Das neue Skate heißt nicht Skate 4 und wird ein Multiplayer Service Game. Und das ist ein Grund, warum man sich Sorgen machen sollte.
Skate: Seid lieber froh, dass es kostenlos sein wird
Zwölf Jahre sind eine lange Zeit. Da passt etwa eine komplette Schullaufbahn von der ersten Klasse bis zum Abitur hinein (also, wenn wir vom Abi im zwölften Schuljahr ausgehen). Und während manches Videospiel-Franchise in diesem Zeitraum zwölf Ableger hervorbringt und ruhig mal eine Pause hätte machen können (ja, ich meine dich, Call of Duty), herrschte bei einem nahezu anderen totale Funkstille. Nach Skate 3 im Mai 2010 hatte der Publisher Electronic Arts die Serie vorläufig begraben – bis 2020. Damals gab man bekannt, dass das neugegründete Studio Full Circle an einem vierten Skate arbeitet. Tja, und mehr verriet man auch schon nicht, … weil es offensichtlich nicht mehr zu verraten gab. Es wirkte so, als wäre die Entwicklung erst wenige Tage zuvor beschlossen worden, um beim hauseigenen EA-Play-Event eine entsprechende Ankündigung tätigen zu können.
Zwei weitere Jahre sind nun vergangen, bis Full Circle erstes Pre-Pre-Pre-Alpha-Gameplay gezeigt und konkreter erklärt hat, wie eigentlich die Pläne für das neue Skate aussehen. In einem Video haben die Entwickler das Konzept des Spiels grob vorgestellt. Was wir nun wissen: Der Titel heißt nicht Skate 4, sondern einfach nur Skate, ist aber kein Remake des ersten Teils, sondern ein Free-to-Play-Multiplayer-Service-Spiel. Er spielt in der fiktiven Stadt San Vansterdam und setzt volle Kanne auf die Interaktionen zwischen Spielern – zum Beispiel, indem jemand eine riesige Rampe in die Spielwelt setzt, die anschließend alle auf dem Server gemeinsam hinunter düsen.
Skate wird für den PC sowie alle aktuellen Konsolen von Sony und Microsoft erscheinen, außerdem soll es irgendwann auch eine Mobile-Version geben. Das Spiel wird Cross-Play sowie -Progression bieten und ihr könnt euch bereits als Spieltester bewerben, obwohl die Entwicklung noch in einer sehr frühen Phase ist. Dementsprechend könne Full Circle auch noch gar keinen Release-Termin nennen. Da man aber viel Wert auf das Feedback der Spieler lege, wolle man einige Leute eben jetzt schon Skate ausprobieren lassen.
Die Vorfreude ist dahin
Im Netz findet sich bereits einiges an Feedback zu dem Video – und das fällt zu einem nicht unwesentlichen Teil ganz schön negativ aus. "Wie Skate seinen Hype in 18 Minuten ruiniert hat", betitelt Reddit-Nutzer 2006fordfreestyle seinen Beitrag. Als Gründe dafür nennt er die Stichworte Free-to-Play, Mobile-Unterstützung und Mikrotransaktionen, die es in dem Spiel selbstverständlich geben wird. Die Pläne für eine Fassung für Smartphones und Tablets regen auch fresco_leche auf: "Der Mobile- und Last-Gen-Support wird die Grafik, Mechaniken und Features garantiert limitieren, was noch viel schlimmer ist als Free-to-Play und Mikrotransaktionen."
Dem Nutzer heavysleep ist wiederum primär das Free-to-Play-Modell ein Dorn im Auge. Für ihn bedeute das, dass es einen Season Pass, große Mengen an Grinding, Cheatern und Griefern sowie Online-Zwang, Glitches und Exploits geben werde. Außerdem werde man bei den kosmetischen Gegenständen, die für echtes Geld zu haben sein werden, vollkommen übertreiben, damit die Leute immer mehr und mehr Geld ausgeben.
Dass das neue Skate ein Free-to-Play-Titel sein wird, stößt wahrlich nicht auf viel Gegenliebe, wenn wir von den öffentlich geteilten Meinungen im Netz ausgehen. Nicht nur auf Reddit findet sich viel Kritik, sondern auch in den Kommentaren unter dem Video von Full Circle auf YouTube. Da mache man sich Sorgen wegen der Mikrotransaktionen, weil nun mal Electronic Arts hinter dem Projekt steht. Und jener Konzern entscheide sich ja nicht zugunsten der Spieler für ein Free-to-Play-Modell, sondern um mit den Mikrotransaktionen jede Menge Geld aus ihnen herauszupressen.
Skate hat jetzt schon ein Image-Problem
Man kann nun wirklich nicht behaupten, dass sich EA und Full Circle mit dem jüngsten Video einen Gefallen getan haben. Zwei Jahre lang haben sich Fans der Skate-Serie darüber gefreut, dass ein neuer Teil in Arbeit ist. Sie wussten nichts über das Spiel, aber allein zu die Gewissheit zu haben, dass das Projekt existiert, hat ihnen gereicht. Nun ist die Enttäuschung groß, dass es eben kein Skate 4, kein Spiel mit großer Singleplayer-Karriere und optionalen Online-Multiplayer-Features ist. Die Leute hören, dass da ein Free-to-Play-Titel mit Mikrotransaktionen auf sie zukommt, der zudem noch irgendwann auf mobilen Geräten laufen soll, und ihre Vorfreude verwandelt sich sofort in Angst.
