Trotz technischer Probleme ist Call of Duty: Warzone 2.0 ein sehr guter Battle-Royale-Shooter. Der zusätzliche DMZ-Modus kann sein immenses Potenzial aber noch nicht ganz ausspielen.
Call of Duty – Warzone 2.0 im Test: Die Sucht ist wieder da
Es ist lange her, dass ich Call of Duty: Warzone intensiv gespielt habe. Als letztes Jahr Call of Duty: Vanguard erschienen ist und kurz danach Verdansk gegen Caldera ausgetauscht wurde, habe ich nochmal kurz reingeschaut gehabt, doch fesseln konnte mich der Titel nicht mehr. Die Weltkriegs-Map fand ich eher mäßig und es gab für mein Empfinden auf einmal zu viele Möglichkeiten, nach dem Tod wieder in die Kriegszone zurückzukehren, was den Grundgedanken von Battle Royale irgendwie ad absurdum geführt hat.
Nun ist Call of Duty: Warzone 2.0 da: kein großes Update für das Original, sondern eine waschechte, eigenständige Fortsetzung, die es in sich hat, aber auch noch einige Zeit zum Reifen benötigt.
Kriegszone voller Sand
Call of Duty: Warzone 2.0 ist wie der Vorgänger komplett kostenlos spielbar. Wer sich jedoch Modern Warfare 2 gekauft hat, für den wirkt es einfach nur wie eine Ergänzung im Hauptmenü des Ego-Shooters. Beide Spiele sind wie schon das erste Warzone und die drei CoD-Teile der vergangenen drei Jahre eng miteinander verknüpft und teilen sich ein Progressionssystem. Falls die „Modern Warfare 2“-Spieler unter euch noch nicht das Maximallevel erreicht haben sollten, könnt ihr euch die restlichen Rangaufstiege und damit den Zugang zum Prestige-System in Warzone 2.0 erarbeiten.
Dessen auffälligste Neuerung ist die neue Karte „Al Mazrah“. Der Name macht es bereits deutlich: Es verschlägt euch in den Nahen Osten. Die fiktive Region ist größer als Verdansk und Caldera und obwohl Sand sowie Staub die Landschaft stark prägen und ihr auf der Suche nach Beute immer wieder durch die gleichen Gebäudetypen hechtet, bietet sie genug Abwechslung. Es gibt das Stadtgebiet mit seinen Hochhäusern, wo vertikales Gameplay eine wichtige Rolle spielt. Dann wiederum bietet die Map aber auch sehr weite, offene Flächen, auf denen ihr jederzeit Angst habt, von einem Sniper ausgeknipst zu werden, der es sich in irgendeinem Adlernest in der Ferne gemütlich gemacht hat. Des Weiteren gibt es einen großen Hafen, ein überschwemmtes Dorf, einen Flughafen, eine gigantische Festung und noch viele andere markante Orte.
Langjährige „Call of Duty“-Fans freuen sich obendrein über ein Wiedersehen mit Schauplätzen aus alten Teilen, die in Al Mazrah verbaut sind. Nicht nur Maps aus dem ersten Modern Warfare 2 von 2009 finden sich hier wieder, beispielsweise „Terminal“, sondern etwa auch „Showdown“ aus Call of Duty 4: Modern Warfare und sogar die „Neuville“-Karte aus dem allerersten Serienableger von 2003. Da geht einem doch das Fanherz auf.
Grafisch macht Call of Duty: Warzone 2.0 wie schon Modern Warfare 2 (also in diesem Fall das neue) einen guten Eindruck. Waffenmodelle, Texturen, Beleuchtung, Weitsicht – das alles ist auf hohem Niveau. Allerdings lassen sich selbst mit höchsten Einstellungen auf dem PC deutliche Detail-Pop-ups wahrnehmen und das nur wenige Meter vor der eigenen virtuellen Nase. Dafür ist das Spiel sehr performant – zumindest was die Bildrate betrifft. Der Netcode von Warzone 2.0 lässt noch zu wünschen übrig. Lags treten nicht selten auf. Obendrein ist der Shooter noch von diversen Bugs und Glitches geplagt. Vielleicht habt ihr es schon mitbekommen, dass Spieler teilweise unsichtbar für ihre Kontrahenten sind. So etwas sollte gerade in einem Battle-Royale-Spiel, wo der Tod wirklich eine Bedeutung hat, nicht passieren.
