiel zu tun haben, besteht er einfach nur aus reinem Gameplay-Material – und das sieht vielversprechend aus. Ich mag die Optik, das Gunplay wirkt schön wuchtig und man hat auch noch magische Kräfte. Obendrein find ich es interessant, dass Witchfire kein normaler, linearer Shooter wird, sondern ein Rogue-lite. Ja, hab ich Bock drauf und diesmal versuche ich, das Ding nicht wieder aus meinem Gedächtnis zu löschen. Aber dann muss es auch wirklich dieses Jahr in den Early Access gehen, ok?
Platz 2 – The Callisto Protocol
Im Januar 2023 kehrt Dead Space zurück, wenn auch nur mit einem Remake des ersten Teils. Im Monat zuvor bekommen wir bereits ein völlig neues Spiel dieser Art serviert (wenn alles nach Plan läuft), das zwar nicht Dead Space heißt, aber in exakt die gleiche Kerbe schlägt. Kein Wunder, ist The Callisto Protocol doch das neue Werk von Glen Schofield, dem Executive Producer des ersten Teils der Sci-Fi-Horrorreihe des (leider nicht mehr existenten) EA-Studios Visceral Games. Nachdem gestern Abend erst bloß nochmal der Trailer gezeigt wurde, der bereits vergangene Woche in Sonys State of Play sein Debüt feierte, gab es dann doch noch etwas Neues: über zwei Minuten Gameplay am Stück. Schöne Sache!
Na gut, das Wort "schön" passt nicht unbedingt zu The Callisto Protocol. Klar, es sieht grafisch gut aus, ist aber eben wie Dead Space ein enorm düsteres und nicht weniger brutales Horrorspiel. Alles daran gefällt mir: die dichte Atmosphäre, die Kämpfe, die Art und Weise, wie man die Umgebung zu seinem Vorteil nutzen kann – und ja, auch das Ende des Videos, wo der Hauptcharakter "versehentlich" in eine Todesfalle gerät und geschreddert wird. Ich habe richtig Lust, The Callisto Protocol zu spielen. Warum die Demo trotzdem keinen Begeisterungssturm in mir ausgelöst hat? Na ja, weil es eben Dead Space so ähnlich ist. Nichts an dem Spiel wirkt neu und einzigartig. Doch ich nehme gerne einen sehr kompetent gemachten geistigen Nachfolger zu dem Gruselklassiker von 2008. Wollen wir nur hoffen, dass die USK uns keinen Strich durch die Rechnung macht. Nach der "Dying Light 2"-Geschichte bin ich nicht mehr ganz so zuversichtlich, dass das Gremium diesen blutigen Horrortrip einfach so als Titel für Erwachsene durchwinken wird.
Platz 1 – Der Auftritt von Dwayne "The Rock" Johnson
Hach, ich freu mich doch immer, wenn der gute The Rock oben ohne vor die Kamera tritt und Werbung für alles macht, womit er derzeit sein Geld verdient … Ok, kleiner Scherz. Ich empfand diesen Einschub als absolut peinlich, weil er wahrlich nichts weiter als eine Instagram-Story ohne jeglichen Informationsgehalt und mit 100 Prozent Eigenwerbung gewesen ist. Ich hatte ja wenigstens gedacht: "Da kommt jetzt noch was zu einem weiteren Auftritt von ihm als Foundation in Fortnite". Aber nein, stattdessen folgte auf sein Video nur eine Kurzfassung des Trailers zum "Black Adam"-Film, was absolut nichts mit Videospielen zu tun hat. Kann ich diese drei Minuten Lebenszeit bitte wieder haben? Nicht? Na gut, dann will ich wenigstens nicht noch mehr von eurer Lebenszeit verschwenden und zu meinem wahren Platz 1 kommen.
Platz 1 (diesmal wirklich) – Nightingale
Ich mag Survival-Crafting-Spiele. Das dürfte man mir meiner Euphorie gegenüber V Rising zuletzt angemerkt haben. Das Genre wird in den kommenden Monaten und Jahren so einige interessante Titel hervorbringen, aber mein persönliches Must-have-Spiel ist mit weitem Abstand Nightingale von Inflexion Games, einem Studio ehemaliger BioWare-Leute. Ich mag die Fantasy-Version des 19. Jahrhunderts, die hier als Setting dient (erinnert mich an New World) und schon der Ankündigungs-Trailer von den Game Awards 2021 sah vielversprechend aus.
Diesmal haben sich die Macher darauf konzentriert, das System der Weltengenerierung vorzustellen. Die Umgebungen in Nightingale werden prozedural erzeugt, ihr übt darauf aber großen Einfluss aus. Aus seltenen Ressourcen stellt ihr Reichskarten unterschiedlicher Art her. Die erlauben es euch dann, ein Portal zu aktivieren und dadurch in eine andere Welt zu treten. Wie die aussieht und was euch dort erwartet, legt ihr mithilfe der Karten in in gewisser Weise selbst fest. Das klingt ungemein spannend und davon abgesehen wirkt dieser Mix aus Rohstoffsammelei, Basenbau, Erkundung und Kämpfen gegen teils sehr cool designte Monster hochwertiger als viele andere Survival-Spiele. Zudem mag ich es einfach, mit Schusswaffen aus alten Zeiten herumzuballern – also in Videospielen, nicht in der echten Welt. Dadurch sammelt Nightingale nochmal ein paar Bonuspunkte bei mir. Ende des Jahres startet der Early Access und ich werde sicherlich ab Tag 1 in diese fremden Welten eintauchen.