In Captain Laserhawk werden Ubisofts Universen bunt durcheinander gewürfelt und mit einer Prise Cyberpunk garniert.
Captain Laserhawk - A Blood Dragon Remix: Ein wahrgewordener Fiebertraum auf LSD
Als Ubisoft am 1. April 2013 das Spiel Far Cry 3: Blood Dragon ankündigte, dachten viele noch, dass es sich dabei um einen Aprilscherz handelt. Auf das Grundgerüst des vielfach gelobten Shooters Far Cry 3 stülpten die Franzosen ein Szenario aus 80er Jahre Popkultur und retro-futuristischer Parodie. "Das können die nie und nimmer ernst meinen!": war der Tenor vieler. Doch Ubisoft meinte es ernst und das Experiment hat sich ausgezahlt. Der auf Coolness ausgerichtete und sich nicht immer selbst ernst nehmende Shooter war ein voller Erfolg, auch wenn das Vergnügen nicht sonderlich lang andauerte. Dieser Erfolg führte sogar dazu, dass es mit "Trials of the Blood Dragon" einen Ableger für die Trials-Reihe gab. Stilistisch war der Titel ähnlich abgedreht, aber spielerisch konnte er nicht immer überzeugen.
Ähnlich überraschend, wenn aber auch in einem deutlich kleineren Ausmaß, zeigte Ubisoft im Sommer 2023 auf der Fast Forward Show das erste Mal Szenen aus dem 2019 angekündigten Projekt Captain Laserhawk - A Blood Dragon Remix. Es war zwar bekannt, dass der französische Hersteller zusammen mit Produzent Adi Shankar und Netflix eine Serie plant, die sämtliche Universen von Ubisoft im Blood Dragon Stil vereint, aber die ersten Bilder und Videoausschnitte verblüfften dennoch. Adi Shankar, der zuvor Marken wie Castlevania für den Streaming-Anbieter umgesetzt hat, scheint ein paar ganz interessante halluzinogene Substanzen bei der Ideenfindung entdeckt haben. Anders lässt sich kaum erklären, was da über den Bildschirm flimmerte.
Nun ist die Mini-Serie, die lediglich aus sechs Folgen besteht, endlich auf Netflix zu sehen. Und im Gegensatz zu manch anderen Hollywood-Produktionen war der Trailer zu Captain Laserhawk - A Blood Dragon Remix wirklich nur ein Vorgeschmack. Aber der Reihe nach. Worum geht es in Captain Laserhawk - A Blood Dragon Remix eigentlich? Die Serie ist in einer alternativen Realität in den frühen 90er Jahren angesiedelt. Die Vereinigten Staaten von Amerika existieren nicht mehr und wurden zu einer dystopischen Technokratie, genannt Eden. Megakonzerne haben die Macht übernommen, quasi eine typische Cyberpunk-Ausgangssituation. Allerdings leben in der Welt nicht nur Menschen, sondern auch künstlich geschaffene Hybriden bestehend aus Tier und Mensch. In eben dieser Welt versucht Dolph Laserhawk, ein modifizierter Supersoldat, als Flüchtling mit seinem Kompagnon Alex Taylor zu überleben. Dass beide nicht immer den legalen Weg in dieser Utopie wählen, um zu überleben, liegt auf der Hand. Durch eine Verkettung verschiedener Ereignisse sieht er sich aber gezwungen, gegen das Unrecht und auch die Gesellschaft aufzubegehren.
Mehr wollen wir an dieser Stelle nicht von der Geschichte verraten, denn Captain Laserhawk - A Blood Dragon Remix ist nicht nur voll von absurden Ideen, es gibt auch zahlreichen Wendungen innerhalb der Geschichte, sofern man dieser bei all den verrückten Dingen überhaupt noch folgen mag. Da wäre zum Beispiel Rayman, der als Außerirdischer aus einer anderen Galaxie, in Eden als Nachrichtenmoderator arbeitet (vollkommen normal, oder?) und so gar nichts mit dem liebgewonnenen Charakter aus den bekannten Spielen gemein hat. Na gut, vielleicht ein paar Charakterzüge, aber ansonsten wird der gliederlose Held als sexistischer teils depressiver Alkoholiker dargestellt. Oder nehmen wir Jade und Pey’j aus Beyond Good and Evil. Eigentlich grundsolide Helden in ihrem eigenen Universum, arbeiten sie hier als Söldner, wobei insbesondere Pey’j ab einem bestimmten Zeitpunkt nur noch von starken Rachegelüsten getrieben wird. Richtig kurios ist auch die Figur Bullfrog. Ein Hybride aus Frosch und französischem Assassinen. Absolut tödlich, aber immer mit einem putzigen Akzent kommentierend. Selbst der Unterweltboss Pagan Min, bekannt aus Far Cry 4, bildet keine Ausnahme in dieser bunten Riege abgehalfterter Figuren und wird als sexaffiner Pimp aufgebaut. Sogar Sam Fisher aus Splinter Cell bekommt sein Fett sein.
Adi Shankar hat einmal sämtliche Charaktere von Ubisoft durch den Kakao gezogen und auf links gedreht. Teils politisch absolut inkorrekt und teils über die Maßen absurd und damit der genaue Gegenentwurf zu einem der derzeitigen Trends in dieser Branche, es möglichst allen recht zu machen und niemanden auf die Füße zu treten oder gar zu provozieren. So kann künstlerische Freiheit aussehen und das muss sie auch manchmal. Außerdem ist das Ganze einfach ein großer absurder Spaß.
Aber nicht nur die außergewöhnliche Charaktergestaltung macht Captain Laserhawk - A Blood Dragon Remix zu einem unvergesslichen Erlebnis. Die visuelle Darstellung steht dem in Nichts nach. Es werden munter verschiedene Stilrichtungen miteinander kombiniert und das teilweise so abrupt, dass wir uns ab und an gefragt haben, ob wir unabsichtlich die Serie gewechselt haben. Aber nein, das gehört zum Gesamtkonzept und zieht sich bis zum Schluss wie ein roter Faden durch das gesamte Projekt. Da wirken die Abschnitte, die wie ein Videospiel gestaltet sind, in diesem Zusammenhang direkt bieder. Eine Sache hat uns bei der technischen Umsetzung besonders gut gefallen. In der deutschen Synchronisation wird Sam Fisher von Stammsprecher Martin Keßler gesprochen. Das bringt nicht nur eine gewisse Kontinuität mit sich, sondern trägt auch zur sehr dichten Atmosphäre bei.
Was bleibt uns also noch zu Captain Laserhawk - A Blood Dragon Remix zu sagen? Die Mini-Serie ist ein exzellenter LSD-Trip, bei dem man sich immer wieder fragt: "Wo zum Henker bin ich hier eigentlich gelandet?" Aber das macht es auch so spannend und aufregend. Man weiß nicht, was einen in der nächsten Szene erwartet, wohin sich die Geschichte entwickeln wird und gerade, wenn man das Gefühl hat, dass man weiß, wie es weitergeht, zaubert Shankar die nächste absurde Idee aus dem Hut. Kurzum: Captain Laserhawk - A Blood Dragon Remix ist Erlebnis, das es so nicht oft gibt und das man sich nicht entgehen lassen sollte. Vielleicht führt der Erfolg ja dazu, dass Ubisoft die Blood Dragon Idee noch einmal für ein anderes Game oder eine zweite Season aufgreift.