Autor: Christopher Blair
Nach dem großen Erfolg von Persona 5 schickt Atlus den nächsten Ableger ins Rennen. Der lohnt sich besonders für Fans der Marke.
Autor: Christopher Blair
Nach dem großen Erfolg von Persona 5 schickt Atlus den nächsten Ableger ins Rennen. Der lohnt sich besonders für Fans der Marke.
Für ATLUS war der internationale Erfolg von Persona 5 wahrscheinlich genauso überraschend wie für mich. Jahrelang stand die Reihe eher im Schatten von Shin Megami Tensei, galt sie in erster Linie nur als Spin-off selbigens. Doch mit dem Erfolg des fünften Teils wuchs die Reihe über sich hinaus und stellte Shin Megami Tensei aufs Abstellgleis. Wenig verwunderlich, dass mit Persona 5 Tactica nach Strikers und Dancing ein weiterer Teil im P5-Universum veröffentlicht wird.
Wer sich im Persona-Univerum auskennt, der braucht hierfür keine Erklärung. Alle anderen: Nein, dies hat nichts mit Facebook zu tun.
So finden sich Joker und seine Freunde quasi sofort nach Spielstart in einer neuen Version ihres Metaverse wieder, in der nichts so wie gewohnt zu sein scheint. Eingeleitet wird das Spiel lediglich von einem ominösen Gespräch zweier dunkler Gestalten und einem Fernsehbericht über einen verschwundenen Politiker.
Kaum sind sie zur Tür aus dem Café LeBlanc raus, werden sie von unheimlichen Wesen attackiert, deren Erscheinung stark an die Schatten erinnert. An ihrer Spitze steht die durchgeknallte Marie, gesprochen Mari-e, die alle mit ihrer Kraft in den Bann ziehen kann. So geschieht es auch, dass Marie bis auf Joker und Morgana, alle Phantom Thieves einer Gehirnwäsche unterziehen und diese gegeneinander aufstacheln kann. In letzter Minute werden die beiden Verbliebenen von der Widerstandskämpferin Erina gerettet. Zusammen wollen sie nicht nur Jokers Freunde befreien, sondern auch Marie von ihrem Thron stoßen und nebenbei herausfinden, warum in diesem Metaverse nichts so ist, wie es die Helden gewohnt sind.
Es scheint mittlerweile ein ungeschriebenes Gesetz zu sein, dass jedes Spin-Off von Persona 5 ein anderes Genre beinhalten muss. Jedenfalls vermischt ATLUS hier das bekannte Persona-Gameplay mit einem Strategie-RPG im Stile von Final Fantasy Tactics oder Advance Wars.
Zunächst wird die Geschichte wie immer aus einer Kombination aus Anime-Sequenzen und In-Game-Szenen. Interaktion der Charaktere finden via Visual-Novel-ähnlichen Szenen statt, bei der wir unterschiedliche Antworten geben können, die jedoch bis auf alternativen Reaktionen keine Auswirkungen auf die Story haben. Das eigentliche Herz des Spiels sind jedoch die Kämpfe, die immer auf einem Schlachtfeld stattfinden. Wobei Schlachtfeld noch etwas zu hochgegriffen ist. Schließlich sind es nur kleinere Felder, in denen es meistens gilt, seine Gegner auszulöschen oder einen gewissen Punkt auf der Karte zu erreichen.
Genretypisch bewegen wir unsere Helden auf einem Raster, das uns den Bewegungsradius der jeweiligen Charaktere vorgibt. Angenehm hier ist, dass wir uns frei bewegen können, was doch ein gewisses Gefühl von RPG gibt. Im Vordergrund liegt immer die taktische Planung, da die Position nach jeder Runde entscheidend ist, ob uns gegnerische Einheiten auch treffen können. Hinter hohen Wänden zu stehen hilft so zum Beispiel, nicht getroffen zu werden. Gespielt wird dabei immer in Runden, bei denen wir und der Gegner zum Zug kommt.
Gegner können entweder mit den eigenen Waffen oder mittels den Persona, als Spezialangriffe ausgeschaltet werden. Das ganze ist recht simpel gehalten und beinhaltet alles, was das Genre hergibt. Neben allerlei verschiedenen Statuseffekten können die Pesona auch weitere spezifische Effekte auslösen, wie zum Beispiel Gegner von ihrer Position zu werfen. Sollte man einen Fehler begangen haben, kann man den Zug jedoch über das Menü mit einer “Rückgängig”-Funktion wiederholen.
Auch die Position der jeweiligen Charaktere auf dem Spielfeld ist wichtig, denn manchmal lassen sich ganze Gegnerhorden auf ein Einfaches auslöschen, wenn die Helden sich auf dem Feld formieren und eine Trio-Attacke ausführen. Typisch für ein S-RPG also, dass man nicht einfach so losrennen sollte, sondern sich das ganze Schlachtfeld vorher einmal anschauen sollte.
Sobald die ersten Missionen erledigt sind, werden wir in das neue Versteck gebracht, das auf seltsame Weise ebenfalls ein Café LeBlanc ist. Warum? Das erfahren wir erst später im Spielverlauf. Doch auch hier kann man nicht nur Gespräche mit seinen Mitstreitern führen. Sondern auch allerhand Einstellungen durchführen und sich auf die kommenden Kämpfe vorbereiten.
