RoboCop ist zurück. 20 Jahre nach dem letzten Erscheinen in der Games Branche sorgt der kybernetische Polizist wieder für Ordnung.
RoboCop Rogue City im Test: Film-Feeling mit ein paar technischen Problemen
Bis vor ein paar Jahren waren Filmumsetzungen in der Games Branche fast immer mit dem Malus behaftet, dass solche Produkte selten der Vorlage gerecht wurden. Im Gegenteil, das Gros dieser Spiele konnte zwar meist mit einer passenden Präsentation auftrumpfen, aber selten spielerisch überzeugen. Das hat sich zum Glück geändert. Es gibt zwar immer noch viele Hersteller, die lediglich das schnelle Geld sehen und sich um den Rest relativ wenig scheren, aber mittlerweile können sich viele Film- und Serienumsetzungen wirklich sehen lassen. Ob RoboCop Rogue City dazugehört?
Keine Charaktereinführung, es geht direkt zur Sache
RoboCop Rogue City beginnt ähnlich wie ein typischer Hollywood-Film mit einem cold open, vom Hauptmenü zuvor einmal abgesehen. Vorkenntnisse für die Geschichte sind zwar nicht erforderlich, aber es hilft dem eigenen Verständnis, denn RoboCop wird als Charakter nicht großartig vorgestellt. Die Handlung des Films spielt irgendwann zwischen dem zweiten und dritten Teil der Filmreihe und dementsprechend wird vorausgesetzt, dass man weiß, wer die verschiedenen Figuren sind und welche Motivation sie antreibt. Die Geschichte selbst ist schnell erklärt und klingt wie die eines potenziell weiteren Films. Detroit wird abermals von einer Kriminalitätswelle erfasst und die örtliche Polizei kann nur dabei zuschauen, wie der Reihe nach immer mehr Polizisten den Verbrechern zum Opfer fallen. Das alles liegt am „Neuen“ in der Unterwelt. Außerdem, das darf nicht vergessen werden, hat die Stadt Detroit mit der Substanz Nuke ein extremes Drogenproblem und RoboCop aka Alex Murphy kämpft immer wieder mit seinen Erinnerungen an die Zeit, als er noch ein Mensch war. Eine klassische RoboCop-Story.
Nah an der Vorlage orientiert
RoboCop ist kein First-Person-Shooter wie es sie mittlerweile in Massen gibt. Die Entwickler haben sich überraschend penibel an die filmische Vorlage gehalten. Das bedeutet, dass der kybernetische Polizist weder springen noch durch die Umgebungen spurten kann wie eine Gazelle. RoboCop war zwar Ende der 80er Jahre eine wegweisende Zukunftsvision, aber schon damals gab es in gewissen Bereichen Einschränkungen. Genau das spiegelt sich bei diesem Titel im Gameplay wider. RoboCop ist ein Tank, bewegt sich auch im Rennen relativ langsam und kann durchaus eine Menge Kugeln einstecken. Das gesamte Pacing des Spiels ist dementsprechend entschleunigt und führt dazu, dass wir auf der einen Seite RoboCops Überlegenheit und auf der anderen Seite seine Verletzlichkeit spüren. Straßenräuber und andere Gauner sind lediglich bei einer großen Überzahl eine Herausforderung. Die verschiedenen Bosse hingegen sind da schon eine andere Hausnummer.
Für Recht und Ordnung auf den Straßen
Grundsätzlich ist RoboCop Rogue City sehr linear aufgebaut. Nach der Einführung ist die Detroiter Polizeiwache meist der Ausgangspunkt für sämtliche Aktivitäten. Hier erhalten wir nicht nur neue Quests, um der Geschichte zu folgen, sondern wir können auch einige Nebenaufgaben erledigen. Richtig zur Sache geht es dann auf den Straßen von Detroit. Eine Open World, in der wir uns komplett frei bewegen können, ist zwar nicht vorhanden, aber die Bereiche, die uns offenstehen, sind dennoch relativ ausladend. Bedingt durch RoboCops langsame Fortbewegung hätten die Bereiche auch nicht viel größer ausfallen dürfen. Mit dem Auto durch die Straßen zu fahren, ist leider nicht möglich. Das wird lediglich in Zwischensequenzen dargestellt. Aber auch so gibt es abseits der actionreichen und intensiven Schießereien im Verlauf der Geschichte viel zu erledigen. Wir können auf den Straßen Detroits nämlich optional kleinere Verbrechen aufklären, Strafzettel verteilen, Verdächtige verhören sowie Nebenaufgaben samt sekundären Handlungssträngen erledigen und so Recht und Ordnung wieder herstellen. Dabei spielt es eine große Rolle, wie wir uns verhalten. Wir haben in vielen Situationen die Möglichkeit, Straftaten gewaltfrei zu vereiteln oder zu ahnden. Je nachdem wie wir uns entscheiden, steigt dabei unser Ansehen in der Bevölkerung oder eben auch nicht. Jede dieser Entscheidungen hat Einfluss darauf, wie sich die Bewohner und Kriminellen uns gegenüber verhalten und das wirkt sich schlussendlich auf das Ende des Spiels aus.