Altbekanntes Prinzip mit frischen Ideen verfeinert
Am grundlegenden Battle-Royale-Prinzip hat sich mit Call of Duty: Warzone 2.0 nichts geändert. Wie im Vorgänger landen bis zu 150 Spieler, die entweder alleine, zu zweit, zu dritt oder zu viert spielen, auf der Map. Alle starten nur mit einer Pistole im Gepäck und suchen sich dann ihre Ausrüstung zusammen. Sieger ist der Spieler beziehungsweise Squad, der als letztes übrig ist. So weit, so bekannt. Auch sind die Aufträge wieder mit von der Partie, die ihr während eines Matches annehmen und erfüllen könnt, um Geld zu verdienen, das ihr wiederum an Vorratsstationen für Items eintauschen könnt.
Call of Duty: Warzone 2.0 wäre aber kein Warzone 2.0, gäbe es nicht lauter spielerische Neuerungen. Zum Beispiel könnt ihr für Geld keine Vesorgungsabwürfe mehr anfordern, um dann eines euer eigens erstellten Loadouts zu erhalten. Die Abwurfkisten gibt es noch, es werden aber ungefähr in der Mitte jeder Partie mehrere von ihnen automatisch über Al Mazrah abgeworfen. An Vorratsstationen könnt ihr euch derweil nur noch die Primärwaffen eurer Loadouts kaufen – ein cleverer Schachzug der Entwickler, um es ein bisschen schwieriger zu machen, die Wunschkomplettausstattung zu erhalten.
Noch besser gefällt mir jedoch der Kreiskollaps. Nicht in allen, aber einigen Partien teilt sich die Spielzone im Verlauf der Runde in drei kleinere auf, die dann später wieder zu einem Kreis verschmelzen. Das sorgt für eine neue Dynamik im altbekannten Battle-Royale-Gameplay. Wenn es nur eine Zone gibt, in der kein Giftgas die Luft verpestet, wisst ihr, dass alle noch lebenden Spieler in diesem Bereich sind. Bei drei Kreisen ist das nicht der Fall. Vielleicht sind nur sehr wenige Gegner im selben Bereich wie ihr, vielleicht aber auch die Mehrheit – was angesichts dessen, dass jeder einzelne der drei Ringe keinen sonderlich großen Radius hat, das Überleben dann besonders schwierig macht.
Der alte Knast gefiel mir besser
Solltet ihr das Zeitliche segnen, erhaltet ihr auch in Call of Duty: Warzone 2.0 die Chance, euch nochmal ins Match zurückzukämpfen. Der Gulag ist erneut fester Bestandteil der Spielmechanik, allerdings hat er sich gewaltig verändert. Ihr kämpft nicht mehr in einem 1-gegen-1 um den Wiedereinzug, sondern in einem 2-gegen-2. Dabei bekommt ihr einen zufälligen anderen Insassen als kurzzeitigen Teamkollegen an eure Seite gestellt. Außerdem ist es nicht mehr möglich, nach Ablauf einer gewissen Zeit eine Flagge zu erobern und so die Runde für euch zu entscheiden. Stattdessen betritt ein Wärter in dicker Panzerung die Arena. Wenn es beide Teams schaffen, ihn gemeinsam niederzustrecken, dürfen alle vier Spieler wieder nach Al Mazrah.
Ich verstehe, dass Infinity Ward und Raven Software etwas Neues mit dem Gulag ausprobieren wollten und würde nicht behaupten, diese Variante sei objektiv schlecht. Rein persönlich haben mir die Duelle aus dem Vorgänger jedoch besser gefallen. Dass mein Wiedereinstieg ins Match nun eben auch davon abhängt, wie gut sich ein fremder Mitstreiter schlägt, finde ich nicht sonderlich erfreulich – wobei natürlich auch der schöne Fall eintreten kann, dass ich mich schlecht anstelle, der Kollege dafür aber einen richtig guten Job macht, beide Feinde auslöscht und ich somit allein dank ihm eine zweite Chance erhalte.
