Ubisoft hat Assassin's Creed Valhalla so konzeptioniert, dass es auch mit längeren Pausen gut spielbar ist.
Assassin's Creed Valhalla: Das perfekte Spiel für den berufstätigen Papa
Assassin's Creed Valhalla ist ein gigantisches Spiel. Ihr könnt locker 60 bis 80 Stunden im England des neunten Jahrhunderts verbringen, wenn nicht sogar noch wesentlich mehr, sofern ihr denn wirklich alles machen wollt. Man sollte also meinen, das Action-Rollenspiel richte sich vor allem an diejenigen, die viel Zeit zum Zocken haben. Tatsächlich halte ich es aber für das perfekte Spiel für den berufstätigen Familienvater (oder natürlich auch die arbeitende Mutter, wir wollen ja kein Geschlecht ausschließen), der zwischen Job und Kindererziehung recht wenig Zeit hat, sich einfach mal vor die Konsole oder den PC zu setzen und als Wikinger britische Klöster und Festungen zu überfallen.
"Wie soll das zusammenpassen?", mögt ihr nun fragen. Solche großen Open-World-Spiele sind doch wie geschaffen dafür, jeden Abend mehrere Stunden lang gezockt zu werden. Gerade in so einer riesigen Welt, wie sie Assassin's Creed Valhalla bietet, kann man sich gerne mal verlieren. "Wie, es ist schon 3 Uhr nachts?" Sicherlich hat sich manch ein Valhalla-Spieler in den vergangenen Wochen mindestens einmal diese Frage stellen müssen.
Viele kleine statt einer großen Geschichte
Aber nun komme ich und sage: Das jüngste Assassin's Creed ist wunderbar portionierbar und ideal für Leute, die eben nicht ständig bis spät in die Nacht hinein zocken können. Und eventuell war das sogar einer der Hintergedanken von Ubisoft bei der Konzeptionierung des Spiels. Denn wenn wir uns die Struktur von Valhalla anschauen, fällt auf: Es ist im Herzen ein Episodenspiel. Das mag sich während des Prologs in Norwegen noch nicht bemerkbar machen. Aber sobald ihr in England angekommen seid, verflüchtigt sich sozusagen für viele Stunden die Idee, einen durchgehenden Plot zu erzählen. Stattdessen erlebt ihr in jedem der zahlreichen Gebiete in sich abgeschlossene Geschichten. Jede davon für sich genommen bedarf nur circa drei bis fünf Stunden Spielzeit, sämtliche Nebenmissionen und das Erkunden der Spielwelt ausgeklammert.
Es mag Leute geben, denen dieses Episoden-artige Format nicht zusagt. Die sich lieber eine durchgehende Handlung gewünscht hätten, die konstant immer mehr Spannung aufbaut – ich zähle mich dazu. Aber für den oben beschriebenen Stereotyp des Familienvaters, der mindestens acht Stunden am Tag arbeitet, anschließend nach Hause kommt, sich um seine Kinder kümmern muss und erst spät am Abend für ein bis zwei Stunden zum Zocken kommt, ist es ideal. So jemand kann sicherlich auch nicht jeden Tag spielen. Man möchte schließlich noch Zeit mit der Partnerin oder dem Partner verbringen.
So kann es eben auch mal passieren, dass man tage- oder gar wochenlang nicht spielt. Bei Titeln wie etwa einem The Witcher 3 oder Red Dead Redemption 2 ist das ein Problem. Denn da vergisst man nach längeren, unbeabsichtigten Spielpausen gerne mal, was zuletzt in der Geschichte passiert ist oder auch wie die Steuerung beziehungsweise das Gameplay funktioniert. Die Wahrscheinlichkeit, dass man es aufgibt, wieder ins Spiel hineinzufinden, es zur Seite legt und vielleicht irgendwann nochmal komplett von vorne beginnt, ist groß. Dass das im Fall von Assassin's Creed Valhalla passiert, ist recht unwahrscheinlich. Denn sofern man vor jeder längeren Spielunterbrechung den jeweils aktuellen Story Arc abgeschlossen hat, gibt es so gut wie nichts, was man inhaltlich im Kopf behalten muss.
Das Convenience Food unter den Open-World-Giganten
Valhalla ist quasi der perfekte Kompromiss für Leute, die sich nur zwei bis drei Spiele im Jahr kaufen, die dann auch nicht zu wenig Inhalte bieten sollen. Titel wie FIFA und Call of Duty sind unter anderem deshalb so erfolgreich, weil sie eben viel Spiel fürs Geld bieten, inhaltlich aber leicht verdaulich sind und sich gut portionieren lassen. Für ein Witcher 3 gilt das nicht. Assassin's Creed Valhalla liefert nun ein ähnliches Art Open-World-Erlebnis, setzt aber nicht voraus, dass man sich mehrere Wochen am Stück darauf fokussiert. Es ist auch spielerisch nicht so komplex, dass man nach langen Pausen gar nicht mehr weiß, wie nun eigentlich das Kampfsystem funktioniert und der eigene Charakter geskillt ist. Der Schwierigkeitsgrad ist niedrig genug, dass es meistens ausreicht, einfach nur die Tasten für leichte und schwere Angriffe zu drücken. Und auf welchen Knopf man welche der eh allesamt mächtigen Spezialattacken gelegt hat, ist auch schnell herausgefunden.
Assassin's Creed Valhalla bietet auf spielerischer und erzählerischer Ebene eine enorm hohe Zugänglichkeit. Man muss weder sonderlich viel Erfahrung mit dem Genre der Action-Rollenspiele noch jeden Tag mehrere Stunden Zeit haben, um es in Gänze erleben und genießen zu können. Es ist so gut portionierbar wie kaum ein anderes Open-World-Spiel dieser Größe. Der Preis dafür ist eben das Fehlen einer spannenden Hauptgeschichte, aber der Erfolg gibt Ubisoft recht.