Waffen und andere Fähigkeiten
Wie bereits erwähnt, ist RoboCop ein Tank und seine Auto-9 Handfeuerwaffe leistet hervorragende Dienste, wenn es um die Eliminierung von Kriminellen geht. Dank der unbegrenzten Munition und einer ordentlichen Durchschlagskraft ist sie sogar gegen größere Gegner gut einsetzbar. Zusätzlich dürfen wir Waffen von Krriminellen einsammeln. Diese können deutlich stärker sein, aber Munition ist nicht im Überfluss vorhanden, so dass wir immer wieder auf unsere Standardwaffe zurückgreifen. Selbst das Gunplay entspricht der Filmvorlage. Kleinere Waffen wirken wie Spielzeug in Murphys Händen, während es mit dicken Wummen ordentlich scheppert. Mit zunehmendem Spielfortschritt dürfen wir zudem nicht nur passive Eigenschaften mit Erfahrungspunkten aufleveln, es gibt auch Spezialfähigkeiten wie etwa eine Schockwelle oder eine Zeitlupenfunktion, die unsere Möglichkeiten im Kampf erweitern, damit wir den immer stärker werdenden Gegnern etwas entgegenzusetzen haben. Allerdings kann immer nur eine Spezialfähigkeit aktiv sein. Ein bisschen Taktieren, wann welche Fähigkeit am sinnvollsten einzusetzen ist, müssen wir also auch.
Klasse Präsentation mit technischen Mängeln
Was den polnischen Entwicklern von Teyon in präsentationstechnischer Sicht gelungen ist, ist bemerkenswert. Nicht nur, dass die Grafik des Spiels in vielen Situation einen hervorragenden Eindruck (Lichteffekte, Spiegelungen, Bildqualität etc.) hinterlässt, sobald der fast schon ikonische Soundtrack nach ein paar Minuten im Spiel einsetzt, fühlt man sich, als wäre man selbst Teil der Filme. Sogar einige Kameraeinstellungen und bekannte Szenen entsprechen teilweise exakt den filmischen Werken. Gepaart mit dem „gemächlichen“ Gameplay wird eine Atmosphäre geschaffen, die so nah an der Vorlage ist wie kaum eine andere Filmumsetzung. Doch man merkt dem Spiel an, dass sich weder das Budget noch das Polishing auf dem Level von Triple-A-Produktionen befinden. Das haben die Entwickler aber sehr clever kaschiert. So blendet das Spiel oft aus, um kostspielige Kamerafahrten zu vermeiden. Ein anderes Beispiel: Die Gesichter der Hauptakteure sind sehr detailliert und authentisch gestaltet, aber nur wenig animiert. In RoboCops Fall, wo man eh nur den Mund sieht, spielt das kaum eine Rolle, aber bei anderen Charakteren wie beispielsweise Anne Lewis oder Commander Reed fällt es auf. Außerdem müssen die Figuren kiloweise Haarspray verwendet haben.
Das sind jedoch alles Dinge, an die wir uns schnell gewöhnt haben. Man könnte sogar argumentieren, dass es dem Zeitgeist damals entsprach. Was uns jedoch immer wieder aus der Immersion gerissen hat, waren das Nachladen von Texturen in Zwischensequenzen und die Tatsache, dass manche Charaktere in Gesprächen und Zwischensequenzen ihre Position ruckartig um einige Zentimeter verändern. Außerdem sind die Untertitel teilweise nicht immer lesbar. Wenn sich die Schrift nicht vom Untergrund abhebt, hilft auch keine Brille mehr. Ganz anders verhält sich beim Sound des Spiels. Vollkommen egal, welchen Aspekt wir uns genau ansehen bzw. anhören. RoboCop Rogue City ist ein Fest für die Ohren. Sei es nun der Soundtrack, der einen sofort mitreißt, die Stimme von Peter Weller als RoboCop oder das typische Laufgeräusch des Protagonisten. Es wirkt alles wie aus einem Guss und unterstreicht wie wichtig das akutische Bild sein kann.
Fazit:
RoboCop Rogue City ist ein Paradebeispiel dafür, wie eine liebevolle Filmumsetzung auszusehen hat. Präsentation und Gameplay stimmen und die Entwickler haben sich wirklich nah an der Vorlage orientiert. Daraus resultiert jedoch eine Spielmechanik, die aufgrund ihres Tempos nicht unbedingt jedem zusagen wird. Wer allerdings Fan der Filmreihe (das Remake von 2014 vergessen wir einfach mal), bekommt ein Produkt serviert, welches einen sofort in die Welt von RoboCop hineinzieht. Uns haben insbesondere die Nebenaufgaben gefallen und wir haben uns des Öfteren dabei ertappt, wie wir nur durch die Straßen gelaufen sind und nach alltäglichen Verbrechen Ausschau gehalten haben. Schade ist allerdings, dass das die technischen Mängel einen immer wieder aus der Atmosphäre herausreißen. Hier würden wir uns für einen potenziellen zweiten Teil mehr Feinschliff wünschen. So oder so ist RoboCop Rogue City aber die beste Umsetzung des Franchises bisher.
- erstklassige Umsetzung der Vorlage
- interessante Nebenaufgaben
- guten Mischung aus Action und Polizeiarbeit
- Akustisch ein Genuss
- technische Probleme
- gemächliches Gameplay
- teilweise lange Laufwege