Den Wärter hätte man aber wirklich aus dem Spiel lassen können. Es ist ja eine nette Idee, den Spielern die Möglichkeit zu geben, sich nicht gegenseitig zu bekämpfen, sondern den KI-Widersacher vereint zu bezwingen, damit alle wieder zurück ins Match kommen. Nur: Wer bitte wartet darauf, dass sich diese Option bietet? Man will doch lieber sofort das feindliche Team ausschalten und nicht darauf warten, dass jener Juggernaut erscheint – der dann auch noch schwer zu besiegen ist, weil er eben eine dicke Panzerung hat. Außerdem hat man keinen sonderlich großen Vorteil, wenn beide Teams lebend den Gulag verlassen. Immerhin stehen dann zwei Spieler mehr zwischen einem selbst und dem Sieg, als wenn man sie eben im Gefängnis bereits erledigt. Und das ist dann mitunter eben doch der einfachere Weg, als auf den Wärter zu warten, gegen den zu kämpfen und darauf zu hoffen, dass die Kontrahenten die Gelegenheit nicht schamlos ausnutzen.
Spieler sind nicht mehr die einzige Bedrohung
Was die Battle-Royale-Action in Call of Duty: Warzone 2.0 wiederum ordentlich aufwertet, sind Features wie die Festungen und Black Sites, die von KI-Gegnern bewacht werden. Deren Anwesenheit erhöht die Spannung nochmal enorm. Wenn ihr sie seht und dann auf einmal Schüsse fallen, wisst ihr, dass ein anderer Spieler in der Nähe ist. Umgekehrt überlegt ihr es euch zweimal, ob ihr so eine Festung stürmen möchtet. Darin findet sich zwar gute Beute, aber a) sind die KI-Feinde trotz geringer Intelligenz eine ernsthafte Gefahr (schießen können sie halt schon) und b) wird es eben auch jeder menschliche Widersacher in der näheren Umgebung mitbekommen und könnte die Situation ausnutzen.
Außerdem hat sich hinsichtlich der Fahrzeuge einiges getan. Beifahrer können sich aus dem Fenster lehnen und auf Gegner schießen oder gleich aufs Dach klettern (sofern vorhanden). Obendrein gibt es nun ein realistischeres Schadensmodell, das es erlaubt, einzelne Reifen zu zerschießen, damit der gegnerische Fahrer mehr Mühen hat, seinen Untersatz zu kontrollieren. Dass die Vehikel Treibstoff verbrauchen, ist ebenfalls eine nette Neuerung, die verhindert, dass man einfach die ganze Zeit über im Auto über die Map rast.
Letztendlich ist es aber vor allem das grandiose Gunplay von Modern Warfare 2, wegen dem Warzone 2.0 so viel Spaß macht. Hier gilt das Gleiche, was ich schon im Test des jüngsten Hauptteils der Reihe geschrieben habe: Jede Waffe fühlt sich grandios wuchtig an und es macht einfach Spaß, sie zu benutzen.
Cool, aber noch nicht cool genug: Die DMZ
Call of Duty: Warzone 2.0 ist aber mehr als nur Battle Royale, gibt es doch noch den DMZ-Modus. Hiermit greifen Infinity Ward und Raven Software einen weiteren Genretrend auf. Das Stichwort: Extraction-Shooter. Hier geht es auch ums Überleben, allerdings sollt ihr nicht als Letzter noch atmen, sondern Al Mazrah lebendig verlassen – und das am besten mit prall gefüllten Taschen. Die Macher haben sich hier klar Spiele wie Escape from Tarkov zum Vorbild genommen, allerdings ist der DMZ-Modus längst nicht so knallhart (und schon gar nicht so sehr auf Realismus getrimmt) und es geht auch viel weniger darum, guten Loot zu finden und mit ihm aus der Region zu entkommen. Wie genau das Ganze im Detail funktioniert, haben wir in einem Guide aufgeschlüsselt.
