Diablo Immortal kommt doch für den PC. Sind damit nun alle Wogen geglättet? Nicht ganz.
Diablo Immortal: Plötzlich PC-Spiel – Freuden und Sorgen
Da hat uns Blizzard echt mal überrascht – und diesmal im positiven Sinne, nicht mit weiteren Skandalen rund um Themen wie sexuelle Diskriminierung und Belästigung (wobei die nun wohl gar keine Überraschungen mehr wären). Auf der BlizzCon 2018, als das Unternehmen Diablo Immortal statt Diablo 4 ankündigte, hieß es noch, es werde nur für Mobilgeräte erscheinen. Der Satz "Do you guys not have phones?" ("Habt ihr keine Telefone?"), den Game Director Wyatt Cheng damals dem buhenden Publikum entgegnete, wurde zum Meme und sein Spiel zu einem Gespött des Internets.
Der Shitstorm war gewaltig, wie jeder andere legte er sich aber irgendwann – sicherlich auch, weil Diablo Immortal für eine ganze Zeit in der Versenkung verschwand. Die Entwicklung zog sich gewaltig in die Länge. Eigentlich hätte das Spiel schon vor Jahren erscheinen sollen. Nun geht es endlich am 2. Juni an den Start – und das nicht nur auf iOS und Android, sondern zu unser aller Erstaunen öffnen sich die Pforten nach Sanktuario auch auf dem PC (in dem Fall aber erst mal als Open Beta). Und siehe da: Diese Ankündigung hat schon gereicht, dass der Titel plötzlich in einem ganz anderen Licht steht.
Sowohl unter den jüngsten beiden Videos auf dem offiziellen YouTube-Kanal als auch im Diablo-Subreddit finden sich viele positive Stimmen. Leute freuen sich darüber, dass das Spiel nun doch auch für den PC erscheint und sogar Cross-Play bietet. Wer vorher gar kein Interesse an Diablo Immortal hatte, weil man schlicht keine Mobile Games zockt, wartet nun gespannt auf den 2. Juni. "Wo es nun für den PC bestätigt ist, kann ich mich definitiv eine ordentliche Anzahl an Stunden in dieses Spiel investieren sehen", heißt es etwa in einem Reddit-Kommentar. Und mir geht es ganz ähnlich: Ich spiele nur auf dem PC und den Konsolen, von Mobile Games halte ich mich fern. Dementsprechend hätte ich auch Diablo Immortal links liegen gelassen, so interessant das Spiel an sich für mich auch ist. Nun, wo ich weiß, dass ich es am PC mit Maus und Tastatur oder Controller zocken kann, habe ich mir den Release-Termin in meinem Kalender im Geiste rot angestrichen und werde das Ding auf jeden Fall ausprobieren, wenn es da ist.
Iiihhh, Smartphone-Menüs auf dem PC!
Ein richtiger Hype will sich aber nicht einstellen und das hat mehrere Gründe. Nummer 1 (sicherlich das geringste Problem): Die Benutzeroberfläche und Menüs sowie die viel zu nah herangezoomte Kameraperspektive sagen mir nicht zu. Blizzard baut Diablo Immortal in Sachen Benutzererfahrung für den PC nicht grundlegend um. Das Interface wird etwas herunter skaliert, sodass vor allem die Icons für Fähigkeiten nicht so viel Platz wie auf einem Touchscreen einnehmen, wo sie schließlich richtige Buttons sind. Das ist soweit in Ordnung, mich stören aber die Menüs. Auch die werden laut Blizzard nur leicht angepasst und somit im Kern genauso aufgebaut sein und funktionieren wie in der mobilen Variante. Allein schon, dass die Buttons so groß sind und dadurch weniger Platz auf dem Bildschirm ist, um Informationen unterzubringen, stört mich.
Erst in der Praxis wird sich zeigen, wie sehr mich das alles wirklich nervt. Und wer weiß, Blizzard spricht ja nicht ohne Grund erst mal von einer Beta. Vielleicht ändert sich ja in der Zukunft noch einiges. Gerne darf die maximale Zoom-Stufe für die Kamera erhöht werden. Die meisten PCs sollten ja genug Leistung dafür haben, zumal die Grafikqualität gegenüber der Mobile-Version nicht erhöht wird.
