LEGO 2K Drive entpuppt sich im Test als unterhaltsamer Fun Racer, dem jedoch erstaunlich schnell der Sprit ausgeht.
LEGO 2K Drive im Test: Forza Horizon trifft Mario Kart
Die Ankündigung von LEGO 2K Drive im März war eine der bislang größten Überraschungen des Jahres – vor allem auch, weil das erste Gameplay-Material den Eindruck erweckte, dass uns da ein richtig spaßiger Arcade Racer ins Haus stehen sollte. Spaßig ist der Titel auch allemal, dennoch sind wir ein wenig enttäuscht von diesem Mix aus der Open World eines Forza Horizon und chaotischen Rennen in "Mario Kart"-Manier. Die Gründe dafür: der Umfang und die Monetarisierung.
Willkommen in Bricklandia!
Es gab schon lange keine LEGO-Spiele mit größerem Produktionsbudget mehr, die nicht mit irgendeiner starken Lizenz für sich werben können. Lange vor LEGO Star Wars, LEGO Batman und Co spielten vor allem Kinder Titel wie LEGO Insel oder – um einen passenden Übergang zum Thema dieses Textes zu schaffen – LEGO Racers. Letzteres ist, böse formuliert, ein "Mario Kart"-Klon für PC; PlayStation und N64 gewesen (und eine Version für den Game Boy Color gab es auch), der durchaus Laune gemacht hat. Hat Entwickler Visual Concepts dieses Konzept nun einfach für sein LEGO 2K Drive übernommen? Nein. Zwar entsprechen die Rennen hier eins zu eins dem Konzept, das Nintendo 1992 mit Super Mario Kart auf dem SNES etabliert hat, drumherum gibt es jedoch eine Open World, die noch mit diversen anderen Aktivitäten gefüllt ist.
Es handelt sich jedoch nicht um eine zusammenhängende Spielwelt. Bricklandia, wie das Land heißt, durch das ihr hier rast, besteht aus vier voneinander getrennten Gebieten. Der Startbereich namens Turbofeld ist ausgesprochen klein, die anderen drei Welten sind umfangreicher, aber auch alles andere als riesig. Im direkten Vergleich mit dem Mexiko aus Forza Horizon 5 oder gar den USA aus The Crew 2 wirkt LEGO 2K Drive geradezu mickrig. Die Biome sind aber liebevoll gestaltet und bieten auch genug optische Abwechslung. Es gibt die klassischen Wald- und Wiesenlandschaften, aber auch eine Wüstenregion und eine düstere Halloween-Welt. Natürlich hat alles den typischen LEGO-Look – und vieles ist zerstörbar. Nur durch Gebäude sowie Gestein könnt ihr nicht hindurchbrettern. Ok, und es gibt bestimmtes Gras, das euch stark verlangsamt, warum auch immer. Liebe Entwickler: Wenn Bäume keine Hindernisse darstellen, sollten das kleine Halme erst recht nicht!
Dadurch, dass alle Objekte in der Spielwelt aus Bausteinen bestehen, macht es einen Heidenspaß, durch die Open World zu rasen und dabei auf jegliche Straßenverkehrsordnungspunkte zu pfeifen. Es weckt eine kindliche Freude, die örtliche Flora und andere Autos in ihre Einzelteile zu zerlegen, indem man einfach mit ihnen kollidiert und sich durch sie hindurch fräst. Und ja, auch NPCs sowie Tiere bleiben nicht verschont. Die springen nicht automatisch zur Seite, sobald ihr euch ihnen nähert, sondern lassen sich brav von euch durch die Gegend katapultieren.
Rennen sind nur ein Teil des Spiels
Die Kampagne besteht aus einer Abfolge von Einzelrennen und Quests, die gar nichts mit dem Rennsport zu tun haben. Mal müsst ihr Schweinchen zurück in ihr Gehege bringen, mal die Bewohner einer Stadt vor Zombies retten. Abwechslung ist vorhanden, doch nicht alle der Quests sind Spaßgaranten. In einer Mission geht es darum, umherfliegende Raketen zu einer Sammelstelle zu bringen. Die Dinger gehen aber nicht aus, wenn ihr sie einfangt, was dazu führt, dass ihr euren Wagen anschließend so gut wie gar nicht mehr kontrollieren könnt. Sobald ihr gegen ein größeres Objekt knallt, explodiert die Rakete auf eurem Dach. Danach respawnt sie und der "Spaß" beginnt von vorne. Diese Quest hat uns wirklich Nerven gekostet, weil es unfassbar viele Anläufe gebraucht hat, die letzte Rakete ins Ziel zu bringen. Was haben die Macher sich dabei nur gedacht?