Ich befinde mich hier in einem Zwiespalt. Einerseits macht mir das Kämpfen in der DMZ eine Menge Spaß. PvP steht hier nicht im Vordergrund, sondern viel mehr PvE. In dem Modus gibt es nicht nur die Festungen und Black Sites, auch dazwischen tummeln sich KI-Gegner in Scharen. Und gerade weil es so viele von ihnen gibt und ihr im Todesfall das Meiste von dem, was ihr bei euch tragt, verliert, ist bedachtes, ruhiges Vorgehen hier noch viel wichtiger als im Battle-Royale-Modus. Das finde ich klasse.
Schade ist nur, dass die Jagd nach besseren Waffen im DMZ-Modus einfach nicht so motivierend ausfällt wie in Escape from Tarkov oder auch The Cycle: Frontier. Es ist zwar cool, dass ihr Schießprügel, mit denen ihr entkommt, für alle anderen Modi von Warzone 2.0 beziehungsweise Modern Warfare 2 freischaltet, aber wer bereits den Höchstrang erreicht und alle Waffenplattformen komplettiert hat, dem bringt das ja nichts mehr. Außerdem lassen sich gefundene Waffen nicht modifizieren. Das geht nur mit den Knarren auf den versicherten Plätzen und da bedient ihr euch einfach an dem Arsenal, das ihr bereits über das normale Progressionssystem von Modern Warfare 2 und Warzone 2.0 freigeschaltet habt. Jene Tötungswerkzeuge könnt ihr auch nicht verlieren, wenn ihr in der DMZ sterbt. Es wird dann lediglich eine Abklingzeit von zwei Stunden aktiviert, während der ihr die Waffen nicht erneut ausrüsten dürft. Die lässt sich allerdings verkürzen, indem ihr in der nächsten Runde mit Geld oder Wertgegenständen in der Tasche Al Mazrah verlasst. Und selbst dann, wenn euer Schmuggelwarenlager leer ist und alle versicherten Slots vorübergehend gesperrt sind, müsst ihr nicht ohne Argumentationsverstärker in die DMZ, weil ihr euch dann einfach kostenlos zwei zufällige, aber nicht sonderlich mächtige Waffen geben lassen könnt.
Ja, ihr könnt im DMZ-Modus exklusive Belohnungen in Form von Skins und Waffenbauplänen erspielen, indem ihr die Fraktionsmissionen erfüllt, die die Hauptquests des Ganzen darstellen. Es gibt sogar ein Sturmgewehr, dass ihr nur über diesen Modus freischaltet, indem ihr einen bestimmten Bossgegner ausschaltet. Das war es dann aber auch schon. Es mangelt DMZ an einer eigenen permanenten Progression. Vielleicht tut sich hier noch was, immerhin haben sich die Entwickler kurz vor Release noch dazu entschieden, den Modus mit dem Beta-Stempel zu versehen. Ich wünsche es mir, denn er hat eine Menge Potenzial und ist an sich eine schöne Abwechslung zum vergleichsweise stupiden Battle Royale.
Fazit
Man kann darüber diskutieren, ob Call of Duty: Warzone 2.0 zu früh veröffentlicht wurde. Ich wurde zwar bislang von den technischen Problemen nicht so sehr belästigt wie manch anderer, aber es ist offensichtlich, dass die Entwickler hier noch einiges an Arbeit vor sich haben. Trotzdem ist das Spiel auch in diesem rohen Zustand ein großer Spaß. Die Kriegszone hat mich wieder zurückgewonnen. Ich mag Al Mazrah, ich mag die Gameplay-Neuerungen und ich mag den DMZ-Modus, auch wenn er längst (noch) nicht so cool ist, wie er sein könnte. Das erste Warzone wird zwar in Kürze nach insgesamt zweiwöchiger Pause wieder zurückkehren, aber ich denke gar nicht daran, nochmal einen Abstecher nach Caldera zu machen, wenn es doch Warzone 2.0 gibt.
- Toll gestaltete Map
- Fantastisches Gunplay
- Kreiskollaps und Festungen als coole Neuerungen
- DMZ-Modus hat Potenzial, …
- …lässt aber noch viel davon liegen
- Neuer Gulag eher mäßig
- Lags, Bugs und Glitches
- Auffällige Detail-Pop-ups