Man kann es ihnen auch nicht verübeln, wenn man sich so manche Free-to-Play-Experimente großer Hersteller aus den vergangenen Jahren anschaut. Ja, Diablo Immortal, du bist gemeint. Und es wird auch niemand jemals vergessen, was Electronic Arts gemacht hat, als es die gute alte "Dungeon Keeper"-Marke wiederbeleben wollte. Gut, im Gegensatz zu Skate ist das ein reines Mobile Game, aber eben auch eines der extremsten Beispiele für schlechte Free-to-Play-Kost, die nur dazu da ist, Fans das Geld aus der Tasche zu ziehen.
Gott sei Dank ist es kostenlos!
Trotz all dem sehe ich hier nicht das Free-to-Play-Modell als Problem. Die Entwickler sagen im Video, sie orientieren sich bei der Monetarisierung an Titeln wie Apex Legends. Das ist bekanntermaßen auch ein Spiel von EA und ein sehr gutes noch dazu. Der Battle-Royale-Hero-Shooter ist nicht nur spielerisch herausragend, sondern zeichnet sich auch durch ein sehr faires, konsumentenfreundliches (und erfolgreiches) Geschäftsmodell aus. Full Circle beteuert außerdem, dass Skate kein Pay-to-Win-Spiel sein werde, alle Gameplay-relevanten Inhalte gratis seien und ihr ausschließlich für Kosmetik und Bequemlichkeit Geld ausgeben könnt – wobei sich die Frage stellt, was mit letzterem gemeint ist. Vielleicht ja ein Erfahrungspunkte-Boost, ohne den die Progression zum absoluten Grind-Fest wird? Und ja, das ist in diesem Fall doppeldeutig gemeint.
Umso zufriedener stimmt es mich, wenn zum Beispiel Microsoft und 343 Industries den Multiplayer von Halo Infinite kostenlos anbieten und (Mikrotransaktionen ausgenommen) nur für die Kampagne zur Kasse bitten. Oder wenn Blizzard sich dazu entscheidet, Overwatch 2 als Free-to-Play-Spiel zu veröffentlichen. Dass Skate zum kostenlosen Download angeboten wird, wenn es irgendwann mal erscheint, bedeutet in erster Linie für euch Spieler nur eines: Ihre müsst nichts für den Eintritt bezahlen. Und das ist gut so, gerade weil es ja durchaus berechtigten Grund zur Sorge gibt.
Bahnt sich der nächste halbgare Life Service an?
Das Problem ist das Service-Game-Konzept. Nun ließe sich das im Fall eines Sportspiels, wie Skate es nun mal ist, relativ leicht umsetzen. Niemand erwartet eine große, spannende Geschichte, sondern in erster Linie eine gute Kernspielmechanik, eine motivierende Progression und haufenweise Möglichkeiten, die eigenen Fähigkeiten im Umgang mit dem virtuellen Skateboard unter Beweis zu stellen. Eine Karriere, wie sie die ersten drei Teile bieten, lässt sich auch in einem Service Game umsetzen.
Das Problem sind die vielen negativen Erfahrungen mit solchen Life Services. Wie oft haben wir es schon erlebt, dass ein Spiel am Anfang zu wenig Inhalt geboten hat? Dass die Entwickler zu wenig und zu langsam neue Inhalte nachgereicht haben? Dass die Spiele große Designmacken aufweisen, die durch den Fokus auf einen langen Grind bedingt sind? Wie oft haben wir technische Probleme, allen voran Serverschwierigkeiten erlebt? Das Vertrauen in diese Sparte der Videospielbranche ist nicht sehr groß, die Liste an namhaften Enttäuschungen aber recht lang: Anthem, Battlefield 2042, Battlefield 5, Marvel's Avengers, Fallout 76 … Und wir dürfen auch nicht vergessen, was für einen miesen Ersteindruck Destiny und Sea of Thieves hinterlassen haben. Erst nach Jahren voller Updates und Inhaltserweiterungen wurden diese Spiele zu Hits.
Wir dürfen auch nicht unter den Teppich kehren, dass Skate wahrlich keine der größten Marken von Electronic Arts ist. Es wird schon seine Gründe gehabt haben, warum seit 2010 kein neuer Teil mehr erschienen ist. Dass der Publisher nicht das allergrößte Vertrauen in das Franchise hat, beweist ja auch das Free-to-Play-Modell: Man glaubt offensichtlich nicht, dass Skate genug Geld einspielen würde, würde man es zum Vollpreis anbieten. Deshalb glaube ich auch, dass sich Fans lieber auf ein Spiel einstellen sollten, das zu Beginn noch nicht wahnsinnig viel Inhalte bieten wird. Full Circle wird kein Riesenbudget erhalten haben, um Skate zu entwickeln. Das muss nicht bedeuten, dass es ein schlechtes Spiel wird. Aber ich rechne nicht mit einem Umfang, der 60 oder 70 Euro wert wäre – was wieder für das Free-to-Play-Modell spricht.
Im Idealfall hätte man sich dazu entschlossen, ein Skate 4 zu entwickeln, dass den Fokus nicht auf Multiplayer, Online-Features und Langlebigkeit legt, sondern auf eine umfangreiche Singleplayer-Erfahrung – genau das, was sich die Fans seit zweit Jahren erhofft haben. Aber scheinbar kann sich ein Hersteller wie EA so etwas in der heutigen Zeit nicht mehr vorstellen. Erinnern wir uns nur mal diesen einen "10/10"-Tweet von vor wenigen Wochen. Also setzt man eben auf das Life-Service-Konzept. Ob das funktionieren wird oder nicht, wird sich erst in ein paar Jahren zeigen. Gründe für Euphorie gibt dieses Vorhaben aber nicht. Und angesichts dessen wird es am Ende nur positiv sein, dass jeder Fan Skate kostenlos ausprobieren kann. Nur Lebenszeit und kein Geld zu verschwenden, sollte das Spiel ein Flop werden, ist schließlich immer noch besser, als beides zu verlieren.