Die Rennen hingegen sind eigentlich durch die Bank weg vergnüglich. Ja, es gibt einen teils sehr starken Gummibandeffekt, aber die Fahrzeuge steuern sich wunderbar geschmeidig und auch wenn die Power-ups wie zielsuchende Raketen und Spinnen, die eure Gegner einweben, sicherlich niemals so ikonisch wie Bananenschale, roter Panzer und Co sein werden, macht ihr Einsatz dank toller Grafik- sowie Soundeffekte großen Spaß. Schade nur, dass es a) gerade mal 21 Rennstrecken gibt und b) diese größtenteils sehr kurz und auch nicht wirklich spektakulär geraten sind. Letzteres ist sicherlich der Open World zu verdanken. Die Kurse in Mario Kart 8 wären vermutlich auch nicht so krass abwechslungs- und ideenreich, wenn Nintendo sie allesamt in eine offene Welt hätte integrieren müssen. Trotzdem wäre hier mehr drin gewesen und 21 Strecken sind einfach schlicht zu wenig.
Mehr Inhalt und weniger Monetarisierung wäre schön gewesen
"Zu wenig" ist ein gutes Stichwort (oder müssen wir sagen, das sind gute Stichworte?), denn LEGO 2K Drive ist längst kein Umfangsmonster wie Forza Horizon 5. Nicht nur ist die Spielwelt deutlich kleiner, es gibt eben auch weniger zu tun. Die "Story" (von einer richtigen Geschichte kann hier kaum die Rede sein, ihr wollt halt einfach der beste Rennfahrer von allen werden) beschäftigt euch gerade mal um die zehn Stunden. Danach bleiben euch noch vier separate Cups, wie ihr sie aus Mario Kart kennt, sowie Einzelrennen, ihr könnt die Minispiele aus der Kampagne direkt übers Menü starten und natürlich gibt es einen Online-Multiplayer. Im Splitscreen könnt ihr ebenfalls zocken, allerdings nur zu zweit. Dafür gilt das nicht nur für die Cups und Einzelrennen, sondern auch die Kampagne, in der ihr ebenfalls mit bis zu fünf Freunden online die Spielwelt gemeinsam unsicher machen könnt.
Trotzdem fällt das Angebot unserer Ansicht nach für einen Vollpreistitel zu mager aus – vor allem angesichts dessen, dass hier vom Start weg ein In-Game-Shop existiert, indem ihr nicht nur kosmetische Objekte, sondern auch Fahrzeuge kaufen könnt, die allesamt unterschiedliche Werte haben. Ja, momentan gibt es nichts, was ihr nur für Münzen, also die Echtgeldwährung von LEGO 2K Drive, bekommt. Allerdings ist es möglich, Münzen gegen Brickbux, die normale Spielwährung, zu tauschen. So ein Auto im Shop kostet minimum 10.000 Brickbux. Nachdem wir das erste große Cup-Rennen der Kampagne absolviert hatten, hatten wir noch nicht einmal die Hälfte davon beisammen.
Die Monetarisierung ist deshalb so ein schwieriges Thema, weil sich LEGO 2K Drive ganz eindeutig an Kinder richtet. Die Zwischensequenzen in der Kampagne haben nichts von dem Humor der Traveller's-Tales-Spiele (LEGO Star Wars und Co), der sowohl für Jüngere wie auch Ältere funktioniert. Das ist alles auf einem sehr simplen Level, sodass man als Erwachsener die Szenen gerne überspringt. Und in einem Kinderspiel hat ein Shop mitsamt Battle Pass (hier Drive Pass genannt) nichts zu suchen – vor allem dann nicht, wenn ihr bereits mindestens 60 Euro zahlen müsst, um LEGO 2K Drive überhaupt spielen zu können.
Baut euch eure eigenen Autos!