Pay-to-Win-Alarm?
Meine viel größere Sorge ist, dass die Monetarisierung von Diablo Immortal den Spaß verderben wird – und da bin ich längst nicht der einzige. In den Kommentaren auf den oben erwähnten Seiten stoße ich immer wieder auf Aussagen darüber, dass das Spiel ja Pay-to-Win-Elemente habe. Darüber bin ich auf ein Video des YouTubers Gregg2G gestoßen, der anhand von Screenshots aus der Closed Beta erklärt, wo die Probleme liegen: Mit legendären Juwelen sei es möglich, den ausgeteilten Schaden und die Lebensenergie eures Charakters deutlich zu erhöhen. Das Problem: Die mächtigsten Varianten mit fünf Sternen könnt ihr euch im In-Game-Shop für Platin kaufen und beim Juwelier herstellen, indem ihr die dafür nötigen Runen und ebenfalls Platin nutzt. Nun könnt ihr euch die Währung zwar auch erspielen, aber sicherlich wird es Ewigkeiten dauern, bis ihr euch auch nur ein legendäres 5-Sterne-Juwel erarbeitet habt, wenn ihr kein Geld ausgebt.
Obendrein gibt es noch die Mechanik, legendäre Ausrüstungsgegenstände zu "erwecken", um ihnen besonders starke Boni zu verleihen. Dafür benötigt ihr einerseits ein legendäres Juwel auf Rang 10. Das kann zwar auch eines mit nur einem oder zwei Sternen sein, aber euch die nötige Anzahl an weiteren Steinchen zu erspielen, die ihr braucht, um das erste aufzuwerten, kann sehr lange dauern. Und wenn ihr dann ein Item erwecken wollt, ist dafür ein Objekt nötig, das nur für Premiumwährung zu haben ist. Jene Mechanik richtet sich also ausschließlich an zahlende Spieler – na, Prost Mahlzeit!
Gut, diese Infos beziehen sich auf die Closed Beta. Es kann sich also noch einiges an den Systemen ändern, damit rechnen würde ich aber nicht – zumindest nicht zum Release. Hier könnte sich ein ähnlicher Aufruhr anbahnen, wie es ihn in der Community von Lost Ark rund um dessen Upgrade-System für Ausrüstung gibt.
Was heißt das für Diablo 4?
Meine dritte Sorge hat gar nichts mit dem Inhalt von Diablo Immortal zu tun. Ich habe mir die Frage gestellt, warum Blizzard nun auf einmal den Schritt geht, das Spiel doch für den PC zu veröffentlichen. Dass diese Entscheidung relativ kurzfristig getroffen worden sein muss, beweist die kaum veränderte Benutzeroberfläche. Was mir dabei sofort in den Sinn gekommen ist: Man macht das, weil Diablo 4 noch in viel weiterer Ferne liegt, als wir es glauben/hoffen. Ich bin davon überzeugt, dass Blizzard sich nicht für eine PC-Umsetzung von Immortal entschieden hätte, wenn man sich sicher wäre, dass Teil 4 in einem bis anderthalb Jahren auf den Markt kommt.
Ich gehe fest davon aus, dass uns Diablo 4 frühestens 2024, vermutlich sogar noch später erwartet. Bis dahin sollen die PC-Zocker eben Immortal spielen (und vor allem dafür Geld ausgeben). Und deshalb nehme ich auch an, dass die Rufe einiger nach Versionen für die Konsolen bald erhört werden. Mit dem Multiplattform-Release von Diablo Immortal wird sich Blizzard Zeit verschaffen – Zeit, um Diablo 4 zu hoffentlich der Fortsetzung zu machen, die sich alle Fans, (insbesondere die, die von Teil 3 so enttäuscht waren) erhoffen. Das wäre eigentlich etwas Gutes, aber natürlich kann auch ich mich nicht dagegen wehren, immer ungeduldiger zu werden, je mehr Jahre ins Land gehen, in denen wir nichts von einem nahenden Release von Diablo 4 erfahren. Für mich wird Diablo Immortal, egal wie spaßig es am Ende sein mag, das mit seinem Mobile-Fokus nicht ersetzen können. Und mit der Meinung stehe ich sicherlich auch nicht alleine da.