Teil des Mysteriums dieser neuen Metaverse ist auch das Velvet Room, das wie ausgewechselt scheint. Lediglich Lavenza scheint trotz seltsamer Kleidung die selbe geblieben zu sein. So erfahren wir auch, dass wir unsere Persona nicht wechseln können. Stattdessen müssen wir uns neue Persona mittels Fusionierung erschaffen und als Sub-Persona den jeweiligen Team-Mitgliedern zuweisen. Ein Element, das vor allem später im Spiel für viel Abwechslung sorgen wird und viele Spieler dazu einlädt, die unterschiedlichsten Persona zu erschaffen. Wenngleich dies nicht annähernd so komplex aufgebaut ist, wie in Persona 5. Ebenfalls neu für die Phantom Thieves; sie müssen ihre Waffen über eine Art Online-Shop beziehen. Wichtig hierfür ist, im Laufe des Spiels viel Kohle zu sammeln. Dafür bieten die Waffen nach und nach mehr Wumms und wichtige Zusatzeffekte.
Gelevelt wird als Team nach jedem Kampf und so wird die aktuelle Stufe für die Phantom Thieves ausgewiesen. Mittels GP können dann im Versteck die Skills der Charaktere erweitert werden, was zu gewissen Vorteilen im Kampf führt. Wer sich zu schwach fühlt, kann jedoch auch jederzeit durch das Wiederholen von Missionen Erfahrung sammeln.
Das könnte man zumindest als einen der Kritikpunkte ansehen, wenn man als Neuling in das ganze Persona-Universum via Persona 5 Tactica einsteigen möchte. Es gibt viele Missionen, die aneinander gereiht und durchaus schnell geschafft sind. Ambitionen diese schneller zu erledigen, gibt es zudem vom Spiel selbst, das Boni anhand von Konditionen ausschüttet. Diese sind jederzeit vor dem Kampf einsehbar. Doch selbst wenn man es nicht schafft, kann man später jederzeit Missionen mit seinen Lieblingen wiederholen.
Die eigentlichen Missionen selbst sind auch auf höheren Schwierigkeitsgraden eher von einfacher Natur. Im späteren Spielverlauf können sie zwar noch knackiger werden, aber sollten selbst unerfahrene Spieler nicht in die Knie zwingen.
Zwischen den Missionen gibt es viel Gesprächsstoff für die ganzen Charaktere und das erstreckt sich manchmal auch so lange, dass zwischen den Missionen auch mal gerne etwas über die Stränge geschlagen wird. Das muss man mögen, um Persona 5 Tactica vollumfänglich genießen zu können. Darüber hinaus vertiefen die Gespräche im Versteck nicht mehr wie in Persona 5 die Beziehungen zwischen den Charakteren. Ein Gameplay-Element, das sicherlich einigen Fans fehlen wird.
Im späteren Spielverlauf erhalten wir dann auch Aufträge, die neben den eigentlichen Missionen abgeschlossen werden können. Das Absolvieren dieser Aufträge bringt uns willkommene Boni und zusätzliche Persona frei. Doch aufgepasst, einige dieser Kämpfe haben es in sich und führen zu einem schnellen Ende, denn die Bedingungen für einen Sieg sind stellenweise echt knackig.
Während Persona 5 und Persona 5 Strikers noch in einer erwachsener Optik daherkommen, wechselt Persona 5 Tactica den Stil zu einem deutlichen kindlichen Schema, das sehr an das Spin-Off Persona Q2 für den Nintendo 3DS erinnert. Das muss zwingend nichts Schlechtes sein, da es hier auch wirklich passt. Denn jeder Charakter ist liebevoll gestaltet und die bekannten Gesichter wird man auch dieses Mal schnell ins Herz schließen. Trotzdem lässt einen nicht das Gefühl los, dass hier auch jüngere Persona-Fans angelockt werden sollen. Was sich auch in dem Fehlen von sehr düsteren Themen ableiten lässt.
An der Performance lässt sich zumindest auf PlayStation 5 und Xbox Series X nichts bemängeln. Andere Plattformen konnten wir nicht testen. Was zuweilen etwas störend wirkt, sind die vielen Ladebildschirme. Diese zwar meist wenige Sekunden lang, stören den Spielfluss aber trotzdem merklich. Wahrscheinlich ist dies den unterschiedlichen Präsentationsarten geschuldet.
Ansonsten punktet der Titel wie gewohnt mit einer starken Kombination aus gelungener Synchro, knackigem Sound-Design und einem wunderbaren Soundtrack. Hier werden sich alle Persona-Fans gleich heimisch fühlen.
Persona 5 Tactica ist eine gelungene Erweiterung des Persona-5-Universums. Hier und da wirkt es leicht blass im Vergleich zum Original und besonders im Vergleich zum deutlich besseren Persona 5 Royal. Fans kommen auf alle Fälle auf ihre Kosten. Genre-Fans, die nichts mit Persona anfangen können, sollten trotzdem einen Bogen drum machen.