Das coolste Feature des Spiels macht den Shop nicht vergessen, aber besänftigt zumindest ein wenig: In der Werkstatt könnt ihr nicht bloß alle Fahrzeuge anpassen, sondern auch komplett eigene Kreationen entwerfen. Dafür stehen euch zahlreiche originale LEGO-Bausteine zur Verfügung. Wer als Kind nicht nur nach Anleitung gebaut, sondern seiner Fantasie freien Lauf gelassen und dabei auch gerne Autos aus Plastiksteinchen zusammengesetzt hat, für den ist LEGO 2K Drive ein Schlaraffenland. Die Möglichkeiten des Editors sind gigantisch, zumal ihr nicht nur Straßenwagen konstruieren könnt.
In LEGO 2K Drive seid ihr auch mit Offroadkarren und sogar Booten unterwegs. Der Wechsel zwischen den Vehikeln erfolgt stets automatisch, sobald der Untergrund sich ändert, auf dem ihr fahrt. Das geschieht nahtlos und stört den Spielfluss überhaupt nicht. Allerdings sind die spielerischen Auswirkungen gar nicht mal so riesig, wie man das jetzt denken würden. Ja, ein Boot fährt sich anders als ein Sportwagen, aber wir reden hier von einem super simplem Arcade-Rennspiel, sodass die Unterschiede doch nur marginal sind. Cool ist das alles trotzdem – allein schon, weil ihr eben nicht auf die Straße zurückgesetzt werdet und eine kurze Pause vom Geschwindigkeitsrausch erdulden müsst, nur weil ihr versehentlich in den nächstbesten Fluss oder See gerast seid.
Endlich mal wieder ein sauber programmiertes Spiel!
Technisch ist LEGO 2K Drive einwandfrei. Wir haben die PC-Version gespielt und nein, es handelt sich hierbei nicht um die nächste schlechte Portierung in einer immer länger werdenden Liste an Release-Debakeln. Die Rennaction läuft zu jedem Zeitpunkt flüssig über den Bildschirm und sieht richtig schick aus. Man könnte fast meinen, die Fahrzeuge seien echte LEGO-Sets, so plastisch wirken sie. Auch die farbenfrohe Spielwelt, die dank zahlreicher NPCs und KI-Verkehr durchaus lebendig wirkt, macht einiges her. Wasser sieht schick aus, die Weitsicht ist sehr ordentlich, Pop-ups oder ähnliches gibt es so gut wie gar nicht.
Auch die Fahrzeugsounds sind auf hohem Niveau und die deutschen Sprecher machen einen guten Job, müssen aber eben auch keinen komplexen Charakteren Leben einhauchen und Glaubwürdigkeit verleihen. Der Soundtrack passt stets gut zum Geschehen. Fahrt ihr durch die Westernstadt im Prospecto-Tal, ertönen ruhige Country-Klänge. Während der Rennen wiederum gibt es fetzige Elektro-Beats. Nichts davon bleibt im Kopf hängen, macht als Untermalung jedoch einen guten Job.
Fazit
LEGO 2K Drive ist ein unterhaltsamer Fun Racer mit einer kleinen, aber nett gestalteten Open World, guter Arcade-Fahrphysik und einem genialen Fahrzeugbaukasten. Warum dann keine höhere Wertung? Dafür bietet das Spiel für seinen Preis einfach zu wenig Inhalt, obwohl 2K Games mit dem In-Game-Shop bereits eine Quelle für noch mehr Umsatz implementiert hat – was bei einem Titel, der sich an Kinder richtet, besonders kritisch zu betrachten ist. Außerdem fehlt es den (zu wenigen) Strecken an Highlights. Keine Frage: Für zehn Stunden ist LEGO 2K Drive ein wirklich spaßiges Rennspiel für Jung und Alt. Andere Genrevertreter bieten jedoch einfach mehr und haben damit ein besseres Preis-/Leistungsverhältnis.
- Gutes Fahrverhalten
- Schicke Spielwelt
- Gute Grafik
- Abwechslung dank Quests
- Splitscreen-Multiplayer, Kampagne im Koop spielbar
- Genialer Fahrzeugbaukasten
- Zu wenige Strecken
- Insgesamt recht magerer Umfang
- Streckendesign größtenteils mäßig
- Mikrotransaktionen in einem Kinderspiel
- DIESE RAKETEN-QUEST!!!